Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 32-2020

Außen grün, innen rot: Das grüne Personalaufgebot spricht für eine linke Bundesregierung

Ex-Verdi-Chef Frank Bsirske drängt es für die Grünen in den Bundestag. Auch sonst wimmelt es nur so von links gestrickten Bewerbern. Schwarz-Grün: passé?

imago images / Metodi Popow

Parteimitglied der Grünen war Frank Bsirske, der streitbare linke Gewerkschafter, schon, als er 2001 an die Spitze der mitgliederstärksten deutschen Gewerkschaft Ver.di gewählt wurde. Bis zum September 2019 führte er Ver.di 18 Jahre lang. Jetzt will der 68-Jährige für die Grünen in Niedersachsen in den nächsten Bundestag einziehen, muss dafür aber erst in dem von ihm ausgesuchten Wahlkreis Wolfsburg von der Parteibasis nominiert und dann von einem Landesparteitag auf einem aussichtsreichen Listenplatz positioniert werden. Dass ihm das nicht gelingt, gilt als eher unwahrscheinlich.

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Denn die Personalie Bsirske steht für eine Personalentwicklung bei den Grünen, die so gar nicht zur gesellschaftlichen Wahrnehmung einer künftigen schwarz-grünen Bundesregierung passt. Zwar scheint demoskopisch noch immer eine Zweier-Koalition aus Union und Grünen über eine ausreichende Mehrheit zu verfügen. Doch womöglich hievt der Scholz-Effekt die SPD im linken politischen Lager doch wieder in die Pole Position. Dann wird es zwar nichts mit Robert Habecks Blütenträumen vom Kampf um Platz 1 mit der Union. Dafür aber gerät eine Ablösung der Union aus der Bundesregierung und das Wunschprojekt einer selbsterklärten linken Reformkoalition in den grünen Fokus.

Schon in der aktuellen Bundestagsfraktion der Grünen sind die Realos deutlich in der Minderheit. Linke Positionen haben sich in der Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik längst festgesetzt. Mehr Staatsgläubigkeit und Etatismus als heute war bei den Grünen nie. Wirtschaftsliberale Positionen sind nur noch mit der Lupe zu finden. Aufrechte Kämpfer für eine nachhaltige Finanzpolitik, die unseren Kindern und Enkeln keine Schuldenberge hinterlassen wollen, werden gerade bei einer Partei schmerzlich vermisst, die so gern von Generationengerechtigkeit fabuliert. Als ehemaliger Insider behaupte ich, dass die grüne Bundestagsfraktion aus den Zeiten der ersten rot-grünen Koalition (1998 – 2002) mit ihrem Personal und ihren Inhalten deutlich überzeugender für eine Koalition mit der Union gestanden hätte als die heutige und erst recht die künftige Fraktion.

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Aus vielen Landesverbänden der Grünen hört man, dass links gestrickte Frauen und Männer sich gute Chancen auf aussichtsreiche Listenplätze machen können. Auch die sich im Bundestagswahlprogramm der Partei niederschlagende Programmatik wird – bei aller taktischen Weichgespültheit – vor allem aus neuen sozialpolitischen Verheißungen bestehen, unter dem Label Klimaschutz einem umfassenden staatlichen Interventionismus frönen und die Kosten des grünen Wolkenkuckucksheims tunlichst vernebeln.

Weil die Grünen mit Aushängeschildern wie Winfried Kretschmann auch konservativ-liberale Wähler an sich binden können, und nur so ihre demoskopischen Prozentzahlen erklärbar sind, werden sie allerdings nicht zu offensiv für eine Koalition mit der SPD und der Linken werben. Sie werden sich auch die schwarz-grüne Option taktisch offenhalten, um möglichst viele Stimmen ihres sehr heterogenen Wählerpotentials an sich zu binden. Doch im Zweifel und bei der nötigen Mandatsmehrheit für eine linke rot-grün-rote Bundesregierung werden sie nur zu gern einsteigen.

P.S.: Weil auch die Grünen das Zitat von Franz Müntefering: „Opposition ist Mist!“ nur zu gut kennen, werden sie allerdings im Bedarfsfall, wenn die linke Regierungsmehrheit doch nicht zustande kommt, auch mit der Union ins gut gemachte Koalitionsbett steigen. Denn nach 16 Jahren Opposition werden auch linke Grüne diese schwarze Kröte schlucken.

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