Tichys Einblick
MP Kretschmer verzichtet auf Christmette

Maria und Josef allein zu Haus? Plump und peinlich im Corona-Kampf

Mittels historischer Halbbildung soll das Volk an die Kandare genommen werden. Das letzte Mittel der Polit-Panik im Kampf gegen Corona: Gefühlige Gewissens-Granaten à la Kretschmers Privat-Bibel.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in der St.-Bartholomaeuskirche in Roehrsdorf, 23.08.2019.

imago images / photothek

Weder will ich die Adventsstimmung stören, noch TE als hoch seriöse Internetplattform in Mithaftung nehmen. Deshalb wähle ich meine mildeste Möglichkeit rigider Reaktion: Die wollen uns wohl auf den Arm nehmen. Die, das sind die Regierenden, die in ihrer puren Panik und der Angst, dass jetzt abgerechnet wird mit eklatanten Fehlern, wie wild um sich schlagen. Man denke nur an Merkels martialische Mahnung, man werde Opa und Oma nächstes Weihnachten nicht mehr sehen, wenn nun nicht endlich alles im Gleichschritt spurt. Mehr Domina als Mutter der Nation drohte sie hilf- und ratlos, es gehe ums nackte Überleben. „Zippert zappt“ nannte das Bundestags-Schauspiel und deren heisere (wovon eigentlich, im zugigen Innenhof des Kanzleramtes finden doch seit gefühlt 100 Jahren keine Empfänge mit Preußens Gloria mehr statt) Hauptakteurin auf dem Titel der Welt sarkastisch „Die betende Raute“.

Merkel und ihr Hiwi Söder versuchen es abwechselnd mit Zuckerbrot und Peitsche, mit Mahnungen und Warnungen, mit Drohen und Säuseln. Man braucht kein Semester Psychologie studiert zu haben, nur ein bisschen Lebenserfahrung, um zu erkennen: Denen sitzt die pure Panik im Nacken, dass all die Versäumnisse während der langen Sommerzeit sich bitter rächen (warum gibt es in angeblich hermetisch abgesperrten Berliner Altenheimen in diesen Stunden ein wahres Massensterben, während Polizei-Hundertschaften Glühweinstände observieren?). Und dass ausgerechnet der verhöhnte Boris Palmer von Tübingen (null Ü70-Tote in Heimen!) oder die große Schar der wissenschaftlichen Kritiker (15.000 Tote wegen Impf-Verzögerung!) als Sieger vom Schlachtfeld im Krieg gegen Corona gehen könnten.

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Jetzt werden die letzten Granaten gezündet. Und es ist ausgerechnet der von mir geschätzte Sachsen-MP Michael Kretschmer (er stand zu Arnold Vaatz, als der linke Mob ihn mundtot machen wollte), der Stella Angela mehr huldigt als der Wahrheit unter dem Weihnachtsstern von Bethlehem. Völlig vernebelten Geistes oder bewusst täuschend, das ist hier die Frage. Klar, die Mitteldeutschen haben nach zwei brutalen Diktaturen oft lange nichts mehr von der Bibel gehört. Auch in der C-Partei? Im aktuellen Spiegel lässt er sich zitieren, zum Erbarmen weinerlich: „Josef und Maria waren Heiligabend auch allein,“ und begründet damit „schweren Herzens“ seinen Verzicht auf die Christmette. Plumper, populistischer und pannenreicher gehts nicht. Seine Erzgebirgler, die dank seiner Panik-Politik nun flächendeckend pleite gehen, haben Millionen von Krippen in die weite Welt exportiert. Die waren wohl alle falsch. Oder haben die cleveren Sachsen noch ein paar Figuren um des schnöden Mammons Willen dazu erfunden? Oder halluziniert der Landesvater?

