Follower sind keine Fans. Zumindest bei Twitter. Follower sind auch Beobachter. Sie möchten wissen, was jemand tut, von sich gibt. Und doch schmeichelt es dem Zwitscherer, wenn seine Tweets auf positive Resonanz stoßen. Denn es steigert das Selbstwertgefühl, wenn aus der Gemeinde der Folgenden Applaus kommt. Und es frustriert, wenn dieser ausbleibt, und kann zu weiteren, kommunikativen Höchstleistungen und auch zu Tiefflügen anspornen. Wer diesem Wechselbad der Gefühle permanent ausgesetzt scheint, ist niemand Geringerer als die SPD-Größe Ralf Stegner. Wobei – genau betrachtet ist es bei jenem Mann, der von seinen Fans liebevoll „Pöbel-Ralle“ genannt wird, nur selten ein Wechselbad. Es gleicht oft eher einem Dauerfrust, der am Twitterer Stegner nagen muss.
Ralf Stegner darf sich, Stand 20. Juli 2020, bei Twitter über 58.646 Follower freuen. Das klingt nach nicht wenig – relativiert sich jedoch allein schon mit Blick auf die Mitgliederzahl der SPD, die bei über 400.000 liegt. Dennoch stünde zu erwarten, dass jemand, der regelmäßig und mehrmals am Tag zwitschert und sich selbst eine hohe Bedeutung in der Hierarchie der deutschen SPD zuweist, über einen Twitter-Fanclub verfügt, der sich in zigtausenden oder zumindest zig Reaktionen äußert. Aber den hat Stegner nicht. Ganz im Gegenteil dürften die Zahlen derer, die des Stegners Tweets mit einem Like beglücken, dem nach Schleswig-Holstein umgesiedelten Pfälzer regelmäßig die ohnehin offensichtlich nicht allzu häufig gute Laune verderben.
Das Ritual des Musiktipps
Beginnen wir mit dem Blick auf das Stegner’sche Ritual. Der Mann, der 1992 an der Universität Hamburg mit dem Thema „Theatralische Politik made in USA. Das Präsidentenamt im Spannungsfeld von moderner Fernsehdemokratie und kommerzialisierter PR-Show“ zum Dr. Phil. promovierte, hat es sich zur Gewohnheit gemacht, seine Follower alltäglich mit einem „Guten Morgen aus Bordesholm. Mein Musiktipp für Euch da draußen im digitalen Orbit …“ – hier folgt zumeist irgendein mehr oder weniger großer Hit aus den Jugendtagen des heute 61-jährigen – zu begrüßen. Sein Musikgeschmack scheint allerdings an der Masse seiner Follower vorbeizugehen. So verfügte der Musiktipp des 20. Juli nach sechs Stunden gerade einmal über neun Likes. Noch kläglicher erging es dem Musiktipp des Vortages. Der konnte nach rund 30 Stunden gerade einmal drei Follower begeistern. Etwas mehr Zustimmung hatte der Musiktipp vom 17. Juli generieren können; der freute sich nach über 48 Stunden immerhin über sechs Likes. Auf die Benennung der jeweiligen Musikvorschläge soll an dieser Stelle verzichtet werden – wir täten den Musikern Unrecht, die keine Verantwortung dafür tragen, ausgerechnet von Stegner in die Aufmerksamkeitslosigkeit geschleudert zu werden.
Tiefschürfendes aus der 8.000-Seelen-Gemeinde
Selbstverständlich beschränkt sich der SPDler nicht auf den alltäglichen Musiktipp. Schließlich ist das Anliegen des bekennenden Antifaschisten eines, welches er selbst als politisch betrachtet. Folglich meldet er sich aus seinem Wohnsitz in der knapp 8.000 Einwohner zählenden Gemeinde Bordesholm, gelegen im Kreis Rendsburg-Eckernförde, mit tiefschürfenden Politik-Betrachtungen zu Wort. Hierbei folgt er der geistigen Verengung, die bereits bei seinem eingängigen Musikhorizont unverkennbar ist. Stegner zeichnet sich dadurch aus, dass es ihm an konstruktiven Ideen für die Zukunft des Landes gänzlich mangelt. Stattdessen ergötzt er sich an Beleidigungen politischer Gegner und dem Niederknüppeln böser Kapitalisten, welche für ihn grundsätzlich alle „rechts“ stehen.
