Das RKI meldete zum Sonntag eine 7-Tages-Inzidenz von 143 Fällen pro hunderttausend Einwohnern. Noch in der letzten Woche wurde eine Inzidenz von 136 Fällen gemeldet. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), das in der Regel über aktuellere Daten als das RKI verfügt (aber dafür öfters korrigieren muss), meldet eine Inzidenz von 159 Fällen. Doch in der Vorwoche betrug die Inzidenz noch 152 Fälle. Sie ist also weiter gestiegen, jedoch zeigt sich mittlerweile eine deutliche Verlangsamung des Inzidenzwachstums. Am Samstag meldete das ECDC sogar ein Absinken der Inzidenz um zwei Fälle – hier kann aber auch der Wochenendeffekt im Spiel gewesen sein. Möglicherweise hat aber die zweite Welle ihren Höhepunkt erreicht. Fakt ist, dass die Inzidenz schon seit der Vorwoche deutlich langsamer steigt als noch Anfang des Monats.
Die Inzidenz unter den über 60-Jährigen in der Bevölkerung steigt allerdings weiter, von 92 Fällen pro hunderttausend in der Vorwoche auf 101 Fälle in dieser Woche (RKI-Daten). Entsprechend steigen auch die Todeszahlen weiter an. Das ECDC meldete für die Woche zum 15. November 1.196 Corona-Todesfälle, mehr als 300 mehr als in der Vorwoche. Das RKI meldete zum Sonntag 275.700 aktive Corona-Fälle.
Wie ist die Lage in den Krankenhäusern?
Das DIVI-Intensivregister meldete zum Montag fast 7.000 freie Intensivbetten, davon gut 6.000 für Erwachsene geeignete (die Unterscheidung wurde für die letzten zwei Wochen rückwirkend eingeführt). In der Vorwoche waren noch 8.400, bzw. 7.400 Betten frei.
Außerdem wurden 3.400 Corona-Fälle auf den Intensivstationen gemeldet, davon 1.971 beatmete. Am 9. November wurden noch 3.000 Corona-Fälle auf den Intensivstationen gemeldet.
Was macht mRNA-Impfstoffe besonders?
In der letzten Woche war die Euphorie über den von Pfizer und Biontech angekündigten Impfstoff groß. Doch auch Unbehagen macht sich breit: Bei dem Impfstoff handelt es sich nicht um einen konventionellen Impfstoff, sondern um einen sogenannten mRNA-Impfstoff.
Konventionelle Impfstoffe funktionieren, indem Krankheitserreger (oder deren Bruchstücke) in den Körper der behandelten Person eingebracht werden, dort eine Immunreaktion auslösen und so dafür sorgen, dass das Immunsystem des Patienten lernt, sich gegen einen Virus oder eine Bakterie zur Wehr zu setzen. In der Regel werden abgetötete Krankheitserreger verabreicht (Influenzaimpfung), lebendige aber abgeschwächte Erreger-Stämme (Polio-Schluckimpfung) oder Bruchstücke der Krankheitserreger.
Die in der Entwicklung befindlichen mRNA Impfstoffe zielen darauf ab, dass die Zellen des Patienten eine spezifische Proteingruppe des Corona-Virus nachbilden, die sogenannten SPIKE-Proteine, die für den SARS-CoV-2 Virus charakteristisch sind.
Vorteile von mRNA-Impfungen
Die Herstellung von mRNA-Impfstoffen in großen Mengen ist einfacher und schneller als von konventionellen Impfstoffen. Es gibt verschiedenste Methoden, um Impfstoffe herzustellen, aber am Anfang aller bisher gängigen Methoden steht die Anzucht von großen Mengen des Krankheitserregers, der dann auf verschiedenste Arten weiterverarbeitet wird. Viren können sich aber nur in Wirtszellen vermehren.
Influenzastämme für die Grippe-Impfung werden zum Beispiel oft in Eiern gezüchtet. Dabei wird pro Impfdosis ein Ei benötigt – ein Ei, das von einer speziell gehaltenen, sterilen Legehenne für die Impfstoffproduktion kommt. Die logistischen Schwierigkeiten, einen neuen Corona-Impfstoff in Eiern heranziehen zu wollen, sind groß, denn die Kapazitäten lassen sich nicht ohne Weiteres ausbauen.
Aus logistischer Sicht ungleich einfacher ist es allerdings, mRNA synthetisch herzustellen und dann die körpereigenen Zellen die für die Impfung benötigten Antigene herstellen zu lassen.
