Tichys Einblick
Keine Sorge, hier werden Sie geholfen ...

Corona-Labyrinth: Ene, mene, muh – und raus bist Du! Ene, mene meck, der Impfstoff, der ist weg!

Eine Kölnerin berichtet vom Corona-Labyrinth beim Versuch, ihren bejahrten, hoch vulnerablen Eltern zu helfen, welche gut 200 km von ihr entfernt leben.

imago images / IPA Photo

Schlag nach bei RKI – Fragen zur Priorisierung – Stand 25.01.2021:
„Aufgrund begrenzter Impfstoffverfügbarkeit kann die Impfung zunächst nur bestimmten Personengruppen angeboten werden, die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer COVID-19-Erkrankung haben oder die beruflich entweder besonders exponiert sind oder engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben.“

Als da zum Beispiel wären Personen
• im Alter von ≥ 80 Jahren
• Pflegepersonal in der ambulanten und stationären Altenpflege

Die gestrige Sprachnachricht einer Kölner Freundin, von der ich länger nichts gehört hatte, ließ mich postwendend zum Telefon greifen. Das war doch nicht die Stimme der lebensbejahenden, unternehmerisch sprudelnden Geschäftsfrau, die ich kenne. Der Tonfall gedämpft, gedeftet, verhalten.

In ihrer Message berichtete sie von ihren bejahrten, hoch vulnerablen Eltern, welche gut 200 km von ihr entfernt leben. Frau Mutter nach äußerst schmerzhaftem Lendenwirbelbruch nach wie vor im Krankenhaus unter Morphinen, um die quälende Pein halbwegs ertragen zu können. Aber damit nicht genug – förderte die MRT-Untersuchung zusätzlich noch ein Pankreas-Karzinom zutage! So quält sich die arme Mamá in zweifacher Hinsicht. Herr Papá sitzt im Rollstuhl, ist also ebenfalls außerstande, für sich zu sorgen.

Tochter und ambulante Pflege kümmern sich. Natürlich sind die geimpft? Denkste! Die meisten „Helfer“, die erscheinen – jüngere Frauen mit Familie oder allleinerziehend – sind großteils Impfverweigerer, weil sie das Risiko, arbeits- und erwerbslos zu werden, nicht eingehen wollen!

Doch zurück zum Thema Impfen, besonders hohes Risiko etc. pp. Vorgestern versuchte die Freundin geschlagene zwölf Stunden (von 8 -20 Uhr!) ungefähr 90mal telefonisch einen Termin zur Impfung der Eltern zu ergattern. Wählen, besetzt, anwählen, besetzt, wählen, besetzt … Frust hoch drei! Gestern Neustart um 8 Uhr morgens, same procedure! Gegen 11 Uhr zu schön, um wahr zu sein, eine menschliche Stimme am anderen Ende.

Auf die Frage nach dem Besuch eines mobilen Impfteams für die Verabreichung des Vakzins empörte Zurückweisung eines solchen Anliegens. Man müsse sich schon zum 45 km entfernten Impfzentrum bewegen! Termin? Nicht vor dem 6. März! Tja! Also in den sauren Apfel beißen…

Aber damit nicht genug. Könnte die Freundin nach langem Suchen und Recherchieren nun eher zufällig einen Platz in einem Seniorenheim erhalten, wird das erstmal nichts: Die Eltern sind nicht geimpft!

Wie bleibt frau in einer solchen Lage geduldig und leistungsstark? Selbst nach wie vor nicht von einer schwersten Corona-Infektion mit beinahe fatalem Ausgang genesen, schwinden Nervenstärke und Körperkräfte in derartigen Situationen im Zeitraffer.

Die Schilderung eines zweiten Telfonierabenteuers der Freundin bringt das Fass zum Überlaufen. Sie bemühte sich in Köln für eine 81-jährige, durchaus noch tätige Freundin um einen Termin zur Impfung. Nach endlosen Wählversuchen eine Mitarbeiterin in der Leitung: “Ich schaue mal im System nach.“ Es dauert und dauert und dauert. „Das System ist abgeschmiert! Ich kann keine Termine vergeben. Aber egal, es ist so, eine Impfung ist derzeit gar nicht möglich, der Impfstoff ist aus!“
Das war’s!

Innerlich zornig, entsetzt, enttäuscht schloss die Freundin das Telefonat mit mir: „Weißt Du, ich komme mir vor wie bei Aldi, wenn es Sonderangebote auf dem Krabbeltisch gibt. Alle rennen hin, lange Schlangen, Du kämpfst Dich durch, bist Du an der Reihe, ist alles weg!“

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