Tichys Einblick
Wahlkampf für Anfänger

Prima Klima im Politiksandkasten von Peter Altmaier

Altmaier geht es natürlich gar nicht ums Klima, sondern um den nächsten Wahlkampf der CDU, genauer gesagt: um Wahlberechtigte, die am wahrscheinlichsten die Grünen wählen werden, sofern sie es überhaupt tun.

Odd Andersen/AFP/Getty Images

Peter Altmaier ist die Inkarnation des Berufspolitikers 2020. Makro, Meso und Mikro sind bei dieser Funktionärsgattung zu einem einzigen Mimimimikro verschmolzen. Und das geht bei Altmaier im Anwendungsfall Klima so. Verkündungsfassung: eine „Charta für Klimaneutralität und Wirtschaftskraft“. Wow.

Als erstes setzt er ein Makro-Signal: „Wir wissen seit mehr als drei Jahrzehnten, dass wir mit fortschreitendem Klimawandel einer globalen ökologischen Katastrophe entgegensteuern“ …

Warum er damit das, was noch kommt, schon ad absurdum führt, später. Denn Altmaier geht es natürlich gar nicht ums Klima, sondern um den nächsten Wahlkampf der CDU, genauer gesagt: um Wahlberechtigte, die am wahrscheinlichsten die Grünen wählen werden, wenn sie es denn überhaupt tun.

Deshalb sagt Altmaier als Zweites (Hervorhebung von mir): »Es gebe derzeit zwar Ziele, wie viel CO2 bis jeweils 2030 und 2050 eingespart werden soll, doch über das Jahr 2030 hinaus fehlten konkrete Konzepte. Das habe dazu geführt, dass „viele junge Menschen an unserer Ernsthaftigkeit zweifeln“

Die Welt, die Altmaier zur Verkündung seines Klima-Mimimimikro auserkoren hat, verlinkt „viele junge Menschen” auch brav zu einem Welt-Bericht über Angela Merkel zu Audienz bei Greta Thunberg. Denn Altmaier ist aus seinen Kinderschuhen in der Bonner Pizza-Connection nie herausgewachsen.

Pizza-Connection? »Als Abgeordnete von CDU und Grünen in den 90er-Jahren erste Kontakte knüpften, trafen sie sich in Bonn beim Nobel-Italiener „Sassella“ – in einem Kellerraum, den man nur über die Küche erreichen konnte.« Armin Laschet klärte die Welt am Sonntag am Ort des Geschehens auf:

»In den letzten Jahren von Kohls Regierungszeit haben wir uns als junge Abgeordnete von CDU und Grünen an diesem Ort getroffen: Hermann Gröhe, Norbert Röttgen, Peter Altmaier, Ronald Pofalla und Eckart von Klaeden waren ebenso dabei wie Cem Özdemir, Christine Scheel, Rezzo Schlauch, Andrea Fischer und Matthias Berninger. Damals herrschte zwischen CDU und Grünen noch Funkstille. Aber wir waren 33 oder 34, hatten zusammen studiert. Vom Lebensgefühl standen uns die jungen Grünen näher als manche aus der eigenen Partei, die 30 Jahre älter waren.«

Nein, Altmaier ist nicht nur aus den Kinderschuhen der Pizza-Connection nicht herausgewachsen, sondern kindischer geworden, als er damals war. Denn jeder weiß, dass dieser Papiertiger einer Charta, wenn er denn überhaupt zustande kommt, an der bisherigen Wirkungslosigkeit bis Schädlichkeit der sogenannten Klimapolitik der grün-schwarz-roten Einfaltigkeitsfront nichts ändern würde.

Wenn Altmaier glaubt, das Signal Klima-Charta-Jugendliche reiche, um Wähler für die CDU im grünen Milieu zu gewinnen, sitzt er im Politiksandkasten. Dort hat er allerdings mit Giffey (Das Gute-Kita-Gesetz), Baerbock, Habeck und vielen anderen Berufspolitikern 2020 gute Gesellschaft zum Spiel mit den gleichen Förmchen der Bauserie Mimimimikro.

Das ist nicht das Ergebnis von »Kinder an die Macht«, sondern von »Kindischen an der Macht«.

Zum Makro sagte Altmaier: „Wir wissen seit mehr als drei Jahrzehnten, dass wir mit fortschreitendem Klimawandel einer globalen ökologischen Katastrophe entgegensteuern“ … Würde das stimmen, könnte keine Politik daran etwas ändern – weder Makro noch Mikro.

Irgend etwas in mir weigert sich, zu glauben, dass Altmaier wirklich so einfältig sein kann, der Wirkung solchen Mimimimikros in der Sache zu vertrauen. Aber es könnte gut sein, dass er einfach im Sommerloch nur eine paar Fleißpunkte bei seiner Herrin anschreiben wollte. Dafür reicht’s.

Wie sagte doch Laschet? »Vom Lebensgefühl standen uns die jungen Grünen näher als manche aus der eigenen Partei, die 30 Jahre älter waren.« Tja, heute Laschet, Altmaier und Co., stehen manche Grüne der Macht näher als viele in der grünschwarzen CDU. Wandel durch Annäherung wandelt nur die Annäherer.

Anzeige
Die mobile Version verlassen