Vom 11. bis 15. Januar 2021 tagte die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland, das „Parlament“ der evangelischen Christen zwischen Saarbrücken und Emmerich. Auf der Tagesordnung standen unter anderem einige Änderungen der Kirchenordnung, der „Verfassung“ der rheinischen Kirche. Diese verschieben die Orientierung der Kirche weiter in Richtung eines parteilichen Eintretens für politische Belange – und damit weg von ihrem eigentlichen Auftrag.
Ein weiteres Mal hat das Parlament der Evangelischen Kirche im Rheinland den Artikel eins der Verfassung moralisch aufgeladen. Dem einfachen Auftrag, „das Evangelium zu verkünden“ (Präambel), wurden vor Jahren schon weitere Aufträge hinzugefügt, die sich die Kirche wohlmeinend selbst erteilt. Hierzu gehört vor allem das Eintreten für riert. Nun wurde der Katalog erweitert um „die ethische Verpflichtung, für den Schutz der Menschenwürde und das respektvolle Zusammenleben in Vielfalt einzutreten“ (synode.Info 2021, S. 10).
Das spiegelt exakt die politische Entwicklung der letzten Jahre wieder: Unter „Schutz der Menschenwürde” wird in der Kirche das Thema Migration verhandelt, es gelte, die Würde auch derer wirksam zu schützen, die zu uns auf dem Weg sind. „Zusammenleben in Vielfalt“ heißt, für eine ethnisch bunte und sexuell diverse Gesellschaft einzutreten.
Unabhängig davon, wie man diese Anliegen beurteilt: Man bekommt zunehmend das Gefühl, dass die Evangelische Kirche sich auf Aufgaben konzentriert, die ihr verfügbar sind. Für viele ist es offensichtlich schwer auszuhalten, dass das, worauf sich die Kirche im Kern ausrichtet, unverfügbar bleibt. So tut man Gutes, und das fühlt sich gut an. Vielleicht gibt es sogar ein wenig Applaus, der hilft einem, „das hier“ besser auszuhalten. Von der Freiheit eines Christenmenschen, vom „Geworfensein der menschlichen Existenz“, also davon, dass wir in aller Freiheit ein Leben aushalten, dem aus sich selbst heraus kein Sinn abzugewinnen ist, von der Hoffnung darauf, dass es doch einen Sinn gibt, der uns von außen geschenkt wird: Von alldem ist nicht mehr viel zu spüren. Eine Kirche die sich auf diese Weise orientiert, wird vermutlich irgendwann auch ihr Hauptsymbol ersetzen: Von der Kirche des Kreuzes zur Kirche des erhobenen Zeigefingers. Davor möge uns der bewahren, der die Kirche ins Leben gerufen hat.
Die Berichterstattung findet sich hier.
Pfarrer Ulrich Pohl