Der Lockdown im November wird nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dramatische Folgen für Wirtschaft und Arbeitsplätze haben. „Der Lockdown light bis Ende November, den wir jetzt haben, wird das BIP voraussichtlich um einen Prozentpunkt senken“, sagt IW-Direktor Michael Hüther in der Bild am Sonntag voraus. Demnach würden noch dieses Jahr dadurch rund 591.000 Menschen ihren Job verlieren, im nächsten Jahr noch einmal 15.000 Menschen – „vorausgesetzt, der Lockdown geht wie angekündigt zu Ende.“ Dauere der Lockdown jedoch noch länger, könnte das Bruttoinlandsprodukt sogar um zwei Prozentpunkte sinken, so Hüthers Prognose.
Und ein Lockdown-Ende im Dezember ist schließlich nicht in Sicht, wenn Bund und Länder ihre Politik weiter an Infektionszahlen ausrichten. „Dann können wir für nächstes Jahr mit 180.000 zusätzlichen Arbeitslosen rechnen“, meint Hüther. Zudem verursache das wiederholte Ab- und Anschalten weiter Teile einer Volkswirtschaft strukturelle Schäden. „Die daraus folgenden Verluste müssten hinzuaddiert werden.“
Bis zu vier Millionen Arbeitslose oder noch mehr sind also nicht ausgeschlossen.
Ohnehin gibt es nach Ansicht des Mittelstandsverbands BVMW sogar „de facto staatlich verordnete Berufsverbote“ wie zum Beispiel in der Gastronomie-, Hotel- und Veranstaltungsbranche.
Das von der Bundesregierung verlängerte Kurzarbeitergeld für 24 Monate bis Ende 2021, verschiebt die nun deutlicher drohende Arbeitslosigkeit wohl nur in die Zeit nach den Bundestagswahlen im nächsten Herbst. Obendrein hat Merkels Bundesregierung die Antragspflicht für Unternehmen ausgesetzt, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenz anzumelden. Die Frist wurde von Ende September auf Ende Dezember 2020 erneut verlängert. Lieferanten, Handwerker, Betriebe oder Banken wissen also seit Monaten nicht, ob ihre Auftraggeber noch zahlungsfähig sind. Spätestens Anfang nächsten Jahres müsste eigentlich eine Insolvenzwelle durchs Land rollen, die nicht nur die Pleitebetriebe selbst, sondern in der Folge auch deren Geschäftspartner in den Abgrund reißt.
Wird die Bundesregierung daher die Insolvenzantragspflicht noch einmal verlängern? Womöglich, schließlich stehen im März wichtige Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz oder die Kommunalwahl in Hessen an. Da würden Massenentlassungen die Wähler nur beunruhigen.
Selbst das linkslastige Forschungsinstitut DIW hört inzwischen die Signale. Merkels neuer November-Lockdown dürfte auf den Arbeitsmarkt ausstrahlen, gesteht das Berliner DIW ein. Natürlich mit angeblich nicht so starken Auswirkungen wie nach den jüngsten Prognosen des Kölner IW. Schließlich steht das DIW im berechtigten Verdacht, gerne politisch gewünschte Nachrichten – zum Beispiel für Merkels Bundesregierung – zu liefern statt Fakten, wie FAZ und Cicero berichten.
Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland wird nach DIW-Prognose im laufenden vierten Quartal um knapp 100.000 sinken. Die Zahl der Kurzarbeiter könnte bis Ende des Jahres um 400.000 auf 3,2 Millionen steigen. Im kommenden Jahr erwarten die Forscher eine deutliche Erholung. Woher sie diese Hoffnung schöpfen, bleibt ihr Geheimnis angesichts sich verstetigender Lockdown-Maßnahmen wohl bis ins nächste Jahr hinein.
Selbst nach Berechnungen des DIW-Instituts kommt der seit 2. November geltende einmonatige Lockdown infolge der Corona-Krise die deutsche Wirtschaft teuer zu stehen. Er werde sie rund 19,3 Milliarden Euro kosten, ermittelte das Berliner Institut.
Da helfen selbst die Hoffnungszahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden von einer vermeintlichen wirtschaftlichen Erholung nicht. Die deutsche Industrie habe sich wohl im September mit einer erneuten Produktionssteigerung weiter vom Corona-Einbruch erholt. Die Gesamtproduktion lag 1,6 Prozent höher als im Vormonat. Der Anstieg folge auf einen Zuwachs um revidierte 0,5 Prozent im Vormonat, verfehle aber die Erwartungen. Analysten hatten nämlich im Schnitt mit einem Plus von 2,5 Prozent gerechnet.
Obendrein kann man selbst diese Zahlen angesichts des erneuten Lockdowns ohne sicheres Ende getrost in der Ablage „P“ versenken. Wie schwer die Corona-Krise immer noch wiegt, zeigt der Vergleich mit dem Vorjahresmonat. Gegenüber September 2019 lag die Produktion immer noch 7,3 Prozent tiefer. Sie wird zum Jahresende jetzt sicher weiter sinken.
