Tichys Einblick
Gegen jede Realität

Die Bundesregierung plant wohl noch schärferen Einheitslockdown

Viele Menschen sind wirtschaftlich und auch psychisch durch die Corona-Maßnahmen schon schwer belastet. Doch die Bundesregierung kennt offenbar nur noch eine Richtung. Die Begründung? Das mutierte Virus könne kommen.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Michael Sohn

Erst kam der Lockdown „light“, dann der volle Lockdown. Viele Unternehmen stehen and der Belastungsgrenze, das Bruttoinlandsprodukt sank 2020 um fünf Prozent. Die Novemberhilfen treffen jetzt erst allmählich ein, viele gehen leer aus. Der Vorstandsvorsitzende von MotelOne enthüllte jüngst: „Wir haben bislang 50.000 Euro als Abschlagszahlung erhalten. Für die gesamte Gruppe mit 75 Hotels. Das ist ein Witz.“ Neben der wirtschaftlichen Katastrophe bahnt sich auch eine gesellschaftliche an. Lange Isolation schlägt vielen Menschen aufs Gemüt.

Und die Corona-Zahlen verbessern sich. Der zentrale Grund für den Lockdown war, die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern – die Lage ist nicht eingetreten und jetzt gehen die Zahlen auf den Intensivstationen sukzessive zurück. Der Präsident der Vereinigung der Intensiv- und Notfallmediziner (DIVI), Gernot Marx, sagte der Rheinischen Post: „Es sieht also so aus, als hätten wir den Höhepunkt bei den intensivpflichtigen Patienten überschritten.“

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Eine Lockerungsdebatte scheint angesichts dessen überfällig, selbst viele Menschen, die die Maßnahmen lange energisch mitgetragen haben, wenden sich langsam aber sicher ab. Und jetzt das: Die ominöse Ministerpräsidentenkonferenz bereitet wohl nicht mehr nur eine Verlängerung des Lockdown, sondern eine weitere Verschärfung vor. Die Ministerpräsidenten Kretschmann und Kretschmar äußerten sich dahingehend und selbst der als gemäßigt geltende Armin Laschet meint: „Es wäre falsch, jetzt etwas auszuschließen.“

Der Knaller: Die Bundeskanzlerin persönlich forciert wohl eine Verschärfung. Wie die Bild berichtet, will sie möglicherweise am 20. Januar eine Ministerpräsidentenrunde einberufen und die Maßnahmen im Land verschärfen und vereinheitlichen. „mega-Lockdown“ nennt die Bild-Zeitung das. Unter anderem sind wohl die Schließung der öffentlichen Nahverkehrs und Ausgangssperren wie etwa in Frankreich in der Diskussion.

Die Begründung? Die mutierten Viren aus Großbritannien und Südafrika. Eine wissenschaftliche Evidenz, dass diese Mutation in irgendeiner Weise schlimmer ist gibt es nicht. Die Regierenden in Bund und Ländern scheinen zu glauben, sie könnten weiter auf der Corona-Macher-Schiene fahren: Je strenger die Maßnahmen, desto größer die gefühlte Gefahr, desto größer die Zustimmung der Bevölkerung für die Regierung – so sah es bisher aus. Doch diese Methode kann wohl nicht ewig funktionieren. Denn sie beruht darauf, dass man sich Vertrauen aus der Zukunft borgt, dem man aber nie gerecht wird. Der Wind könnte sich drehen, wenn die Menschen den Lockdown irgendwann nicht mehr mitmachen – und wenn die Politik den Zeitpunkt nicht rechtzeitig erkennt, könnte das für die Regierenden zum Verhängnis werden.

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