Es bleiben einige Erkenntnisse, deren erste Unwissen bedeutet. Wie viele waren denn auf dieser Demonstration und im Umfeld? Die Polizei hat lange dazu nichts sagen wollen, denn mittlerweile ist klar: Zumindest in Berlin sind ihre Zahlen auch der politischen Linie untergeordnet. Nach dem Theater um die vorherige Demonstration, wo scheibchenweise die Zahl erhöhte wurde, wie wenn der Metzger immer noch eine Scheibe Göttinger drauflegt, bis das halbe Pfund voll ist – wir erleben einen dramatischen Vertrauensverlust. Das ist die erste Lehre.
1. Vertrauensverlust in die Politik
Nicht nur die Berliner Polizei hat Vertrauen verloren, auch die gesamte Corona-Politik erlebt ein Gaubwürdigkeits-Desaster. Dabei geht es nicht um Verharmlosung der Gefährlichkeit der Pandemie; die gibt es auch. Es geht um den richtigen Umgang. Es sind die offiziellen Zahlen, die in krassem Widerspruch zur öffentlichen Verlautbarung stehen. 240 Patienten derzeit auf den Intensivstationen, sinkende Infektionszahlen und immer noch niedrigere Prozent-Werte von Angesteckten und noch weniger Erkrankungen bei immer noch weiter ausgedehnter Suche – diese Zahlen rechtfertigen nicht die ständigen Drohungen der Merkel und ihrer Söder mit wieder verschärften Maßnahmen.
Es geht nicht darum, „die Zügel anzuziehen“ wie die Kanzlerin von oben herab zu einer infantilisierten Bevölkerung redet, sondern um Lockerung und Management eines mittlerweile erkennbaren und überschaubaren Risikos; Corona ist nicht die einzige Malaise in diesem Land. Der Lockdown vom März war überzogen, das wissen wir heute; die Warnungen eines Beamten aus dem Innenministeriums haben sich schaurig bewahrheitet. Gut; im Nachhinein etwas besser zu wissen, rechtfertigt keine Kritik an der Tagesentscheidung. Aber die Verlängerung des Lockdowns war Kraftmeierei, und die Überbetonung des konkreten Risikos ist Ursache eines Glaubwürdigkeitsverlusts der Politik; im übrigen, liebe Politiker, entspannt Euch.
Noch einen Lockdown würden die Bürger in diesem, unserem Land nicht mitmachen – und auch weder sozial noch wirtschaftlich aushalten, soviel Schulden könnt ihr gar nicht aufnehmen und soviel Geld könnt ihr gar nicht drucken. Als hört auf mit dem Gerede.
2. Es war bunt und divers
Die Demonstration war bunt und divers; Alexander Wendt und Alexander Wallasch haben das beschrieben. Immer wird ja Diversität und Buntheit eingefordert – nun zeigte sie sich und macht die Demonstration so schwer einzuordnen. Ein klares politische Ziel fehlt. Was genau soll jetzt geschehen? Das ging im Feiern und Fahnenschwenken ganz unterschiedlicher Farbkombinationen unter, von der Regenbogen- bis zur Kaiserfahne; sogar türkische Banner waren dazwischen, Bayerns Weißblau, Israel-Fahnen und die der USA und mehr. Es war jedenfalls bunt – anders als der Schwarze Block der Antifa. Offensichtlich steht eine bunte Bürgergesellschaft gegen die verordnete Einheitsgrauheit des rotgrünen Zeitgeists.
3. Signal der Unzufriedenheit
Was bleibt, ist ein Signal der Unzufriedenheit. Immer mehr Deutsche fühlen sich ganz offensichtlich in ihrem Land fremd. Deswegen suchen sie nach neuen Anführern, nach Putin, nach Jesus, Erdogan oder Kaiser Wilhelm oder Donald Trump: sie suchen jedenfalls nach jemandem, der ihre Welt wieder in Ordnung bringt, nachdem die Politik ständig neue Unordnung propagiert und herstellt. Täglich wird ihnen ihre komplette Unzulänglichkeit von der Politik eingeredet, sie konsumieren falsch, essen falsch, wählen zu oft falsch, führen ihren Hund falsch Gassi, essen zu viel Fleisch, sind zu rassistisch, zu alt, zu weiß, überhaupt zu einheimisch. Sie sprechen sogar komplett falsch und machen keine Gender-Pause und verstehen nicht, warum ein Urlauber ein Urlaubender sein soll und worin die Sünde des Urlaubers besteht. Dieses Unbehagen hat sich auf der Demo manifestiert. Die Welt ist kein Parteiprogramm der Grünen, das von der CDU umgesetzt wird. Die Leute wollen ihr Leben zurück, und die Corona-Gängelei ist nur der Höhepunkt einer ständigen Zumutung, die sich Politik nennt.
