Wenige Stunden nach dem Coronagipfel bei der Kanzlerin hatte es Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig zu Frau Maischberger nur per Videoschalte bis Köln geschafft. Dahin kann sie keine Kanzlerin befehlen. Schwesig war heute die besorgte Regierungschefin. Sie forderte von Risikogebieten, dass diese „ihre Bürger vom Reisen abhalten“. Für Schwesig hat dabei in erster Linie derjenige Verantwortung, der ein Risikogebiet hat. Vehement verteidigte sie dabei das Beherbergungsverbot für Mecklenburg-Vorpommern, das für Reisende aus Risikogebieten mit einer Inzidenz von mehr als 50 gilt, es sei denn, sie können einen negativen Corona-Test vorlegen oder begeben sich in Quarantäne. Mit einem Konzept für „sicheren Tourismus“ habe es ihr Land auch durch den Sommer geschafft „und wir haben immer noch die geringste Infektionszahl“.
„Die meisten Leute sind nicht so blöd, sie können das verstehen!“
Durch Souveränität und Realismus fiel die Welt-Journalistin Susanne Gaschke, einst SPD-Oberbürgermeisterin in Kiel, auf. Sie forderte ein differenziertes Abwägen bei Reisebeschränkungen und Beherbergungsverbot sowie im Gesamten eine bessere parlamentarische Arbeit. Ansonsten drohe ein ernsthaftes Demokratieproblem.
Wie Vince Ebert störe sie ebenso „die apokalyptische Rhetorik“ rund um den Kanzlergipfel. Angst sei kein guter Ratgeber.
Für den Physiker und Wissenschaftsjournalisten Ebert gibt es auch Alternativen, um die Pandemie zu bekämpfen. Wir seien im Übrigen eine Nullrisikogesellschaft, die versuche, jedes Risiko auf null zu minieren. Cerstin Gammelin, stv. Leiterin des SüZ-Hauptstadtbüros, widersprach umgehend: „Es gibt keine Alternativen zu dem, was heute vorgestellt wurde.”
„Ich finde es müßig, über Todesfälle zu reden, wir müssen auch andere Schäden betrachten“
Im Interview sah sich der Virologe Hendrik Streeck gezwungen, seinen gefallen Satz zu verteidigen, wonach auch 20.000 Neuinfektionen am Tag „uns keine Angst machen sollten“. Wenn wir einen großen Ausbruch in einem Altenheim haben und 50 Bewohner müssen ins Krankenhaus, dann sei das gravierender als 150 junge Raver mit Neuinfektionen und milden Symptomen.
„Es ist nicht das Killervirus wie wir dachten.“
Streeck hielt ferner die vom SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach genannte Zahl, dass es bei einer so hohen Infektionsrate zu 200 Toten am Tage komme, für viel zu hoch gegriffen. Er führte seine Heinsberg-Studie mit einer Sterblichkeitsrate um die 0,37 % an, wohingegen die von Lauterbach genannte Sterblichkeitsrate bei ein Prozent liegen würde. Lauterbach, der bereits vergangene Woche bei Maischberger eingeladen war, reagierte prompt empört auf Twitter mit einer Gegendarstellung.
Für Streeck ist es ebenso wichtig, über die vielfältigen Schäden wie verschobene Operationen zu reden, die durch die Corona-Pandemie verursacht werden. Es genüge daher nicht, nur auf die Sterbezahlen zu schauen. Außerdem sei die Situation Teil unseres Lebens, mit der wir leben lernen müssen. Da hat es also tatsächlich doch jemand gewagt zu sagen, dass Sterben zum Leben dazugehört.
Angst vor Corona und Trump
Eine Maischberger-Sendung wäre bald nicht mehr denkbar, wenn es keinen Anti-Trump-Block geben würde. Und natürlich wieder ohne Gegenmeinung. Maischberger sprach mit Mary L. Trump, der Nichte von Donald Trump und dem Politologen Stephan Bierling, die beide in diesem Jahr ein Buch über den US-Präsidenten veröffentlichen.
Ohne die subjektive Darstellung großartig zu hinterfragen, durfte die zugeschaltete Trump-Nichte darüber parlieren, dass aus den USA eine Diktatur werde, sollte Trump wiedergewählt werden. Was die Dame nicht erwähnte: Ein Diktator wird nicht demokratisch gewählt.
„Er hat in den vier Jahren fast nur für seine Wähler gearbeitet“, analysierte der Politologe Bierling. Ob Bierling auch unseren Grünen vorwerfen würde, dass diese bei Regierungsbeteiligung Politik für ihre Wähler machen?
„Sie wollen Trump aus dem Weißen Haus jagen“.
Bierling, der bereits in der Vergangenheit gegen einen Wahlsieg Trumps gewettet hatte, entgegnete der Frage, ob er glaube, dass Biden gewinnen werde, mit einem resoluten „Absolut!“. Die Demokraten seien „hochmotiviert“. Hat Herr Bierling jemals eine Wahlkampfveranstaltung von Joe Biden gesehen?
Ein Kompliment geht im Übrigen an Frau Maischberger, die die gegenderte Sprache in ihren Interviews perfekt beherrscht. Unsinn zu Perfektionieren ist gar nicht so leicht. Neuerdings scheint es bei ARD zur Pflicht zu werden, auf diese Art und Weise Zuschauer zu quälen. Mit dem Gefühl, dass wenigstens gelegentlich kritische Stimmen nun auch in einer Maischberger-Sendung allmählich lauter werden, verabschiede ich mich herzlich. Bis zum nächsten Mal. Aber da kann wieder alles anders sein – außer Genderquälerei. Die droht erhalten zu bleiben, notfalls gebührenfinanziert dagegen feuern, wie dem Volk der Schnabel gewachsen ist.