Das müsste doch eigentlich für deutliche Begeisterung sorgen. Sollte man zumindest meinen, bei jemandem, der sich als Berufspolitiker immer wieder an exponierte Stellen geschoben hat und – wie gesagt – über fast 59.000 Follower bei Twitter verfügt. Doch irgendwie will es dem Experten für Theatralik in der Politik nicht gelingen, den richtigen Ton zu treffen, um Resonanz hervorzubringen.
Stegner versus Trump
Schauen wir auf des Stegners Tweets vom 15. zum 20. Juli und konzentrieren wir uns angesichts des getwitterten Dauerfeuers auf einige Schwerpunkthemen. Auffällig bei Stegner ist, dass er sich im Wesentlichen auf Themen konzentriert, von denen er meint, sie skandalisieren zu können. Das hat er offensichtlich im Rahmen seiner Doktorarbeit gelernt, denn es entspricht in vielerlei Hinsicht dem Vorgehen von Donald Trump, welcher dennoch ein Hassobjekt des naturalisierten Schleswig-Holsteiners ist. „RealDonaldTrump“, der ähnlich twitteraktiv ist wie Stegner, stand allerdings in den besagten fünf Tagen nicht im Mittelpunkt des Interesses des gescheiterten Möchtegern-SPD-Vorsitzenden. Lediglich vier „Schüsse“ gegen den US-Präsidenten feuerte „Ralle“ ab – und erhielt dafür sage und schreibe zwischen 14 und 93 Likes:
14 Likes am 15. Juli: „Zum Glück ist diese unsinnige Fehlentscheidung von Trump korrigiert worden. Ich war selbst von 1987-1989 Mc Cloy Scholar an der großartigen Kennedy School of Government der Harvard University und freue mich für die vielen internationalen Studierenden in den USA“ – Es ging um das Aufenthaltsrecht von ausländischen Studenten in den USA, die keine Präsenzveranstaltungen besuchen.
15 Likes am 17. Juli: „Wenn Trump das erfährt, hört er vielleicht auf, Chlorox zu trinken … aber wahrscheinlich tut er es erst recht“ – Reaktion auf eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, wonach Hydroxychloroquine unwirksam bei Covid-19 sind.
52 Likes am 17. Juli: „Die türkische Justiz versucht Erdogans Kampagnen gegen die Pressefreiheit mit Unrechtsurteilen gegen unbequeme Journalisten zu unterstützen. Das imponiert bestimmt dem Gesinnungsfreund in Washington“ – Es ging um das Urteil gegen einen Mitarbeiter der Welt-Redaktion in der Türkei.
93 Likes am 15. Juli: „In den USA, Brasilien und Indien wütet das Coronavirus und die Regierungschefs tragen alles dazu bei, dass das so bleibt. Vielleicht bekommt ja wenigstens das Großmaul Donald Trump dafür von seinem Wahlvolk die Quittung und wird aus dem Weißen Haus gejagt.“
Offensichtlich sind für die Stegner-Gemeinde die weltpolitisch überaus bedeutsamen Angriffe eines Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein nur von geringer Bedeutung. Nachvollziehbar, verfügt der US-Präsident doch mit aktuell 83.847.144 Followern und in der Regel zwischen 50.000 und 500.000 Likes über ein deutlich anderes Format.
Stegner und die EU
Selbstverständlich muss sich ein bedeutender Politiker wie Stegner auch zu den Vorgängen im fernen Brüssel äußern. Allerdings unnötig: Die Like-Quoten bewegen sich zwischen 12 und 45. Das Thema kommt bei den Stegner-Followern nicht an.
