Während die Corona-Krise ganze Wirtschaftssektoren in Existenznot bringt und laut Bundesarbeitsagentur im November für 537.000 Personen Kurzarbeit angemeldet wurde, ist sie für Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten finanziell ein gutes Geschäft. Ebenso wie die Angestellten des öffentlichen Dienstes dürfen sie sich über eine satte Sonderzahlung von bis zu 600 Euro freuen.
In einem Schreiben, das TE vorliegt, informiert Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Abgeordneten darüber, dass der Ältestenrat des Bundestags am 19. November beschlossen habe, „die Regelungen des Tarifvertrages für Beschäftigte des Bundes über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 25. Oktober 2020 auf die Beschäftigten der Abgeordneten zu übertragen“. Zur Rechtfertigung reichen in der Überschrift des Briefes die Worte „zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise“. Die Zahlung erfolgt steuer- und abgabenfrei.
Noch deutlicher wird die personelle und damit auch finanzielle Expansion dieses Berufsstandes, wenn man weiter zurückblickt in die Geschichte des Bundestags. So erfährt man im Datenhandbuch zur Geschichte des Bundestages 1949-1999 auf Seite 3260:
„Bis zum Jahre 1969 standen den Abgeordneten Finanzmittel des Bundestages für die Beschäftigung von persönlichen Mitarbeitern nicht zur Verfügung. Es wurde deshalb auch von drei „Klassen“ von Abgeordneten im Bundestag gesprochen (Hans Apel):
– von denjenigen, denen als Inhabern von Bundestags- oder Fraktionsämtern eigene Büros mit Hilfskräften zur Verfügung stehen,
– von denjenigen, denen Büros und Hilfskräfte von Parteien, Verbänden und Unternehmen gestellt werden, und schließlich
– von denjenigen Abgeordneten, die völlig auf sich selbst und ihre eigene Arbeitskraft gestellt sind.
Wer zur letzten Gruppe gehörte, mußte seine Zeit zu einem großen Teil mit Büroarbeiten verbringen: Akten ablegen, Briefe öffnen und sortieren, Anträge, Anfragen und Briefe mit der Hand entwerfen, Briefmarken aufkleben usw. (so die Beschreibung des Abgeordneten Hugo Collet).“
Die so genannten Belastungen, die die Mitarbeiter von Abgeordneten zu tragen haben, sind offenbar solche, die auch schon vor der Pandemie auf wundersame Weise immer mehr zunahmen und immer mehr Mitarbeiter notwendig machen. Nach dieser Logik der wachsenden Mitarbeiterzahlen für Berufspolitiker müsste die Qualität der bundesdeutschen Gesetzgebung sich mit jeder Legislaturperiode seit 1969 also zigfach verbessert haben. Zumal nicht wenige Abgeordnete selbst einmal solche Mitarbeiter waren.