Noch am Sonntag berichtete TE über Frank-Walter Steinmeiers Auftritt beim Südtiroler Landeshauptmann, darüber, dass der Deutsche Bundespräsident auch während seines Urlaubs im benachbartem Ausland keine Veranlassung oder Notwendigkeit erkennen ließ, sich an die dortigen Corona-Maßnahmen zu halten.
Nun gut, wie wir ebenfalls seit Sonntag wissen, verzichten tausende Deutsche absichtsvoll auf Mund- und Nasenschutz und nutzten das vergangene Wochenende, um in Berlin ihrem Unmut über die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung Ausdruck zu verleihen. Ist der deutsche Bundespräsident gar selbst so ein Protestler? Steht er an der Spitze der Bewegung?
Weit gefehlt. Offensichtlich hat Frank-Walter Steinmeier bezüglich seiner Haltung in dieser Sache Siebenmeilenstiefel an: Wo er anlässlich seines „schon traditionellen Sommerurlaubes“ in Südtirol ein Ischgl-mäßiges Risiko eingeht, hat der Bundespräsident kein Problem damit, sich zurück daheim vor die Kameras hinzustellen und via offiziellem Bundespräsidenten-Facebook-Kanal dem deutschen Michel den Oberlehrmeister in Sachen Corona-Maßnahmen zu geben.
Zunächst wünscht uns der Sozialdemokrat, dass wir im Urlaub Erholung gefunden haben und „im wahrsten Sinne des Wortes einmal durchatmen konnten nach den schwierigen Wochen, in denen das öffentliche Leben zum Stillstand gekommen war.“
Schon hier scheint er vergessen zu haben oder wissentlich zu ignorieren, dass es jetzt Millionen Deutsche mehr gibt, die seit Beginn der Corona-Maßnahmen der Regierung eben das nicht mehr können: locker durchatmen. Warum? Weil nicht nur kein Urlaub mehr da ist, sondern nicht einmal mehr eine Arbeitsstelle.
Frank-Walter Steinmeier erklärt uns stattdessen, er hätte noch ein paar Tage Resturlaub. Wie schön für ihn. Was wiederum die Frage aufwirft, wie das beim vom Bürger angestellten Bundespräsidenten eigentlich ist: Gibt es da klare Urlaubsregelungen? Muss Steinmeier beispielsweise bei Krankheit irgendwo einen gelben Schein abgeben und riskiert dabei, gefeuert zu werden, wenn der bundespräsidiale Schnupfen zu lange anhält?
„In diesem Sommer können wir wieder reisen“, sagt er. Aber wer ist „wir“? Wohin soll die Reise hier gehen? Und wer soll die Sause dann bezahlen? Restaurants und Cafés seien wieder geöffnet. Aber auch da muss man Scheine auf den Tisch legen. Da muss die Munition aus der Bazooka aufschlagen, da muss das Geld ankommen, dass so vollmundig versprochen und doch bei viel weniger Menschen in Corona-Maßnahmen-Not angekommen ist.
Steinmeier selbst sind die Corona-Maßnahmen jedenfalls sichtlich schnuppe, wenn der oberste Deutsche urlaubt. Zuhause lässt er dann vor samtweißem Vorhängen mit deutsch-akkuratem Faltenwurf und mit imaginärem Drohfinger verlauten, wir sollen weiter Abstand halten, „die Hygieneregeln beachten“ und „Mund- und Nasenschutz dort tragen, wo es empfohlen wird.“ Ah – so wie in Südtirol, „wo ab dem 10. Juni die Abstandsregel von einem Meter in offenen und geschlossenen Räumen statt der bisherigen zwei Meter“ gilt? („Wird dieser Abstand von einem Meter unterschritten, ist es Pflicht, Mund und Nase zu bedecken.“) Quelle: hier.
Steinmeier ist froh darüber, „in einem Land zu leben, indem sich so viele Menschen von Vernunft, von Verantwortungsgefühl und Solidarität leiten lassen.“ Aber der Zwischenerfolg dürfe uns nicht leichtsinnig machen. Wir dürften nicht nachlässig werden im Kampf gegen die Pandemie, erklärt uns der Bundespräsident, der uns zugleich sein Urlaubsfoto sendet, das ihn in Körperkontakt mit einer Animationskapelle zeigt.
Dem also offenbar nicht nur die Corona-Maßnahmen für sich selbst vollkommen schnuppe sind, sondern dem es herzlich egal ist, was der Bürger davon hält, der Strafen bezahlen muss, der sich drangsalieren lassen muss, sollte er sich so verhalten, wie der erste Mann seines Landes im Südtirol-Urlaub. Wie bigott, wie selbstgefällig, nein, wie hochnäsig ist das eigentlich?
„Nein, die Pandemie ist nicht vorbei, sie ist nicht überstanden“, beschwört Steinmeier. Mancher Bürger könnte meinen, dass die Regierung diesen ganzen Mummenschanz der Repressionen gerne noch so lange hinziehen möchte, bis die Wahlen 2021 erledigt sind, um Demonstrationen und oppositionellen Wahlkampf im Sinne der Parteien zu disziplinieren und eine außerparlamentarische Opposition unter den Corona-Maßnahmen hinter Gesichtslappen zu verstecken, von denen unser Bundespräsident in seiner privaten Sommerfrische offenbar gar nichts hält.
„Die Verantwortungslosigkeit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle. Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler“, sagt uns ausgerechnet jener Bundespräsident, der sich kurz zuvor noch mundschutzlos an die Südtiroler Musikantinnen schmiegte.
Darüber hinaus würden wir die Erholung „unser Gesellschaft, unser Wirtschaft und unsere Kulturlebens“ gefährden. Wir alle wären jetzt verantwortlich dafür, ob es einen zweiten Lockdown geben wird oder eben nicht. Der Staat droht seinen Bürgern via Facebook aus dem Mund des urlaubsgebräunten Bundespräsidenten.
„Der Weg zurück zur Normalität, den wir uns doch alle wünschen, geht nicht über Leichtsinn, Sorglosigkeit und Ignoranz.“ Ja, da hat Frank-Walter Steinmeier recht. Der Weg zurück zur Normalität fängt da an, wo der sozialdemokratisch-grüne Mummenschanz ein Ende findet und das Land in einem jetzt schon äußerst mühsam erscheinenden Prozess möglicherweise irgendwann wieder zu so etwas wie Verlässlichkeit für die Menschen im Land zurückfinden kann. Das funktioniert dann aber selbstredend nur ohne Steinmeier.