12 Likes am 19. Juli: „Ruhiger Sommersonntag im Norden. In Brüssel quält sich der EU Gipfel dahin und noch immer keine Einigung in Sicht. Dabei ist ein gemeinsam handelndes soziales Europa so wichtig wie nie – nicht nur zur aktuellen Krisenbewältigung sondern aus globaler Verantwortung!“
15 Likes am 20. Juli: „Immer noch keine Einigung beim EU Gipfel in Brüssel. Wenn nicht noch last minute Vernunft einkehrt, wäre das ein bitterer Rückschlag für die Krisenbewältigungsfähigkeit Europas. Wenn nationaler Egoismus Vorfahrt hat (siehe USA) sieht es zappenduster aus.“
45 Likes am 18. Juli: „Zäher EU Gipfel in Brüssel. Ob sich Europa zu einem gemeinsamen Kurs durchringt und entschlossene Krisenbekämpfung mit einem sozialen und handlungsfähigen Europa verbindet? Wird schwer, angesichts geiziger Egoisten+derer,denen europäische Werte+Rechtsstaatlichkeit schnuppe sind.“
Stegner und der Koalitionspartner
Wer es vergessen haben sollte: Die SPD befindet sich auf Bundesebene in Koalition mit der Union. Doch Stegner denkt weiter – schließlich will der immer wieder Gescheiterte 2021 für den Wahlkreis Pinneberg als Direktkandidat antreten, um seinen politischen Unverstand künftig auch im Bundestag präsentieren zu können. Also wird in Maßen gegen den Koalitionspartner gekeilt. Dabei versucht sich Stegner gelegentlich auch als Dichter von Knüttelreimen. Allzu große Begeisterung bei seinen Followern löst aber auch dieses nicht aus. Das lässt die Befürchtung wachsen, dass Stegner, sollte er tatsächlich kandidieren, seinen Misserfolg von 2009 wiederholt. Damals trat er für die Nord-SPD als Spitzenkandidat um das Amt des Ministerpräsidenten an und schaffte es, seine Partei um satte 13,3 Prozentpunkte bzw. 34,4 Prozent auf 25,4 Wählerprozente zu schrumpfen. Das war das schlechteste Ergebnis, das die SPD in Schleswig-Holstein bis zu diesem Zeitpunkt jemals einfuhr. Spätestens seit dieser Abstrafung heftet das Prädikat „Wählergift“ an ihm wie ein zähes Kaugummi.
9 Likes am 19. Juli: „Stegner: SPD wird sich ohne Merkel wieder leichter tun – Politik Inland“ – Stegner zitierte hier sein Zitat aus einer Boulevardzeitung.
27 Likes am 15. Juli: „Große Bavaria 1 Bühnenshow vom Ludwig II. 4.0, dem Söder Markus, mit der einst von seiner CSU bis aufs Messer bekämpften inzwischen wieder umfragehochprozentigen Kanzlerin Angela Merkel am Herrenchiemsee. Üppige Inszenierung – eine simple Botschaft: Ich will und ich kann Kanzler!“ – Anmerkung: Korrekt hätte es „auf Herrenchiemsee“ heißen müssen. Aber offenbar hat sich die Tatsache, dass Herrenchiemsee eine Insel im Chiemsee ist, noch nicht bis Bordesholm herumgesprochen.
32 Likes am 19.Juli: „Der Friederich, der Friederich, / Das ist ein arger Wüterich, / Die Grundrente will er schon wieder killen, / Mensch Fritz, nimm lieber Deine Pillen …“ – Anlass bot eine Aussage des CDU-Parteivorsitzbewerbers Friedrich Merz.
Stegner und Tönnies
Selbstverständlich kann ein Stegner an den Vorgängen um den Fleischfabrikanten Tönnies nicht vorbeigehen, eignet sich doch kaum ein anderes Thema so gut, um der Abscheu gegen die menschenverachtenden Kapitalisten und das Schweinesystem im Sinne seiner antifaschistischen Gesinnung Luft zu machen. Und offenbar kommt er angesichts der bundesweiten Skandalisierung damit ein wenig besser bei seinen Followern an als mit Konkurrenz-Bashing. Immerhin brachte es der erneute Versuch eines Knüttelreims sogar auf deutlich über 100 Likes.
