Der Internetauftritt der Leopoldina, der Nationalen Akademie der Wissenschaften, zeigt auf einer Seite ein Portät der Bundeskanzlerin, fotografiert auf eine Weise, wie in früheren Zeiten Bundespräsidenten: Der gute Mann sollte Zuversicht ebenso ausstrahlen wie Väterlichkeit mit einem „wird schon, wird schon“, in den Mundwinkeln.
Ein wirkmächtiges Foto von Angela Merkel, so detailscharf, dass die blassrötlichen Stellen auf der Haut erkennbar sind unmittelbar über einer dunkelgrünen Halbedelsteinkette – Volledelstein hätte möglicherweise zu distanziert gewirkt, also nimmt man, was sich jede Frau leisten könnte – ein fotografisches wie propagandistisches Meisterwerk: „Lichtgestalt für jedermann“ könnte der Arbeitstitel gewesen sein.
Gemeinsam mit Christian Drosten und RKI-Chef Lothar Wieler richten Experten der Leopoldina am Sonntag einen, wie unter anderem der Spiegel schreibt, „dramatischen“ Appell an die Politik dahingehend, dass das öffentliche Leben bis mindestens 10. Januar weitgehend ruhen solle. In der Politik selbst machte sich bereits einmal mehr der Gesundheitsexperte der Sozialdemokraten medial bemerkbar, als Karl Lauterbach in den düsteren Herbsthimmel orakelte, es werde weitere 25.000 Tote geben. Eine obszöne Zahl, x-mal so viele Opfer wie bei 9/11, so viele Tote, wie in Dresden bei den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg getötet wurden sein sollen. Eine Zahl, die sich einer Einordnung entzieht, selbst der, dass in Deutschland Jahr für Jahr auch ohne besondere Vorkomnisse fast eine Millionen Menschen zu Grabe getragen werden.
Die Akademie ist schon seit Bekanntwerden der Pandemie immer wieder beratend tätig. Hautpmotivation für die Dringlichkeit des Appells sollen jetzt laut Medienberichten die „beunruhigend hohen Fallzahlen“ sein. Ziel des Appells der Wissenschaftler aus Halle ist es, „zu hohe Neuinfektionen durch einen harten Lockdown schnell und drastisch (zu) verringern.“, heißt es in einer Online-Stellungnahme der Akademie, die am Dienstag morgen nach Veröffentlichung zeitweilig technisch so überlastet war, das man sie nicht abrufen konnte.
Unterzeichnet wurde der Appell von 28 Wissenschaftlern, darunter der Charité-Virologe Drosten, und weitere Kollegen. Ebenfalls mitgewirkt hat der Leiter der Bundesbehörde Robert-Koch-Institut, was ungewöhnlich ist und womöglich den Eindruck verstärken soll, das sich die Wissenschaft in den Forderungen des Appells weitestgehend einig ist. Und soeben wird aus Sachsen gemeldet, dass das Bundesland ab kommender Woche wieder in den harten Lockdown gehen würde, wie Ministerpräsident Michael Kretschmer gerade angekündigt hat.