Tichys Einblick
23 Seiten migrationspolitisches Eigenlob

Deutschland: Musterschüler in Sachen Migration

Auf den Seiten des Auswärtigen Amtes steht unter dem Titel „Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration Regional Review“ ein Bericht ausschließlich in englischer Sprache. Weil man seine Auftraggeber, laut Grundgesetz immer noch das Deutsche Volk, nicht verunsichern möchte?

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Die Amtssprache ist Deutsch? Das war einmal. Zumindest dann, wenn wir unseren Blick auf einen jüngst vorgelegten Bericht der Bundesregierung („The Federal Government“) werfen, in dem diese all das lobt, was sie im Sinne der Migration geleistet hat. Denn dieser „voluntary review“ (freiwilliger Überblick), der nun undatiert im Netz auf den Seiten des Auswärtigen Amtes unter dem Titel „Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration Regional Review“ zu finden ist, wurde ausschließlich in englischer Sprache veröffentlicht. Was vermutlich derart zu verstehen ist, dass man seine Auftraggeber, laut Grundgesetz immer noch das Deutsche Volk, nicht verunsichern möchte. Am besten, vor allem die des Englischen nicht fähigen Dunkeldeutschen kommen gar nicht erst auf die Idee, in solchen Dokumenten zu blättern. Was auf erstaunliche Weise an das Vorgehen der Katholischen Kirche erinnert, die in den Zeiten vor der Reformation alles Biblische als Geheimwissen in der lateinischen Sprache vermittelte, zu der die in Dummheit zu haltenden Gläubigen keinen Zugang haben sollten.

Nun also ist es die Deutsche Bundesregierung, die sich die mittelalterlich-klerikale Erkenntnis zu eigen macht, wonach jemand, der dumm gehalten wird, leichter zu lenken ist als jemand, der sich selbst ein Bild machen kann.

Neben diesem innenpolitischen Nutzeffekt macht das Auswärtige Amt mit seiner Veröffentlichungspolitik noch ein Weiteres deutlich: Bei dem Komplex Migration spielen nationale Interessen nicht die geringste Rolle. Es geht ausschließlich darum, dass die Herrschaften international glänzen möchten: Schaut her, was für humanistische Musterschüler wir doch sind! Schickt die Beladenen zu uns – wir werden sie mit Freude aufnehmen!

Deutschlands alternativloser Migrationskurs

Um dieses internationale Leuchten richtig strahlen zu lassen, erklärt der Bericht bereits zum Einstieg, dass Deutschland („Germany“) unbeirrt seinen Kurs fortsetzt, die „Vision und die Prinzipien des Globalen Pakts für sichere, geordnete und reguläre Migration“ (abgekürzt GCM für Global Compact Migration) zu unterstützen. Der Bericht stelle deshalb einen „Beitrag“ zum Gelingen des Paktes dar, für das Deutschland (nicht die Bundesregierung) mit „multilateralen und regionalen Organisationen“ (also jenen beliebten NGOs) und anderen Ländern (countries) partnerschaftlich kooperiere. Dabei folge es zuhause („at home“) einem „whole-of-government and whole-of-society approach“, was bedeutet: Alle Regierungsinstitutionen und die gesamte Gesellschaft vom Säugling bis zum Greis stehen vorbehaltlos zu diesem GCM. Dazu passt es dann eben auch, dass diese überzeugende Einheit Aller in Allem nun freiwillig eben diesen Bericht vorlegt, um der Welt zu zeigen: Deutschland ist das absolute Musterländle wenn es darum geht, Zuwanderer aus aller Welt willkommen zu heißen.

23 Seiten des migrationspolitischen Eigenlobs

Was nun alles diese in Einheit agierende Regierungs- und Volksgemeinschaft in den vergangenen Jahren alles getan hat, um seiner Rolle als Musterschüler in Sachen Migration international gerecht zu werden, erläutert der Bericht auf 23 Seiten. Es würde die Möglichkeiten eines Formats wie TE überfordern, die gesamte Breite deutscher Migrationswohltaten wiederzugeben – doch soll nicht versäumt werden, einige der Kernaussagen darzulegen.

Kernelement ist die deutsche Verpflichtung, an vorderster Front an der Verwirklichung der UN-Agenda 2030 mitzuwirken. Dort wird das baldmöglichst zu erreichende Ziel der globalen Transformation zu einer Welt des allgegenwärtigen Glücks festgeschrieben: Saubere Umwelt und geheiltes Klima, keine Kriege, keine Armut, kein Hunger. Selbstverständlich hehre Ziele, die nur unter dem Pferdefuß leiden, dass die zu beglückende Menschheit sich schneller vermehrt, als die SGO UN mit ihren Maßnahmen hinterherkommt. Und darunter, dass aus gänzlich unerfindlichen Gründen trotz UN-Agenda immer wieder und ständig archaische Kriege um Land, Ressourcen und Prestige gefochten werden. Da liegt also noch einige Arbeit auf dem Weg, um in den kommenden zehn Jahren endlich die heile Welt des allumfassenden Glücks und Weltfriedens zu schaffen.

Das allerdings kann die Bundesregierung nicht aus der Fassung bringen. Ganz im Gegenteil. Getrieben von dem festen Willen, aller Welt zu beweisen, dass die bösen Jahre von 1933 bis 1945 ein gänzlich undeutscher Ausrutscher gewesen sind, sieht sich die Bundesregierung nicht nur in Sachen Klimarettung, sondern auch bei der migrationsbedingten Transformation zur globalen One World – One People-Community als Speerspitze der Bewegung. Dabei beharrt sie auf dem UN-Prinzip, niemanden zurückzulassen: Das “Leave no one behind“-Prinzip ist deutsche Agenda, die mit den „Kernbotschaften People, Planet, Prosperity, Peace and Partnership (Menschen, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft)“ möglichst umgehend zu erreichen ist.