10 Likes am 17. Juli: „Meine Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber hat gestern nochmal unsere Vorschläge der SPD Landtagsfraktion vorgestellt, mit denen wir den Missständen in der Fleischindustrie begegnen wollen: Stützung regionaler Strukturen,Verbot der Leiharbeit, Tierwohl, Arbeitsschutz, Kontrollen.“
13 Likes am 14. Juli: „Erstens: Rechtstreue gilt immer. Wer Anträge auf Hilfen stellt ohne Anspruchsberechtigung bekommt nichts, wer falsche Angaben macht wird strafrechtlich belangt. Zweitens sind die Coronahotspots in der Fleischindustrie und damit auch Schließungen offenkundig selbst verursacht.“
48 Likes am 15. Juli: „Die Sauerei geht weiter“
68 Likes am 16. Juli: „Bei Tönnies&Konsorten geht die Schweinerei weiter. Staat sollte Schadensersatz fordern statt auch noch Staatsknete in Aussicht zu stellen. Strafrechtliche Konsequenzen müssen unabhängig davon geprüft werden. Schluss mit Lohnsklaverei,Tierquälerei+industriellem Billigfleisch!“ – Anmerkung: Hier geht es um Steuergelder, nicht um „Staatsknete“. Das allerdings einem dunkelroten Sozialisten begreiflich machen zu wollen, ist in etwa so erfolgversprechend, wie einem Hahn zu erklären, dass der komische Zweibeiner ihm die Körner nicht aus Nächstenliebe hinwirft.
94 Likes am 18. Juli: „Auf der nach oben offenen Dreistigkeitsskala der unumstrittene Rekordhalter: Unmögliche Arbeits- und Wohnbedingungen für osteuropäische Lohnsklaven,selbst verschuldete Coronahotspots,Schaden für die ganze Region, Unschuldsmine,Opferpose, Forderungen für Staatsknete,Attacke,Gier“ – Anmerkung siehe oben.
173 Likes am 19. Juli: „Heut wird die Sau geschlacht, / heut wird Profit gemacht … / und der Herr Tönnies lacht / Wenn dann der Rubel rollt / Staatsknete wie gewollt / linksgrün sich wieder trollt / der Bulgare wieder schuftet / Tier-+Arbeitsschutz verduftet / heut wird die Sau geschlacht / heut wird die Wurst“
Stegners Privates
Auf so gut wie keine Begeisterung stoßen bei den Followern Stegners private und privat-politische Mitteilungen. Lediglich ein humorlos-gequälter Kommentar auf den Artikel eines Tagesmagazins aus München brachte es auf immerhin 15 Likes.
2 Likes am 16.Juli: „Stegner setzt auch auf Ampel-Koalition in Schleswig-Holstein“
2 Likes am 17.Juli: „Gestern Abend noch eine Videokonferenz mit dem SPD Kreisverband Segeberg. Wir diskutierten über diverse Themen der Landes- und Bundespolitik. Vieles ist von den Folgerungen der Coronakrise geprägt.“ – Da hat es offenbar nicht einmal die Besatzung des Kreisverbandes über sich gebracht, dem Verkünder etwas Entgegenkommen zu zeigen.
5 Likes am 18.Juli: „Marktgang vor dem Frühstück. Ende der dritten Ferienwoche in Schleswig-Holstein. Nun merkt man doch ein bisschen Sommerpause, obwohl sicher deutlich weniger Leute verreist sind, als das in Vorcoronazeiten der Fall war.“
6 Likes am 15.Juli: „Gestern Pressegespräch zu meiner Sommertour zum Thema ‚starke öffentliche Daseinsvorsorge‘. Wir wollen mehr Mittel für öffentliche Krankenhäuser, um Weiterbildungs- und Investitionskosten zu finanzieren und endlich Aufnahmeverpflichtung für Notfallpatienten gesetzlich zu regeln.“
6 Likes am 15.Juli: „Gestern auch das alljährliche Sommerinterview mit dem NDR (NDR 1 Welle Nord und Schleswig-Holstein Magazin), das wohl am 28.Juli ausgestrahlt werden wird.“
7 Likes am 16.Juli: „In Kürze kommt die nächste Folge meines Podcasts mit @Gesine_Schwan den Ihr wie immer auf den üblichen Kanälen bei YouTube, Spotify und Apple Podcasts nachhören könnt! Wie immer freuen wir uns auf Rückmeldungen!“
8 Likes am 15.Juli: „SPD-Politiker auf Sommertour durch Ostholstein – Teil 2: SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Stegner besuchte die Lebenshilfe in Bad Schwartau“
9 Likes am 16.Juli: „Letzte Erledigungen, bevor auch bei mir eine kleine Sommerpause beginnt. Heute Abend noch eine Videokonferenz mit dem SPD Kreisverband Segeberg.“
15 Likes am 16.Juli: „Süddeutsche Zeitung widmet mir heute ihr berühmtes ironisches „Streiflicht“ und bescheinigt mir einen „anakreontischen“(lebensfrohen?)Mitteilungsdrang. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.Bei so verbreitetem Grau in der Politik hält man Schwarzweiß von Freunden+ Gegnern gut aus“
Stegner und die „Rechten“
Das einzige Politikfeld, mit dem der Antifaschist ein wenig punkten kann, ist sein unermüdlicher Kampf gegen „rechts“. Da hat er es einmal sogar auf sage und schreibe 700 Likes gebracht, als er sich über die Entscheidung des Thüringischen Verfassungsgerichts echauffierte, welches die sogenannten Paritätsgesetze für null und nichtig erklärte. Hier musste sich offensichtlich der Frust jener Damen Luft machen, die gehofft hatten, es künftig auch ohne Leistungsnachweis und Qualifikation auf einen der begehrten und vom Steuerzahler einträglich ausgestatteten Parlamentssitze zu bringen.
