Tichys Einblick
Aufstieg und (kein)Fall von Automobilmanagern

Ausgerechnet Pischetsrieder – Bei BMW und VW gescheitert, nun Daimler-Aufsichtsratschef

Wenn die Erinnerung an einen gescheiterten Konzernchef noch zu frisch ist, nimmt man eben für den Aufsichtsrat einen, der vor einigen Jahren schon scheiterte. In Deutschlands Autochefetagen geht es derzeit unterhaltsam zu.

Bernd Pischetsrieder

imago images / Sven Simon

Zuerst die Verlegenheitspersonalie beim Daimler: Bernd Pischetsrieder soll Chef des Aufsichtsrats werden, wenn sich Manfred Bischoff altersbedingt im März kommenden Jahres zurückzieht. Pischetsrieder gehört dem Daimler-Aufsichtsgremium seit 2014 an und wird im Februar 73 Jahre alt. Ein Interimskandidat also, der allenfalls vier Jahre auf der Bühne stehen wird.

Eigentlich wollte Bischoff ja seinen langjährigen Weggefährden Dieter Zetsche ins Amt hieven. Doch die Schwächen, die der Konzern nach dem Abgang des langjährigen CEO offenbarte und für die Zetsche – vor allem bei der verschlafenen Elektrifizierungsoffensive – hauptverantwortlich gemacht wird, bewogen ihn zum Verzicht auf den Posten. Dann wurde zwischenzeitlich der scheidende Siemens-Chef Joe Kaeser als Bischoff-Nachfolger gehandelt – und jetzt soll es also Pischetsrieder richten. Der Mann, der während seiner Zeit bei BMW den desaströsen Kauf von Rover durchgeboxt hatte, der dummen Fragestellern einst herablassend beschied, einen BMW unter dem 316-er werde es nie und nimmer geben. Bei Volkswagen misslang ihm zunächst die Sanierung von Seat (das passierte lange nach seiner Zeit) und dann verscherzte er es sich mit dem Altvorderen Ferdinand Piëch, als er dessen Lieblingsprojekt Phaëton vom amerikanischen Markt nahm. Auch in Wolfsburg musste er bald den Chefsessel räumen.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Auf dem wackelt in der Nachfolgerkette nun Herbert Diess – mal wieder. Und wieder wegen seiner allzu forschen Art, Vertrauen des Aufsichtsrats in Form einer vorzeitigen Vertragsverlängerung einzufordern. Daneben geht es beim Familienkrach bei Volkswagen um die Besetzung zweiter Vorstandsposten: Diess favorisiert dem Vernehmen nach Arno Antlitz als Nachfolger von Finanzvorstand Frank Witter, der Mitte nächsten Jahres aus familiären Gründen ausscheidet. Antlitz fungiert zurzeit bei der VW-Tochter Audi als Finanzvorstand und war in der Vergangenheit, als er noch in Wolfsburg wirkte, schon mal mit dem Betriebsrats-Oberboss Bernd Osterloh in den Clinch gegangen. Außerdem muss das Beschaffungsresort neu besetzt werden, das seit dem Abgang von Stefan Sommer von Witter mitverwaltet wird. Diess möchte die Postition mit Murat Aksel besetzen, der diesen Job bisher bei der Marke VW bekleidet. Aber auch Thomas Schmall soll im Gespräch sein. Der verantwortet bisher die Komponentensparte, die möglicherweise mit dem Produktionsressort zusammengelegt werden könnte – mit Schmall an der Spitze. Osterloh und seine Betriebsrats- und Aufsichtsratskollegen von der IG-Metall legen sich nicht nur gegen die Vertragsverlängerung quer, sondern blockieren bislang auch die Personalentscheidungen. Auch eine Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums am 1. Dezember brachte keine Fortschritte, obwohl Diess im Vorfeld der Sitzung leidenschaftlich für seine Pläne und Wünsche plädiert haben soll.

Das hat er nicht zuletzt auch seiner Kommunikationspolitik zu verdanken, die vornehmlich auf Konfrontation gebürstet ist. Erst kürzlich zog Diess via LinkedIn über das „System Wolfsburg“ her und lästerte über die Verkrustungen vor allem in der Konzernzentrale. Ein Schelm, der denkt, damit seien Osterloh und die Vertreter des Landes Niedersachsens als 20-Prozent-Eigner gemeint gewesen.

Warum Diess das Thema der Vertragsverlängerung überhaupt wieder auf die Tagsordnung gesetzt hat, obwohl er damit schon einmal im Sommer krachend gescheitert war und dehalb beinahe seinen Job verloren hätte, bleibt sein Geheimnis.

Vielleicht hält er sich ja für unersetzlich in der derzeit höchst angespannten Situation des Konzerns …


Dieser Artikel erschien zuerst auf

Die mobile Version verlassen