Der Deutsche Aktienindex DAX knackt in den letzten Tagen fast täglich einen neuen Rekord. Es scheint nach oben kein halten mehr zu geben. Die Börse lechzt gerade nach frisch gedrucktem Zentralbankgeld, das die Spekulationsblase nährt. Es sind nicht so sehr die schleppenden Konjunkturerwartungen in Europa, die das Kursfeuerwerk entfachen, sondern eher das billige Geld, das Anlagemöglichkeiten in der sonst trockenen Wüste sucht.
Diese Erwartung will Mario Draghi am kommenden Donnerstag nicht enttäuschen. Sein Ziel, mit unbegrenzten Anleihenkäufen durch die EZB die Bilanz um 50 Prozent von 2000 auf 3000 Milliarden Euro auszuweiten, wird er daher konsequent umsetzen. Seit einigen Tagen kursieren Marktgerüchte, wie er die Kritiker insbesondere aus Deutschland dennoch besänftigen will.
Draghis Vorschlag zielt darauf, das Verlustrisiko für die Geberstaaten insofern zu begrenzen, dass die Anleihenkäufe zur Hälfte von den nationalen Notenbanken auf eigene Rechnung gekauft werden. Die andere Hälfte der Ankäufe von Schuldtiteln würde dann von der EZB erfolgen. Im ersten Fall würden die jeweiligen Euro-Staaten das volle Risiko tragen. Im zweiten Fall die Euro-Staaten mit ihrem jeweiligen Anteil am Euro-System. Für Deutschland wären das rund 27 Prozent. Soweit die Theorie. Doch was ist von diesem möglichen Vorgehen Mario Draghis zu halten? Es ist ein Zaubertrick.
Draghi weiß, dass er einen heißen Reifen fährt und alles auf eine Karte setzt. Denn die monetäre Staatsfinanzierung, also die Finanzierung der Staatsausgaben mittels Druckerpresse der Notenbanken, ist der EZB rechtlich untersagt. Die Deutsche Bundesbank begründet dies damit, dass der Euro als stabile Währung damit unweigerlich in Gefahr gerate, denn auf längere Sicht führe eine solche Staatsfinanzierung über die Notenpresse zu einer höheren Inflation – dies lehre die historischen Erfahrungen Deutschland und vieler anderer Länder, so die Bundesbanker. Doch Draghi nutzt das Interregnum, dass das Bundesverfassungsgericht durch seine Vorlagenentscheidung beim EuGH geschaffen hat, gnadenlos für seinen Zaubertrick aus.
Denn eigentlich gibt es nur ein Szenario, in dem es zu Verlusten für Notenbanken im Euro-Raum kommen kann. Die Insolvenz eines Mitgliedsstaates innerhalb des Euro-Clubs. Doch dieses Szenario ist politisch undenkbar. Denn es würde das Krönungsprojekt der europäischen Einigung infrage stellen. Deshalb sind die Mitgliedsstaaten dauerhaft nachschussbereit und die EZB zur permanenten Intervention verpflichtet. Letzteres verhindert, dass die nationalen Notenbanken nennenswerte Verluste erleiden können, denn beide – die nationalen Notenbanken als auch die EZB selbst – können im Zweifel unbegrenzt Geld drucken und damit die Rendite der Staatsanleihen drücken.
Doch sollte das Undenkbare tatsächlich eintreten, wie wahrscheinlich ist dann ein Verbleib dieses Landes im Euroraum. Sie ist nicht sehr groß. Der wesentliche Anreiz der Krisenstaaten ist das implizite Versprechen, dass kein Land aus dem Euroraum entlassen wird. Hält dieses Versprechen nicht, dann werden die Zinsen im Euroraum wieder auseinanderlaufen und die Vorteile schwinden dahin wie das Eis in der Sonne.
Doch wer haftet dann für die jeweiligen Anleihen? Kauft die EZB die Anleihen an, haftet die Bundesbank mit ihrem Anteil von 27 Prozent. Anders sieht es aus, wenn Griechenland Anleihen begibt, eine griechische Bank diese Anleihen zeichnet und anschließend die griechische Notenbank dies Anleihen aufkauft. Findet in diesem Falle ein Austritt Griechenlands aus dem Euro-Club statt, dann ist der Gläubiger des griechischen Staates die eigene Notenbank. Der Staat schuldet sich daher selbst das Geld und die Anleihen verschwindet ins Off. Wie im Zaubertrick ist es weg. Und die Euros, die die Notenbank im Keller aus dem Nichts gedruckt hat, um die Anleihe zu bezahlen, hat jetzt ein anderer in Griechenland. Lässt dieser es auf einem griechischen Bankkonto liegen, ist es dann wohl auch weg. Simsalabim!