Überproportionale Begeisterung bei den Followern verursachte auch Stegners Dauerfeuer gegen den Bundesvorsitzenden der AfD, Jörg Meuthen. Da trat er in die Fußstapfen des mittlerweile geschassten Bundestagsabgeordneten und Genossen Johannes Kahrs, der mit Hassmütze und Hetztiraden sein Demokratieverständnis und seine Achtung vor dem Wählerwillen zum Besten gegeben hatte. Die Tatsache, dass die ÖR-Medien gezwungenermaßen dem Chef der größten Oppositionspartei im Bundestag einen Sendeplatz im „Sommerinterview“ einräumen mussten, ist dem Antifanten offensichtlich aufs Gemüt geschlagen. Hier konnte sich der mit 9,6 Prozent der abgegebenen Mitgliederstimmen als Letzter aus dem Rennen um den SPD-Parteivorsitz gegangene Berufspolitiker seinen Frust von der Galle reden und sich an einem seiner Hassidole abarbeiten.
8 Likes am 19.Juli: „Mehr geistige Anstrengung ist der Herr nicht wert“
13 Likes am 19.Juli: „Wie das bei Hochstaplern so ist … aber auf den fällt doch niemand rein …“
19 Likes am 16.Juli: „Der Skandal um rechte Netzwerke auch innerhalb von Sicherheitsbehörden bzw. mit deren Sympathie und aktiver Unterstützung muss rückhaltlos aufgeklärt werden! Schwarzgrün in Hessen verharmlost und schläft! Den rechten Demokratiefeinden keinen Millimeter Boden! #niewiederrechts“
29 Likes am 15.Juli: „Die hessische Affäre um durch Polizeidaten gestützte Morddrohungen rechter Terrornetzwerke gegen Politiker(innen) wie @Janine_Wissler kann nicht mit dem Bauernopfer des Polizeipräsidenten abgehakt werden. Wo bleibt die politische Verantwortung der schwarzgrünen Landesregierung?“
79 Likes am 19.Juli: „Nein, damit habe ich nix zu tun … das verabscheue ich zutiefst … ich bin doch nicht der Exekutor (äh Administrator) meiner Facebook Seite. Wie da ein Mordaufruf gegen Herrn Lübcke draufkommen konnte … kann ich mir gar nicht erklären. Was für ein erbärmlicher Rechtsradikaler“
91 Likes am 19.Juli: „Ein Blick in den Spiegel würde genügen …“ – Zur Meuthen-Aussage „Wir dulden keine Rechtsextremisten“
162 Likes am 19.Juli: „Sagt der Chef der Rechtsradikalen, Neonazis, völkischen Rassisten und politische Arm des rechten Terrors in Deutschland. Ha, ha, was soll daran witzig sein?“
174 Likes am 20.Juli: „News über rechte Netzwerke in deutschen Sicherheitsbehörden sind extrem beunruhigend. Auch am Wochenende wieder offene Morddrohungen gegen demokratische Politiker. Und dann sitzt der AfD Führer Meuthen im ARD Sommerinterview und schwafelt ‚wir dulden keine Rechtsextremisten‘“.
