Wenn feste Daten in dieser Zeit überhaupt noch etwas gelten, dann wird in etwas mehr als acht Monaten ein neuer Bundestag gewählt. Vielleicht aber wird auch dies wie so vieles andere verschoben. Mögen reine Briefwahlen bei Landtagswahlen noch machbar sein, stellt eine bundesweite Stimmenabgabe doch höhere Anforderungen an Organisation und unanfechtbaren Ablauf. Doch wie es auch immer sein mag, auch so steht die schwarz-rote Koalition vor einer harten und wegreichen Konfliktstrecke.
Die Fehler sollen irgendwo an Rangeleien zwischen den einzelnen EU-Partnern liegen oder sonst irgendwo im Nebel. Die Menschen im Lande jedenfalls beginnen das Vertrauen zu verlieren. Denn im Unterschied zu anderen Krisen betrifft es Viele unmittelbar. Das gilt auch dann, wenn der Virus beim Einzelnen nicht zuschlägt, aber jederzeit zuschlagen kann. Die Euro- und Bankenkrise verschlang zwar Milliarden, doch für den einzelnen Bürger blieb das Geschehen ein abstraktes. Beim Öffnen der Grenzen im September 2015 war die Besorgnis schon größer. Aber irgendwie schien nach einer Weile doch eine gewisse Normalität einzukehren. Doch eine Pandemie funktioniert nach anderen Gesetzen – nicht planbar, nicht berechenbar, unheimlich.
Jetzt wird die gewählte Regierung zum unmittelbaren Garant für die Sorgen und Ängste der Menschen, die sie zumal selbst beständig hochgetrieben hat. Erste Umfrageergebnisse zeigen bereits Wirkung – das Ansehen des vor kurzem noch so hochgelobten Gesundheitsministers Spahn ist im Sinken begriffen. Schon erreicht erster Unmut die ansonsten als Krisenmanagerin schlechthin gehuldigte Kanzlerin Angela Merkel.
Wie wird die Lage erst in wenigen Wochen sein, wenn die erste Insolvenzwelle übers Land schwappt und die Zahl der Arbeitslosen sprunghaft ansteigt. Mit dem mühsam aufrechterhaltenen Burgfrieden in der Koalition dürfte es dann vorbei sein.
Die Liste der Streitpunkte ließe sich beliebig fortsetzen. Vielleicht zerreißt es darüber nicht nur die Koalition mit der Folge von vorgezogenen Bundestagswahlen, sondern bekommt das Parteienspektrum insgesamt Risse mit so manchen Überraschungen.
Schon jetzt ist klar, die alten Gewissheiten gelten nicht mehr. Die Bundesrepublik tritt drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung in eine neue Phase ihrer Geschichte. Weichenstellungen inbegriffen – wer garantiert denn dass die soviel beschworene Bündnistreue zur NATO und den USA noch von einer Mehrheit der Deutschen gewollt ist. Möglicherweise erscheint ein Deutschland als Wirtschaftsnation mit politischer Neutralität erstrebenswerter. Wesentlich für diese Entwicklung wird der Ausgang der Wahlen für die Spitze der CDU am kommenden Wochenende sein. Doch vielleicht kommt auch alles ganz anders. Merkel war schon immer für Überraschungen gut und bis zum nächsten Sonnabend ist es im Takt der Geschichte noch lange hin.