4. Der Rechtsstaat funktioniert – noch
Auch trotz aller impertinenten Maßnahmen der letzten Jahre, unsere rechtsstaatlichen Institutionen zu unterwandern und auszuhöhlen, die sichtbar darin gipfelten, dass man eine erklärte Verfassungsgegnerin zur Verfassungsrichterin machte – noch halten die wichtigsten Halteseile des Rechtsstaates. Das Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben so entschieden, wie sie zu entscheiden hatten, wenn das Grundgesetz noch gilt. Die Polizei in Berlin hat am Anfang markige Worte ihrer politisch, nicht fachlich berufenen Präsidentin geäußert und der Befürchtung Raum gegeben, es gäbe hier ein Gemetzel an politisch Unliebsamen. Vor Ort haben die Polizeiführer ruhig und angemessen reagiert. Bei so einer Menschenmenge kommt es zu Stauungen; ob die Polizei dies bewusst herbeiführen wollte, ist eine Vermutung, die sich eher aus den markigen Vorankündigungen speist. Das Masken-Gebot ist nicht durchgedrungen, aber was soll´s? Am Ende wurde gefeiert.
5. Rot-Rot-Grün ist verfassungsfeindlich
Wer die unsäglichen Äußerungen des Innensenators Geisel, des regierenden Bürgermeisters Müller sowie weiterer führender rot-rot-grüner Politiker nebeneinander legt, erschrickt. Die Stadt, ihre Bewohner und Besucher sind nicht das Privateigentum und auch nicht die Untertanen dieses Senats. Demokratie bedeutet, auch abweichende Meinungen nicht nur erdulden zu müssen, sondern ihnen sogar Raum verschaffen zu müssen. Der Senat von Berlin hat sein zutiefst undemokratisches Verständnis offenbart, erneut offenbart: Jede Woche duldet er gewalttätige Demonstrationen von Links, lässt besetzte Häuser nicht räumen, die No-Go-Räume wachsen, jedes Wochenende werden verfassungsfeindliche Parolen geschrieen und mit Fahnen signalisiert – das alles duldet der Senat. Dann demonstrieren die Bürger – und Berlin geht unter? Rot-rot-grün ist nicht gut für die Demokratie. Sie muss gegen diese Koalition verteidigt werden.
6. Links darf, rechts nicht
Es waren keine schwarzen Rauchfahnen über Berlin zu sehen, kein Auto brannte, kein Müllcontainer. Es gab einzelne Flaschenwürfe, nur einzelne Rangeleien und Rempeleien bis hinauf vor den Eingang des Reichstags. Man muss diesen Tag vergleichen mit den Auseinandersetzungen anläßlich des G-20-Gipfels in Hamburg oder den Attac-Krawallen in Frankfurt. Da drohten zwei Städte wirklich Raub des linken Mobs zu werden. Wer Gewalt oder Extreme sucht, der findet sie auch auf den Corona-Demonstrationen, aber es blieben Randerscheinungen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass linke Demonstrationen Brand und Brutalität von vornherein einplanen – die Kritik an einzelnen Rechtsradikalen ist berechtigt, aber hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Übrigens sind die Steinwürfe von Links auch an diesem Tag vermutlich zahlreicher gewesen als die von Rechts.
7. Wer die Demokratie verteidigt
Schön, wenn sich SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil mal bei der „Helden-Polizei“ bedankt, die die „Demokratie verteidigt“ habe. Sonst ist er ja mit seiner Partei nur dabei, der Polizei Rassismus zu unterstellen und sie zu schwächen. Eine kleine Nachhilfe für Klingbeil, ohne die Rolle der Polizei verkleinern zu wollen: Die Demokratie wurde durch die Verwaltungsgerichte verteidigt, gegen Rot-rot-grün und von den Demonstranten, die sich nicht haben einschüchtern lassen.
8. Ein Dank an Andreas Geisel
Der Berliner Innensenator gehört zu Recht zu den am meisten gescholtenen Personen des Wochenendes. Es wird Zeit, ihm Dank auszusprechen. Er hat versucht, die Demokratie durch das Demonstrationsverbot auszuhebeln. Bewirkt hat er, dass Gerichte, Bürger und auch die Polizei sich letztlich dagegen gewandt haben. Ohne Geisel wäre die Demonstration um vieles kleiner geblieben. Er hat eine Lehre darüber erteilt, wo die Feinde der Demokratie sitzen. Mittlerweile in vielen Regierungsämtern.
8. Abrüsten statt aufrüsten und zuhören
Merkel und ihre Partner im Geiste sollten nach dieser Demonstration aufhören, immer weiter gegen die Bürger aufzurüsten. Es wäre besser, mal wieder zuzuhören. Etwas Bescheidenheit gehört dazu; die Bürger sind keine Kleinkinder, die man nach Belieben wegsperren kann, wobei diese Erziehungsmethode längst untersagt ist. Oder über deren Köpfe man regiert, weil sie zu dumm sind, die höhere Weisheit der Regierenden zu verstehen.
In der FAZ vom Samstag bekräftigt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Absicht, die „Chance der Krise nutzen“ zu wollen. „Nutzen”, das sind für ihn Euro-Bonds, gemeinsame Schulden, Besteuerungsrecht der EU-Kommission, und zwischen den Zeilen wird die Beteiligung des Bundestags als lästig und hinderlich abgetan. Wem hat die Pandemie dafür dieses Mandat erteilt? Inwiefern hat das Virus verlangt, weitere Souveräntitätsrechte nach Brüssel abzugeben, von denen er spricht und die demokratische Kontrolle der Politik weiter aufzuweichen?
Es könnte sein, dass immer mehr Bürger bemerken, dass die Pandemie nicht bekämpft, sondern instrumentalisiert wird. Manche Politiker haben die Botschaft der Demonstration nicht verstanden. Jedenfalls noch nicht.