184 Likes am 19.Juli: „In einem Land, das von Meuthen und seinen rechtsradikalen Kumpanen regiert würde, gäbe es solche Interviews von freien und unabhängigen Journalisten eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit Gegnern des politischen Systems sicher nicht!“ – In einem Land, das von Stegner und seinen Genossen regiert würde, gäbe angesichts dieser Vehemenz allerdings vermutlich auch keine politischen Gegner, die noch zu interviewen wären.
188 Likes am 16.Juli: „Manchmal fehlt es auch einfach an Verstand und demokratischer Gesinung. Quod erat demonstrandum.“ – Reaktion auf das Interview „Es fehlt an Zivilcourage“ mit dem früheren Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, in der aktuellen Ausgabe von Tichys Einblick.
216 Likes am 19.Juli: „Presseberichte auch über rechte Netzwerke in Deutschland, die trotz NSU Mordserie, Lübcke-Mord, Halle, Hanau … ungetrübt Morddrohungen gegen Janine Wissler+andere Demokraten versenden. Immer noch wird AfD als politischer Arm des rechten Terrors verharmlost. Demokraten aufwachen!“
700 Likes am 16.Juli: „Die Ewiggestrigen sollten sich nicht zu früh freuen: Parité wird kommen – und das verfassungskonform! Männer, die ein bisschen Grips haben, unterstützen das übrigens ohnehin!“
Fazit und Empfehlung
Dieser repräsentative Ausschnitt aus fünf Tagen des getwitterten Schaffens eines Ralf Stegner macht deutlich: Er sollte sich mit seinen Ausfällen auf das beschränken, was er den „Kampf gegen Rechts“ nennt. Hier gelingt es ihm immerhin, bis zu 1,19 Prozent seiner Follower zu begeistern Bei den anderen Themen, derer er sich annimmt, dümpelt die Quote zwischen 0,02 und 0,05 Prozent. Da ist es durchaus verständlich, das dem Pfälzer, für den Twitter offensichtlich das einzig verbliebene Fenster zu Außenwelt geworden ist, jeglicher Anflug von Humor zu fehlen scheint. Unverkennbar allerdings ist, dass gut 99 Prozent der Stegner-Follower sich ihm lediglich zugeschaltet haben, um ihn zu beobachten und sich an den Pöbelanfällen eines Mannes zu begeistern, der seine einzige Berufung in der Politik sieht und der es dennoch nicht weiter als bis zum Landesminister gebracht hat. Sein mühsam erkämpftes Mandat als Stellvertretender SPD-Bundeschef musste er nach dem Vorsitzenden-Desaster, das ihn gemeinsam mit der ewigen Hoffnungsträgerin der linken Linken, Gesine Schwan, traf, nach fünf Jahren aufgeben. Auch seinen Job als SPD-Landeschef musste er nach zwölf Jahren des Parteiniedergang 2019 aufgeben – die Spatzen pfiffen es von den Dächern, dass die Parteitagsdelegierten sich hier wie dort für jemand anderen entscheiden werden.
Ob es mit dem Strohhalm der Bundestagskandidatur in Pinneberg klappt – also in unmittelbarer Nähe zur Metropole Hamburg, in der ein Peter Tschentscher zeigt, das sozialdemokratische Politik mit den richtigen Personen an der Spitze und ohne Hassmütze immer noch eine Chance haben kann, ist mehr als fraglich. Warten wir ab, ob die Pinneberger bereit sind, sich das „Wählergift“ im Niedergang anzutun und das nächste Stegner-Desaster zu erleben.
Was also bleibt dem Mann, der musikalisch nicht über sein dreißigstes Lebensjahr hinausgekommen zu sein scheint und offenbar auch sonst im Modus des ewigen Asta-Jusos hängengeblieben ist, als seinen Frust via Twitter hinaus zu senden. Experten empfehlen immerhin, diesen nicht in sich hinein zu fressen, sondern ihn rauszulassen. Betrachten wir Gezwitscher Stegners insofern als Eigentherapie – und beenden wir diese kleine Studie mit einem 28-Like-Stegner-Tweet vom 15. Juli, nicht jedoch ohne die Ermahnung, dabei nicht die möglichen, rechtlichen Konsequenzen für das eigene Tun außeracht zu lassen:
„Schließlich sollten wir auch in Schleswig-Holstein eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für „Hate Speech“ einrichten, wie das andere Länder bereits haben. Diese und andere Forderungen werden wir parlamentarisch vorantreiben.“