Diese Bereiche trifft es jetzt am Härtesten:
- Gastronomie und Hotels: 5,8 Milliarden Euro Verlust
- Industrie: 5,2 Milliarden Euro Verlust
- Sport, Kultur und Unterhaltung: 2,1 Milliarden Euro Verlust
- Handel: 1,3 Milliarden Euro Verlust
Der innovative Automobilbau – Deutschlands Kernindustrie und Jobmotor – steckt nicht nur durch Corona, sondern vor allem wegen verschärfter Klimaauflagen von Bund und Ländern in der tiefsten Krise seiner Existenz. Laut Verband der Automobilindustrie (VDA) wurden in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres lediglich 2,8 Millionen Einheiten gefertigt. Das Produktionsergebnis bedeutet ein Minus von 30 Prozent! Auch das Exportgeschäft entwickele sich ähnlich: Hier betrage der Rückgang im laufenden Jahr (Januar – Oktober) mit nur knapp 2,1 Millionen exportierten Fahrzeugen ebenfalls minus 30 Prozent, berichtet der VDA.
Die Folge sind inzwischen Massenentlassungen bei allen Automobilherstellern von Pkw wie Lkw und ihren Zulieferern.
Zudem gilt vor allem in der Luftfahrtbranche „Alarmstufe Rot auf allen Decks“ – hier verdienen einschließlich des wirtschaftlichen Umfeldes noch insgesamt 800.000 Beschäftigte ihr Geld. Die Folgen der Pandemiepolitik für sie sind:
– Die Reisebeschränkungen bringen Luftverkehr erneut weitgehend zum Erliegen
– Es droht der Abbau von 60.000 Arbeitsplätzen.
– Zunehmende Verschuldung schwächt die Investitionskraft.
Ein geradezu düsteres Lagebild mit tiefroten Zahlen hat jetzt der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) gezeichnet. Der faktische November-Lockdown führe im Passagiergeschäft dazu, dass es im System Luftfahrt kaum noch Einnahmen gibt: Weder bei den Fluggesellschaften noch bei den Flughafenbetreibern oder den Airport-Geschäften. Auf das Gesamtjahr gerechnet gingen die Umsätze an den Flughäfen um cirka 52 Prozent zurück. Auch bei den Fluggesellschaften werde nur ein Bruchteil der Umsätze des Vorjahres erwirtschaftet. Zur Abwehr von Insolvenzen hätten sich die Fluggesellschaften und Flughäfen erheblich verschulden müssen. Die Folge: Sie schwächen ihre Investitionskraft. Das hat erhebliche Auswirkungen auf Industrie wie Baubranche in den nächsten Jahren. Die Corona-Restriktionen wirken sich verheerend aus. Seit der Ankündigung von Bund und Ländern, das Testen an den Flughäfen zugunsten einer Quarantäneregelung aufzugeben, sind die Passagierzahlen wieder stark rückläufig.
So fehlten im September an den deutschen Flughäfen 81 Prozent der Passagiere im Vergleich zum September 2019, meldet der BDL. Mitte Oktober lag der Passagierrückgang an den deutschen Flughäfen bereits bei 87 Prozent. In den kommenden Wochen würden sich die Passagierzahlen noch weiter verschlechtern. Ohnehin war schon die gesamte Verkehrsleistung der deutschen Fluggesellschaften in den ersten drei Quartalen des Jahres um 73 Prozent rückläufig.
Bei der Luftfahrt sind 60.000 Arbeitsplätze in höchster Gefahr
Derzeit befinden sich 60 bis 70 Prozent der Beschäftigten bei den Fluggesellschaften und Flughafenbetreibern in Kurzarbeit. Da sich die Verkehrszahlen nur langfristig wieder erholen, stehen bei den deutschen Fluggesellschaften und Flughäfen rund 60.000 von 255.000 Arbeitsplätze vor dem Aus. Das ist mehr als jeder fünfte. Selbst wenn irgendwann im nächsten Jahr ein Corona-Impfstoff zur Verfügung stehen würde, könnten bestenfalls erst im Jahr 2025 die Geschäfts- und Passagierzahlen von 2019 wieder erreichbar sein.
Deutschlands größter Flughafenbetreiber Fraport aus Frankfurt hat nach neun Monaten in diesem Jahr bereits mehr als eine halbe Milliarde Euro – genau 537,2 Millionen Euro – Verlust gemacht, teilte der Konzern diesen Mittwoch mit.
Obendrein schwebt der Berliner Pannen-Flughafen BER künftig nur knapp über der Insolvenz. Nach gut 14 Jahren, siebenmaliger Startverschiebung und jeder Menge Pleiten, Pech und Pannen konnte der neue Hauptstadtflughafen am 31. Oktober seinen Betrieb doch noch vollständig eröffnen. Der dramatische Passagiereinbruch durch Corona machte es möglich. Im Vollastbetrieb mit rund 40 Millionen Fluggästen jährlich wäre es womöglich für den BER-Start brenzlich geworden.
Dafür fliegt der Hauptstadt-Airport jetzt in eine neue Krise. Denn er ist pleite, bevor es richtig losgeht. Aus den ursprünglich veranschlagten zwei Milliarden Euro Kosten sind knapp 6,6 Milliarden Euro geworden. Bund, Berlin und Brandenburg mussten der Flughafengesellschaft allein in diesem Jahr Darlehen und Zuschüsse von über 300 Millionen Euro zuschießen, um den BER vor einer Zahlungsunfähigkeit im Startmonat Oktober zu bewahren. Experten prophezeien dem „Fluchhafen“ BER daher eine Insolvenz – womöglich eine von tausenden, die in den kommenden Jahren Wirtschaft und Gesellschaft noch schwer belasten. Das Wirtschaftsleben wird mehr und mehr eine Frage von Glaube und Hoffnung.