Auf sage und schreibe 11.700 Milliarden $ addieren sich nach den Zahlen des Internationalen Währungsfonds die bis Mitte September dieses Jahres aufgelaufenen öffentlichen Hilfsprogramme zur Bekämpfung der Pandemie. Das entspricht nahezu 12 Prozent der globalen Wertschöpfung. Etwa die Hälfte dieser unvorstellbaren Summe resultiert aus zusätzlichen Staatsausgaben und entgangenen Steuereinnahmen sowie zeitlich beschränkten Steuersenkungen. Das schließt anteilig auch die bis zum Jahresende in Deutschland reduzierte Mehrwertsteuer ein. Die andere Hälfte besteht aus Kreditgarantien, Kapitalspritzen und Liquiditätshilfen. Alle diese fiskalischen Krisen-Reaktionen treiben die öffentliche Verschuldung in diesem Jahr auf nahezu 100 Prozent der globalen Wertschöpfung. Doch der Verschuldungstrend in den G20-Ländern kennt seit vielen Jahren ohnehin nur eine Richtung: Er wächst und wächst und wächst. Ende 2019, also in der Vor-Corona-Ära, lag die öffentliche und private globale Verschuldung bereits bei fast 240 Prozent der Wertschöpfung.
Trumps US-Schuldenbilanz
In Trumps gesamter Amtszeit ist die öffentliche Verschuldung in den USA kontinuierlich gestiegen. Im traditionell Ende September zu Ende gegangenen aktuellen Fiskaljahr liegt das US-Bundesdefizit bei 3,1 Billionen $. Das entspricht 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Letztmals lag die Defizitquote im Kriegsjahr 1945 (!) mit 21 Prozent höher. Kein Wunder also, dass die USA inzwischen Schuldenquoten von weit über 100 Prozent des BIP aufweisen. Die kennt man bisher eigentlich vor allem von Ländern wie Italien, Griechenland oder Japan.
Die Mär vom schuldenfinanzierten Wachstum
Vor mehr als einem Jahr hat die Bank für Internationalen Zahlungsgleich (BIZ) in einem Forschungspapier den Begriff „dept trap“ (Schuldenfalle) aufgegriffen und untersucht, ob nicht gerade das von den Notenbanken bewirkte Niedrigzinsklima mit tiefen oder gar negativen Zinsen für eine Verstetigung des schwachen Wachstums sorge. Die These in Kurzfassung: Niedrige Zinsen führen zu noch tieferen Zinsen, verursachen Boom-Bust-Zyklen, münden in gigantischer Verschuldung und niedrigen Wachstumsraten. Denn die Notenbanken provozieren mit ihrer aggressiven Lockerung förmlich die Risikobereitschaft und das Leverage der Marktteilnehmer. In einer solchen Schuldenfalle ist eine Normalisierung der Geldpolitik, sprich die Wiederetablierung des Zinses, kaum mehr vorstellbar, ohne dabei der Wirtschaft massiv zu schaden.
Enteignung durch Schuldenschnitte und Inflation
Dass Politiker der selbst gestellten Schuldenfalle wieder entkommen, indem sie die Konsumausgaben der öffentlichen Hand durch Strukturreformen zurückfahren und gleichzeitig die Investitionen in den Kapitalstock – nicht nur in die Infrastruktur, sondern vor allem auch in Bildung, Forschung und Entwicklung – massiv verstärken, ist wohl ein frommer Wunsch. Auch mit einer Abkehr vom immer stärker werdenden Trend zu einer staatlich gelenkten Wirtschaft ist wohl kaum zu rechnen, obwohl wirtschaftliche Kreativität vor allem auf unternehmerischer Freiheit und nicht auf staatlicher Gängelung beruht. Viel wahrscheinlicher ist der kurzfristig so bequeme Weg, die kreditfinanzierte Volksbeglückungspolitik fortzusetzen, zumal auch die Anspruchshaltung vieler Wähler damit korreliert. Weil die Notenbanken mit ihrer Niedrigzinspolitik und ihrer immer stärkeren Monetarisierung der Staatsschulden als willfährige Handlanger parat stehen, wird es auf absehbare Zeit keinen geordneten Weg aus der Schuldenfalle geben.
Doch das alte Sprichwort: „Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht!“ hat auch Geltung in der Fiskal- und Geldpolitik. Überschuldungsblasen platzten historisch in schöner Regelmäßigkeit. Sie endeten nicht selten mit Totalverlust, weil Schuldner ihre Gläubiger nicht mehr bedienen konnten. Sie mündeten in harten Schuldenschnitten, Währungsreformen oder der heimlichsten Form der kalten Enteignung: der Inflation. Angesichts des Schuldenvirus, der den Globus befallen hat, wird es keine schmerzfreie Therapie mehr geben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.