Tichys Einblick
Klimawandel

Hart aber Fair: Alles schon gesagt

Thema des Abends war mal nicht der bevorstehende Tod durch Corona, sondern der bevorstehende Tod durch den Klimawandel. Gut, dass man bei den Öffentlich-Rechtlichen mehr als nur ein Weltuntergangsszenario parat hat. Könnte sonst ja langweilig werden.

Hart aber Fair

Screenprint: ARD/hart aber fair

Hurra, Corona ist wieder vorbei. Jedenfalls für einen Abend bei Hart aber Fair, denn dieses Mal ist der andere Weltuntergang Thema, gegen den sofort etwas getan werden muss. Nein, nicht Rechtsextremismus. Nein, nicht fehlendes Gendern. Ja, genau, Klimawandel.

Es fängt wenigstens mit jemandem an, der sich in dem Thema auskennt: Antje Boetius, Meeresbiologin und verantwortlich für die Koordination einer einjährigen Arktisexpedition des Forschungsschiffs „Polarstern“ in die Arktis. Sie gibt den Tenor für den Abend vor: Wir könnten die letzte Generationen sein, die ein Sommer-Eis in der Arktis erleben. 10 Prozent aller Menschen leben an der Küste. Ein Ansteigen des Meeresspiegels – möglicherweise sogar schneller als gedacht – wäre für sie katastrophal.

So weit so bekannt, so betroffen, so abgedroschen. Wir haben mittlerweile alle mitbekommen, das das Abschmelzen des Eises ein Problem ist. Viel wichtiger ist: Was machen „Wir”?

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag jedenfalls spricht von einer „Aufforderung an die Politik und jeden einzelnen, sein Verhalten zu ändern“. Später werden wir erfahren, dass sein Haushalt nicht nur ein, sondern gleich zwei Hybridautos zur Verfügung hat und dass auch er sich ärgert, wenn er eine Steckdose für sein Auto sucht, aber keine findet, weil da jemand seinen normalen Verbrenner abgestellt hat. Aber mit erhobenem Zeigefinger will er doch nicht auf die „Nackensteak Esser und Verbrennerfahrer“ richten. Denn solche Menschen sind das „Rückgrat unseres Landes“ und müsste man ja auch „mitnehmen” in der Politik.

Auf eine Nachfrage von Plasberg hin wird Brinkhaus dann sagen, auch Vegetarier und Fahrradfahrer seien das Rückgrat des Landes. Praktisch wenn man zwei Rückgrate hat, da kann man eines verbiegen und trotzdem seinen Stolz bewahren. Eine wichtige Eigenschaft in der Politik unserer Zeit.

In seinem Versuch, für den kleinen Bürger und seine kleinen Sorgen nach Arbeit, was zum Fressen und einem fahrbaren Untersatz Verständnis aufzubringen, wirkt er noch viel überheblicher, als es die „Klimaaktivisten” Carla Reemtsma (Zigaretten) schaffen kann, wenn sie wieder einmal von „institutionellen Rahmenbedingungen“ spricht, die es zu verändern gilt. Denn ja, auch sie ist von der Partie an diesem Abend der Diskussionsmüdigkeit. Besonders gerne diskutiert sie mit Brinkhaus: Sie wirft der Union vor, nichts für den „Klimaschutz” getan zu haben, er antwortet, man habe tolle Programme ins Leben gerufen. Sie antwortet, es sei nicht genug. Die Diskussion ist schwergängig: Alles was es jemals zum Thema Klimawandel zu sagen geben könnte, wurde schon anderswo gesagt, und für eine Diskussion über die richtigen Wege die „Klimaschutzziele” zu erreichen, scheint niemand vorbereitet zu sein. Reemtsma legt ein bürokratisches Subventionsprogramm vor, um die genutzte Wohnfläche zu halbieren. Die Wohnungen der anderen halbieren, so stellen sich reicher Leute Kinder Klimapolitik vor und man darf nicht lachen, weil Brinkhaus mit zwei Hybriden pro Haushalt das selbe will.

Da stört einzig der Unternehmer Dirk Spenner ein wenig. Er ist Chef des Unternehmens Spenner Zement. Er ist der designierte Sündenbock des Abends, der sich rechtfertigen muss, dass seine Industrie im Besonderen und die deutsche Industrie im Allgemeinen zu viel CO2 produziert. Denn weltweit werden 8,5 Prozent des emittierten CO2 durch den Verkehr verursacht, aber satte 6,8 Prozent des CO2 werden durch die Zementindustrie verursacht. Was würde es bringen die Produktion in Deutschland ein kleines bisschen effizienter zu machen, wenn die Hälfte allen Zements in China produziert und verbraucht wird? Spenner will klimafreundlicher produzieren, merkt aber an, dass er dafür große Mengen Strom und Wasserstoff braucht. Brinkhaus prahlt mit Förderprogrammen der Regierung für das Bauen mit Holz. So als wäre ein Holzgebäude eine tolle neue Innovation.

Dual-Fluid-Reaktor (DFR)
„Die Anti-Atom-Hysterie ist im globalen Maßstab unbedeutend“
Aber mehr Strom für Spenners Zementfabriken bedeutet mehr Windkraftanlagen – das ist etwas, mit dem Schauspieler Hannes Jaenicke ein Problem hat. Also nicht damit, dass Windkraftwerke gebaut werden. Sie sind zwar laut und höher als der Kölner Dom, aber er findet die Grenze von 1.000 Metern Abstand, die zum Nächsten Haus eingehalten werden soll, viel zu groß. Sie sollen näher an die Leute ran, damit die Wälder verschont werden können. Und auf jedes „doofe Flachdach“ soll eine Solarzelle. Die Probleme mit Solarzellen werden gar nicht erst angesprochen. Jaenicke will auch, dass die Windkraft massiv ausgebaut wird, aber ebenen nicht in Wäldern, wo sie Natur zerstören, sondern in den Vorgärten der Bürger, wo sie ihre Nerven zerstören. Brinkhaus findet das politisch unmöglich, denn die Leute würden das nicht ertragen, die Riesen „Spargel“ auf allen Seiten um sich herum zu haben.

Um es zusammen zu fassen: Alle sind sich einig bei Hart aber Fair, es muss mehr fürs Klima gemacht werden und es muss mehr Strom aus der Windkraft her. Nur ein wenig gestritten wird darüber, ob die Windkraftanlagen in die Vorgärten oder Wälder kommen.

Eine neue Idee zeigt niemand auf, niemand schlägt etwas vor, dass wirklich „transformativ“ wäre. Wieso auch? Klimawandel sells. Brinkhaus will jetzt in Deutschland nachhaltigen Wasserstoff herstellen und auch damit die unvermeidlichen Jobverluste bei den Autoherstellern kompensieren. Wow, eine Idee die wirklich niemand hatte.

Doch ein böses Wort haben sie alle vermieden wie der Teufel das Weihwasser: Atomkraft. Damit ließen sich die Stromprobleme fast genauso leicht lösen wie die CO2-Probleme. Aber dann wäre man sich ja nicht mehr einig , könnte nicht mehr nur noch motzen, sondern müsste diskutieren. Aber dass wollen die „Diskusionsteilnehmer“ bei Frank Plasbergs Hart aber Fair heute nicht.

 


Die mobile Version verlassen