Gut, dass wir die Bibel haben. Urtext für das, was uns nach Jahrhunderten (inklusive Pest und Cholera, Kriegen und Katastrophen) erstmals zu feiern verboten ist. Der Arzt Lukas hat das alles höchst seriös reportiert. Für mich der Paradetext für Qualitätsjournalismus, bei hunderten von Seminaren als einzigartiges Exempel vorgeführt. In diesen wenigen Sätzen werden die klassischen sieben W-Fragen beantwortet: wer, was, wann, wo, warum, wie, wozu? Schon der Anfang des Berichtes spricht Bände: Es begab sich aber zu der Zeit….. Märchen beginnen mit: Es war einmal…. Wer diese Reportage liest, ist bestens informiert über das, was Herr Kretschmer da so vor sich hin erzählt. Maria und Josef allein zu Haus? Glühwein, erbarme dich! Primitiv und peinlich.

Da die Bibel eine tägliche Neuerscheinung ist und als Uralt-Text top-aktuell, passt der Text natürlich hervorragend in die Jetzt-Zeit mit ihrer Panik: nix da mit Mindestzahlen oder reduzierten Haushalten. Da war was los in Bethlehem (wie in Tübingen, der Schweiz oder heute und morgen im staatlich verordneten Hotspot der noch kurz geöffneten Geschäfte): so voll, dass „kein Raum in der Herberge“ war. Scharen von Hirten strömten sogar „eilend“ herbei, ganz zu schweigen von den himmlischen Heerscharen. Klar, für die Wandlitz-artige Parallelwelt existiert solch einfacher Pöbel nicht, höchstens als Wahl-Schäfchen für die Urne. Und die Heerscharen jubeln, wenn schon, dann auf dem Herrenchiemsee. Und schließlich ritten noch drei weise Männer aus verschiedenen Haushalten herbei und kamen Jesus in ihrer Anbetung Pandemie-gefährlich nahe. Null Hygienemaßnahmen bei der Geburt im Dreck.

Maria und Josef allein? Lieber Herr Kretschmer, das neugeborene Kind in der Krippe, der zum Mann am Kreuz wurde, war auch noch da. Als Hauptperson. Oder dürfen wir das nicht mehr sagen, weil selbst kirchliche Kindergärten „aus Toleranz“ auf das Aufstellen „religiöser Symbole“ verzichten und den St.Martins-Umzug zum Lichterfest pervertieren. Bibellesen bildet, meine herrschenden Herrschaften. Lassen Sie uns bitte mit ihrer historischen Halbbildung in Ruhe. Die Dame, die Uwe Steimle unnachahmlich „Göttin-Eckardt“ nennt, die sich auch noch als Theologin ausgibt, verwechselte unlängst mal eben salopp St. Martin mit dem Barmherzigen Samariter, um uns dröhnend noch mehr Ärzte und Facharbeiter aufs Auge zu drücken: „Der barmherzige Samariter hat auch seinen Mantel geteilt und hat nicht gewartet, bis jemand kommt und sagt, ich wäre auch noch bereit.“

Und klar: Jesus war ja auch ein Flüchtling, da wird mal schnell durch Halbwahrheiten ans Gewissen der Ahnungslosen appelliert. Die Wahrheit der historischen Tatsachen: Der Samariter half dem „unter die Räuber gefallenen,“ brachte ihn in ein Hotel, zahlte dafür und hinterließ das vertragliche Versprechen: Wenn ich wieder vorbei komme, bezahle ich die Folgekosten. Achtung, Herr Schiffseigner-Schlepperbanden-Chef! Nix mit Asylindustrie oder Asyltourismus, wie Söder es nannte, als er noch Söder war. Und das Jesuskind wurde durch Flucht unter Lebensgefahr auch der Eltern vor dem Kindermord des Herodes gerettet, der königliche Konkurrenz fürchtete. Sie kehrten sofort zurück „ins galiläische Land“, als die Gefahr vorbei war. Ach, würde man die Bibel nur ernst nehmen! Als Handlungsanweisung vorlesen im Bundestag bei Flüchtlings- und Pandemie-Debatten! Wir hätten wahrlich ein anderes Land. Ein Land, in dem wir gut und gerne leben. Aber wir haben den Religions- und Geschichtsunterricht weithin abgeschafft. Nur ein Volk, das dumm gehalten wird, fällt auf Leute wie Kretschmer oder Steimles Göttin mit ihren Mogelpackungen rein.


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