Tichys Einblick
Alles fließt

1. FC Köln mit der neuen Kölner Moschee auf der Brust als Teil der Skyline der Stadt am Rhein

Bemerkenswert bleibt bei dieser Sommerloch-Geschichte auf jeden Fall eine merkwürdige Verschämtheit gepaart mit einer gleichzeitigen Rotzigkeit und dem dringenden Wunsch, offensichtlich dort gut anzukommen, wo man die Wächter des Korrekten sieht.

Der 1. FC Köln hat seine Fans auf eine Humorprobe geschickt, als der Verein vor fünf Jahren einen Trikotentwurf des Ausrüsters präsentierte, der angelehnt an die Roten Funken wie ein Uniformrock aussah. Ein Spaß für das damalige Derby gegen Mainz als eine weitere Karnevalshochburg der Region. Die Partie in Köln ging 2015 übrigens torlos zu Ende.

Fünf Jahre später ist der Spaß etwas subtiler angelegt oder es ist gar nicht so spaßig gemeint, was der Verein da seinen Fans Spaßiges oder eben nicht für die Trikots bei Auswärtsspielen präsentiert: Die neue Kölner Moschee auf der Brust als Teil der Skyline der Stadt am Rhein.

Wenn das so ist, stehen Ultras ab jetzt stellvertretend für den #effzeh. https://t.co/QEuZGAfLEZ

— Seyran Ates (@SeyranAtes) August 11, 2020

Nein, das eigentliche Logo bleibt inhaltlich, wie es ist, dort sind der Geißbock und der Kölner Dom zusehen. Köln bzw. der 1. FC bleiben also einstweilen im Kern traditionell christlich geprägt, aber die Skyline der Stadt habe sich nun mal verändert, die Moschee sei hinzugekommen, erfahren wir auf Nachfrage beim Verein.

Und wenn nun, wie früher schon öfter geschehen, auch die Kölner Skyline die Trikots zieren soll samt Rhein, Stadion, Brücke usw., dann wäre die Moschee eine Auslassung, so ein Sprecher des Vereins am Telefon. Der weist uns auch gleich auf die mögliche Problematik hin, dass die große Synagoge nicht abgebildet ist. Aber die sei nun mal nicht Teil der Skyline. Es ginge hier nur um die Skyline, betont er. Aber auch hier wäre man noch am Überlegen, denkbar wäre in Zukunft vieles.

Und ein Sprecher verweist noch auf eine Besonderheit der Präsentation des rosa Trikots vor Regenbogenfarbe – ein Coup, denn damit würden hier auch mögliche homophobe Anwandlungen quasi im Keim erstickt. Es wird immer besser, die politischen korrekten Fallstricke die man sich da von Vereinsseite gelegt hat, immer länger.

Aber was hätte man auch tun sollen? Die Skyline weglassen oder so abbilden wie sonst auch? Irgendwer wäre auf die Idee gekommen, dass da jetzt die Moschee fehlt.

Wir fragen also nach der Entstehungsgeschichte so eines Trikots. Da ist der Ausrüster mit seinen Designabteilungen mit im Boot, ebenso, erfahren wir, wie die Fachleute aus der Merchandising-Abteilung des FC. Es gäbe sogar echte Trikot-Junkies unter den Mitarbeitern, die in jeder Saison fachlich unterstützend ihre Ideen einbringen. Und die abschließenden Entwürfe werden einer so genannten „Trikot-Kommission“ vorgelegt, an der auch Vertreter der Fans teilnehmen. Dort hätte es aber keine Proteste gegeben wegen der Moschee in der Skyline.

Wichtig ist dem Sprecher auch zu erwähnen, dass hier nicht DITIB als Betreiber der Moschee unterstützt werden soll. Und so allmählich kann einem so ein Sprecher auch leid tun, denn unter dieser Skyline scheint sich ein Loch ohne Boden aufzutun oder gar die Büchse der Pandora, wenn dann als Gegengewicht quasi wieder bekräftigt werden muss, dass das Logo auch weiterhin Dom und Geißbock zeigen würde.

