Alte weiße Männer müssen da vielleicht länger nachdenken, aber wir wissen es natürlich besser: Wenn im Magazin eines Journalistenverbandes von „Volontär*innen“ die Rede ist, dann können damit durchaus auch Männer gemeint sein. Das Magazin heißt „Journalist“ (der Titel ist noch nicht geändert!) und wird überwiegend auch von solchen gelesen. In der aktuellen Ausgabe erfahren die Leser dieser Fachzeitung etwas, das sie sowieso schon aus eigener Erfahrung in ihren Redaktionen wissen könnten: „Volontär*innen sind überwiegend weiblich, wählen grün und haben studiert.“
Die Befragten arbeiten alle beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, präziser: bei der ARD. Und es ist sicher keine Glaskugelleserei, nähme man an, dass das Ergebnis unter den Volontären der etablierten Printmedien nicht sehr viel anders aussähe.
Dass die Befragten fast alle studiert haben, liegt schlicht an den Bewerbungsbedingungen: „Die meisten ARD-Anstalten setzen für das Volontariat ein abgeschlossenes Studium voraus.“ Und das können in Deutschland mittlerweile 30 Prozent der jungen Leute vorweisen. Eine ähnliche Entwicklung wie auf dem Ausbildungsmarkt, wo immer häufiger Abiturienten Handwerksberufe erlernen wollen, weil die Unis überfüllt sind. Den Ausbildungsbetrieben hat das allerdings kaum geholfen, sie beklagen nach wie vor einen eklatanten Mangel an (brauchbaren) Bewerbern. In Hamburg gehörten sie schon 2014 zur größten Gruppe der Neueinsteiger in den Ausbildungsmarkt.
Die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst:
Würde am kommenden Sonntag der Bundestag gewählt, und nur besagte 86 Volontäre der ARD dürften teilnehmen, dann würde Grün-Rot-Rot auf 92,9 Prozent kommen. Die AfD als Oppositionsführer im Deutschen Bundestag beispielsweise bekäme nicht eine einzige Stimme. Vergleichend weiß Infratest Dimap, wie es um die 18- bis 39-Jährigen in Deutschland generell steht: Da sind es 49 Prozent für Rot-rot-grün. Zur Verteilung: Bei den Volontären bekommen die Grünen 57,1 Prozent, bei jungen Leuten insgesamt sind dass lediglich 27 Prozent. Zum Vergleich noch der Bundesdurchschnitt: Da sind es aktuell demoskopisch um 18 Prozent für die Grünen. Die CDU würde bei den Volontären der ARD übrigens an der Fünfprozenthürde scheitern.
Nun könnte man die politische Ausrichtung von Volontären getrost im Fach für Kuriositäten ablegen. Denn die haben ja noch nicht viel zu bestimmen. Allerdings gehen aus den Reihen der Volontäre idealerweise – zumindest der Idee einer solchen Ausbildung folgend – die Führungskräfte und Entscheider der ARD von morgen hervor.
Volontäre sind nicht Teenager oder Heranwachsende, sie haben ein Studium abgeschlossen. Und bedenkt man dazu die veränderte Zusammensetzung der Wähler der Grünen, die über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen verfügen und vornehmlich im Dienstleistungs- und Bildungssektor beschäftigt sind, wird ein Schuh daraus. Die Zukunft der ARD sieht demnach so aus: politisch stromlinienförmige rot-rot-grüne Mitarbeiter in einer Art Beamtenstellung bei den Öffentlich-Rechtlichen – hoch dotiert noch dazu.
Professor Gregor Daschmann vom Institut für Publizistik aus Mainz führt diese Entwicklung ebenfalls auf die 68er-Bewegung zurück: „Da sind viele Linke in den Journalismus gegangen, weil sie der Überzeugung waren, in den Medien für eine Veränderung einstehen zu können.“ Interessant wird es, wo der Professor attestiert, im Journalismus seien idealistische Motive, gesellschaftliche Missstände abschaffen zu wollen, immer noch stark verankert. Das mag ja stimmen, betrifft aber eher die etabliert dort Tätigen.
Nein, die Idee, sich ganz von den Idealen eines objektiven Journalismus zu verabschieden, ist ja gerade erst in den letzten fünf Jahren über ein Bekenntnis zum Haltungsjournalismus noch einmal eskaliert. Beispielsweise der Politmagazinmoderator Georg Restle spricht in einem ARD-eigenen Printmagazin davon, dass sich Journalismus angeblich in einem „Neutralitätswahn“ befände. Was ungefähr so wäre, als würde man etwa jenen, die die Einhaltung der Grundrechte und Gesetze fordern, einen Gerechtigkeitswahn unterstellen. Restle nennt das, was er will, verharmlosend einen „werteorientierten Journalismus“.
Durchaus attestieren darf man den Öffentlich-Rechtlichen außerdem eine Klientelpolitik. Denn zufällig passiert die Auswahl des eigenen Nachwuchses ja nicht. Und solchen Tendenzen kann, muss und sollte man auch gegensteuern, indem man die journalistische Berufung nicht einer Clique und deren politischem oder gar familiärem Nachwuchs überlässt, sondern in allen Bevölkerungsschichten für die Arbeit der Zwangsgebühren-Empfänger der ARD wirbt.
Das wäre übrigens eine weitere interessante Abfrage gewesen: Wie viele der Volontäre bereits über verwandtschaftliche und oder freundschaftliche Beziehungen von im ARD-Betrieb etablierten Mitarbeitern verfügen. Nicht dass am Ende herauskommt, dass die Klitsche noch viel einseitiger bestückt ist, als sich jetzt gerade am Beispiel der Volontäre herausgestellt hat. Die Prognose der Macher dieser kleinen Studie ist ebenfalls alles andere als rosig: „Die Untersuchung zeigt auch, dass die Öffentlich-Rechtlichen nicht darauf setzen können, dass sich Ungleichgewichte einfach herauswachsen, das gibt schon der Pool der Bewerber*innen nicht her.“