Und immer wieder die „Zivilgesellschaft“

Selbstverständlich darf bei dem Eigenlob zuvörderst die gute Zusammenarbeit mit der sogenannten Zivilgesellschaft nicht fehlen. So unterstreicht die Bundesregierung, dass sie bei der Umsetzung des Migrationspakts eng mit mehr als 75 „Migrantenorganisationen“ zusammenarbeitet. Die ungegenderte Version dessen, was Neudeutsch als „Migrant*innenorganisationen“ zu bezeichnen wäre, ist dabei der englischsprachigen Fassung geschuldet, die die Genderidiotie (noch) nicht mitmacht – auch wenn die Staatsmedien pflichtschuldig mittlerweile die Aussage von weiblichen US-Bürgern, sie seien „optimist“ mit „sie sind Optimistinnen“ übersetzt.

Der „review“ listet auf, was die Bundesregierung in Sachen Transformation bereits auf den Weg gebracht hat:

Lasst die Beladenen zu uns kommen

Die Maßnahmen und Aufgabenstellungen werden anschließend erläutert, um den Nachweis zu erbringen: Die Bundesregierung kämpft an vorderster Front, dass die von der UN eingeforderte Umsiedlung in geregelten Bahnen abläuft. Ihren weltweiten Bekehrungsauftrag unterstreicht sie mit ihrem globalen Einsatz einer Kampagne für globale Menschenrechte, welche demnach in Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes festgeschrieben seien.

Dabei wird unterstrichen, dass allein im Jahr 2019 rund 4,5 Milliarden Dollar aufgewandt wurden, um globalen Konflikten und Krisensituation für „displaced people“ zu begegnen. Mit besonderem Stolz wird darauf verwiesen, dass Deutschland „strategically strengthens the capacity oft he humanitarian system to provide swift emergency assitance“ – was als Umschreibung dafür verstanden werden dürfte, die zahllosen NGO, die den illegalen Migrantentransfer in die EU organisieren, in jeder, auch finanzieller Hinsicht zu unterstützen.
Identitätspolitik darf nicht fehlen

Selbstverständlich darf auch der grassierende Intersektionalismus nebst partizionierender Identitätspolitik nicht fehlen: Deutschland leistet aktive Hilfe für die LGBTIQ+-Gemeinschaft. Für jene, denen dieses Kürzel unbekannt ist: „Lesben, Schwule (Gay), Bisexuelle, Transgender, intersexuelle und queere Menschen plus weitere“ gemäß der Definition des Bundesfamilienministeriums in seinem „Regenbogenportal“.

Hervorgehoben wird die Zusammenarbeit mit IOM – der International Organization for Migration, die Deutschland als Geldgeber unterstützt. Frontex, im Bewusstsein mancher Zeitgenossen als EU/NATO-Kooperation zur Abwehr illegaler Einwanderung missverstanden, wird im Bericht die Aufgabe der Hilfe in humanitären Notfällen und der Seenotrettung zugeschrieben. Kleiner Wermutstropfen für die Migranten-NGOs: Der Bericht unterstreicht auch die Unterstützung der libyschen Küstenwache in ihrer Aufgabe, dem Schlepperunwesen zu begegnen. Schließlich habe Deutschland bereits 2006 das Protokoll gegen Menschenschmuggel ratifiziert.

Dafür aber garantiert die Bundesregierung allen, die bei ihren Migrationsbewegungen gesundheitliche oder psychische Schäden genommen haben, Kompensation. Auch sonst leistet die Bundesrepublik Vorbildliches in Sachen Hilfe und Integration – trotz der Probleme, die die Covid-19-Pandemie mit sich gebracht hat. So sei es gelungen, bis Juli 2020 bei rund 700.000 Einzelmaßnahmen immerhin 210.000 Menschen mit Arbeitsplätzen und Zukunftsperspektiven zu versorgen. Der Pensionsanspruch der Betroffenen sei dabei gewährleistet.

Cash for Migration

Der Bericht hebt hervor, dass Deutschland Gründungsfinanzier des „Global Forum for Migration and Development“ sei mit dem Ziel, das Wohlergehen aller Migranten weltweit zu sichern. Auch sei Deutschland der zweitwichtigste Finanzier der IOM – International Organization for Migration, die allein in 2019 mit 132 Millionen US-Dollar unterstützt worden sei. Besagte „Zivilgesellschaft“ der sogenannten Nicht-Regierungsorganisationen spiele dabei eine herausragende Rolle.

Kurz und gut: Deutschland ist in Sachen Migration konkurrenzloser Spitzenreiter. Dieses soll in absehbarer Zeit in einem noch umfassenderen Report, welcher dann auch in deutscher Sprache verfügbar sein soll, detailliert unter Beweis gestellt werden.

Die vorläufige Darlegung schließt mit dem schönen Absatz: „Achieving safe, orderly and regular migration is a process that will require continuous and concerted action thorughout government and society, both domestically and internationally. Germany remains committed to the objectives and and principles set out in the GCM and will continue to work together with partners to achieve our common vision.“

Mit anderen Worten: Die Migration ist alternativlos die kollektive Aufgabe von Staat und Gesellschaft und damit deutsche Staatsaufgabe, bei der es kein Vertun gibt, um die Vision einer globalen Nation der Glückseligkeit zu erreichen. Oder, wie es der gegenwärtige Chef des Auswärtigen Amtes formulierte: Deutschland ist immer bereit, Gerettete zu übernehmen. Komme, was da wolle …

Da wäre nun ein ständiger Sitz im Sicherheitsrat wirklich die einzig angemessene Belohnung für so viel uneigennützige Weltverantwortung.

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