Jetzt gibt es in Köln sicher eine hohe Zahl auch an türkischstämmigen bzw. muslimischen Fans mit einer satten Portion Lokalpatriotismus, wenn auch türkische Vereine bei diesen Fans oft noch die erste Geige spielen. Aber auf die Frage, wie es denn im Verein selbst aussehe beispielsweise mit Gebetsräumen oder besondere Halāl-Regeln in der Kantine, ist darüber nichts bekannt. Das sei bei Spielern mit muslimischen Hintergrund Privatsache.

Man kommt ins Grübeln: Wäre der Geißbock zuvor ein Glückschwein gewesen, möglicherweise wäre man nun auf Ziege oder Schaf oder Ochse als Maskottchen umgestiegen? Dem Zufall sei Dank, hat sich wenigstens diese Frage so nicht gestellt. Aber wir stellen die Frage trotzdem und es fällt schwer, dabei nicht zu grinsen.

Und so dreht sich viel um eine verschämt anmutende Ton-in-Ton-Skyline, die man auf dem Trikot wirklich suchen muss und die wohl erst dann richtig sichtbar ist, wenn die Trikots in der Waschtrommel routieren. Ein Fan sah es anders, trat aus dem Verein aus und bekam vom 1. FC noch werbewirksam etwas hinterhergerufen, wie es PR-Abteiilungen heute nur allzu gerne praktizieren und bei der Politisierung auch jedes Mal den Backlash unterschätzen.

Was man dabei auch nicht vergessen darf: Die Stadien sind wegen der Corona-Maßnahmen leer. Die Frage, ob ein Fußballclub auch ohne aktive Fans auskommt, ist längst gestellt, aber eben aus anderen Gründen. George-Floyd-Hinknien, öffentlichkeitsstarke Antwortschreiben an von Skyline-Modifizierungen enttäuschte Fans und dann wieder Debatten um einen homophoben Islam, dem man allen Ernstes mit rosa Trikots und einem Regenbogenpanorama begegen will. Was für eine Slalomfahrt durch den Raubtierkäfig des politisch Korrekten!

Jetzt sind Fußballvereine zumindest der landläufigen Auffassung nach basischen Zusammentreffen von Menschen, die es nur dann kompliziert mögen, so es um endlose Debatten rund um diese 90 Minuten geht, die ihnen die Welt bedeuten. Da erscheint dieses ganze Theater drumherum, als hätte die PR-Abteilung der Fleischindustrie mit der der Fußballvereine fusioniert. Man will, aber man kann nicht immer so dreimalklug wie die anderen. Und so wird dann die Welt der Medien zum Haifischbecken, nur weil ein Schatten in Moscheeform so ein bisschen verhuscht übers Auswärtstrikot des 1. FC Köln gewandert ist und dazu die Regenbogenflagge geschwenkt wurde, um Homophobie wiederum den Garaus zu machen.

Es ist so kompliziert. Und sicher für die Vereinsführung nicht sonderlich tröstlich, dass es auch anderswo Fettnäpfchen gibt, wo beispielsweise eine Muslima (oder ist sie gar keine?) als Senatorin in Berliner Kneipen Alkoholverbote wegen Corona fordert und das dann schräg ankommt bei manchem Biertrinker, oder wo Frontal 21 schärfere Gesetze diskutiert für die Abbildung von Busen und Po, wo die Brigitte parallel mal wieder fragt, was dem erotisierten Mann wohl lieber ist, und sich Frontal 21 ja auch mal im Iran oder Saudi-Arabien umschauen könnte, wo es ja schon entsprechende Gesetze gibt, die man zu Rate ziehen könnte.

Bemerkenswert bleibt bei dieser Sommerloch-Geschichte auf jeden Fall eine merkwürdige Verschämtheit gepaart mit einer gleichzeitigen Rotzigkeit und dem dringenden Wunsch, offensichtlich dort gut anzukommen, wo man die Wächter des Korrekten sieht, wo man auch in den öffentlichen Debatten punkten will, anstatt sich auf die Punkte zu konzentrieren, die wichtig sind, so man ein Fußballverein ist. Übrigens einer mit Tradition.

Ach, wie sehnt man sich da solche Führungspersönlichkeiten auf dem Platz zurück, wie den legendären Toni Schumacher, der von 1974-1987 Stammtorwart des 1.FC Köln war. Toni hätte hier seinen Senf dazugegeben. Und sicher nicht zu knapp.

Anzeige
Die mobile Version verlassen