Bedenken bei mRNA-Impfungen
Die mRNA-Impfung ist eine neue Technologie und damit mit Unsicherheiten verbunden. Es ist allerdings keine „Gentherapie“, wie sie manchmal genannt wird. Die Impfung greift nicht in die DNA des Patienten ein. Im MDR stellte ein Genetiker ein Gedankenspiel an, wie es möglich sein könnte (der Konjunktiv ist hier entscheidend), dass die RNA-Informationen der Impfung in die DNA einer Zelle eingefügt werden. Verkürzt: Es muss eine aktive Infektion mit einem von drei bekannten Viren vorliegen: HIV, Hepatitis-B oder das Humane T-lymphotrope Virus 1. Retroviren manipulieren die DNA befallener Wirtszellen, um sich selbst zu vermehren: Es wäre also möglich, dass in dieser Manipulation noch zusätzlich im Erbgut dieser einen Zelle auch die RNA aus dem Impfstoff eingebaut wird. Das wird aber als sehr unwahrscheinlich eingeschätzt – und selbst wenn es passiert, ist eben nur eine einzige Zelle mutiert und kann vom Immunsystem ausgeschaltet werden.
Trotzdem besteht wie bei allen Impfstoffen die Gefahr von Nebenwirkungen. Laut Pfizer erhielten mehr als 43.000 Personen bisher mindestens eine Dosis des Impfstoffs. Bisher sollen keine schwerwiegenden Nebenwirkungen beobachtet worden sein. Dabei ist zu bedenken: Müdigkeit, Erschöpfung, Gliederschmerzen und ähnliche Symptome, die sogar wochenlang auftreten können, gelten in der Regel nicht als schwerwiegend, sondern als ganz normales Zeichen der gewünschten Immunreaktion des Körpers. Im Oktober wurde ein Todesfall eines Testteilnehmers in Brasilien gemeldet, der in einer Impfstoff-Studie beteiligt war – doch er war Teil einer Studie der Firma AstraZeneca. Doch Prüfungen unabhängiger stellen ließen die Studie weiterlaufen und konnten keine Gefärdung für die Porbanden ausmachen. Bloomberg berichtete, dass der verstorbene Proband den Impfstoff nicht erhalten hatte – also der Kontrollgruppe angehörte. AstraZeneca bestätigte dies jedoch nicht. AstraZeneca arbeitet außerdem an der Entwicklung eines Vektorimpfstoffs: Ein Impfstoff, bei dem ein bekannter, ungefährlicher Virus gentechnisch so verändert wird, dass er bestimmte Eigenschaften des Ziel-Erregers annimmt. Entwickelt der Körper dann eine Resistenz gegen den Impfstoff, gilt diese Resistenz oder Immunität auch dem Zielvirus.
Doch auch der Virologe Kekulé äußert sich im Interview mit der Welt vorsichtig: „Wissen Sie, das ist ein RNA-Impfstoff. Das ist etwas, was es noch nie gegeben hat. Da verstehe ich wirklich jeden, der sagt: Ich will jetzt nicht der Erste in der Reihe sein. Der Großteil der Bevölkerung wird erst mal warten, wie das mit den Nebenwirkungen laufen wird.“
Er werde sich zwar impfen lassen, aber: „Ich lege keinen besonderen Wert darauf, unter den ersten 100.000 zu sein.“
Am Montag verkündete die Firma Moderna, dass ihr Impfstoff in Phase-3-Studien eine hohe Wirksamkeit erreicht. Dieser Impfstoff soll sogar 94,5 Prozent wirksam sein, mehr als der 90% wirksame Impfstoff von Biontech – wobei sich durchaus fragen lässt, wie groß die statistische Schwankungsbreite in diesen Angaben ist. Beide Impfstoffe sind sehr ähnlich. Auch der Moderna Impfstoff ist ein mRNA-Imfstoff, der wohl das gleiche SPIKE-Protein des SARS-CoV-2 Virus nachbaut. Wie das Science Media Centre, eine britische wissenschaftskommunikations NGO, berichtet, unterscheiden sich die beiden Impfstoffe vor allem in logistischen Details: Der Impfstoff von Moderna kann bei minus 20 Grad gelagert werden und nach dem Auftauen sogar 30 Tage bei regulären Kühlschranktemperaturen. Der Biontech-Impfstoff muss bei minus 70 Grad gelagert werden. Andererseits scheint der Biontech Impfstoff schneller in großen Mengen produzierbar zu sein, auch weil die Menge an Impfstoff in jeder Impfdose geringer ist. Das ist jedenfalls die Einschätzung von Experten des Imperial College in London, die das Science Media Centre befragt hatte. Doch auch von diesem Impfstoff sind noch nicht alle Daten veröffentlicht worden.