Grüne Parteitage waren bisher immer so eine Sache. Eine Führung, wenn es so etwas überhaupt gab, versuchte möglichst den Kopf unten zu halten, zu groß war die Angst, dass ein Basisantrag hineinschneite, der die Rettung der stumpfschnäuzigen oberpfälzischen Purpur-Amsel zur obersten Prämisse grüner Politik erklärte, und zu deren Gunsten man VW verstaatlichen sollte. Die Aufmachung war meist in grün-schrill Friede-Freude-Eierkuchen gehalten, Kinderzeichnungen neben Sonnenblumen und Regenbögen, hinter der sich die Realo-Vorsitzenden verstecken wollten.
Das Motto lautet „Jede Zeit hat ihre Farbe“. Nun die letzten Farben, die für eine Zeit standen, waren Rot und Braun – aber das ist gar nicht das wirklich Bemerkenswerte daran. Denn mit diesem Motto hat auch eine Farbveränderung im Grünen-Logo eingesetzt. Das eigentlich symbolträchtige Pflanzen-Grün wurde verbannt und durch einen fast schwarzen, nur noch mit einem minimalen Grünstich versehenen Grundton ersetzt, auf dem neonartiges Mintgrün leuchtet – Farben, die es in der Natur nicht gibt, die mit der eigentlichen Öko-Symbolik nichts mehr zu tun haben. Der Parteitag ist glatt und durchgestylt.
Die Männer unter Ihnen, liebe Leser, kennen es sicherlich, das magische Lächeln mancher Frauen. Es kann Berge versetzen und alles dahinschmelzen, es kann einen jeden Groll vergessen lassen. Manche Frauen haben diese wundersam wunderbare Gabe einfach. Analena Baerbock gehört nicht zu diesen Frauen, aber sie versucht es unentwegt.
In Ihrer Blabliblub-Zusammenhalt-Rede reiht sich ein Sprachpatzer an den anderen, in der für sie üblichen, merkwürdig sympathischen Art und Weise. Sie spricht von „hunderte Milliardende von Euro“, „Wir müssen jetzt ins kommen“ …viel zu lange Nachdenkpause … „machen kommen“. Ihre Betonung ist unnatürlich und überzogen. „Jetzt“ ruft sie verloren in die Kamera. Nach ihrem Eingangssatz, in dem sie das Farb-Motto zitiert, scheint sie schon den Faden verloren zu haben und kratzt sich rätselnd an der Nase. Sie wirkt wie die perfekt vorbereitete Musterschülerin, die die mündliche Abiturprüfung dennoch verhaut. Ihre Rede ist auswendig gelernt, sie verschluckt die Silben literweise. Als sie husten muss und ein Glas Wasser gereicht bekommt, merkt man, dass sie emotional null anwesend ist, statt eines Witzes oder Kommentars, rezitiert sie nahtlos ihren Referattext. Doch Annalena lächelt, lächelt und lächelt einfach immer weiter.
Altes in neuen Farben
Doch Habeck und Baerbock demonstrieren trotz aller Patzer ihre Macht und natürlich sind sie dennoch eloquenter als die meisten anderen Grünen oder CDUler, die Messlatte in Deutschland liegt relativ niedrig.
Die neuen Realpolitiker haben die Fundi-Sonnenblümler und Alt-Maoisten der Partei besiegt. Allen voran Jürgen Trittin, der darf nicht mal mehr die 2., 3. oder 4. Geige spielen, sondern maximal noch die Triangel. Sein Abstieg vom flammenden proletarischen Weltrevolutionär beim Kommunistischen Bund zu Mr. Dosenpfand setzt sich nahtlos fort. Auf diesem Bundesparteitag darf er gerade noch per Video zugeschaltet eine Rede gegen Volksabstimmungen und für „Bürger*innenräte“ halten. Seine Technik versagt und sichtlich gereizt schlägt er irgendwann auf den Tisch und brüllt völlig entgeistert „OCH MANN“.
Die Grünen wollen zur Macht. Das Tollhaus soll zur Leiter gestanzt werden. Der große Kinderbuch-Philosoph Habeck – und da ist er auf seine Weise rhetorisch dann doch begabt – bringt es auf den Punkt: „Macht – das ist unserem Kosmos oft ein Igitt-Begriff gewesen. Aber Macht kommt ja von machen.“
Sollten Sie Hoffnung haben, dass die Grünen moderater werden – da werden sie enttäuscht, das haben die Grünen gar nicht nötig. Ja sie nennen es nicht mehr 1,5 Grad-Ziel sondern 1,5 Grad-Pfad. Sie streiten ein wenig mit Luisa Neubauer. Aber es soll nur der annehmbare Anschein gewahrt werden. Die CDU soll ihren Wählern erzählen können, dass die Angetraute schon katholisch und aus gutem Hause ist, damit die Romanze ihren ungezügelten Lauf nehmen kann.
Annalena bringt auch etwas auf den Punkt: „Fürchtet euch nicht, diese Klima-Revolution ist in etwa so verrückt wie ein Bausparvertrag. Das Wirtschaftssystem neu aufzustellen, bedeutet keinen Umsturz, sondern ist purer Selbstschutz.“
Es geht nach wie vor um die Revolution, die die Marktwirtschaft stürzen soll – nur diesmal in neuen Farben und mit der organisatorischen Präzision eines schwäbischen Bankkaufmanns.