Das ungebremste Wachstum im Showgeschäft Profifußball ist vorerst vorbei. Der neue TV-Vertrag der Bundesliga wird ab der Saison 2021/22 weit weniger einbringen als sich die DFL und ihre 36 Clubs erhofft haben. Mit den Verlusten der letzten Wochen klafft ein großes Loch in den Kassen der Vereine.
Coronavirus, Geisterspiele, Wirtschaftscrash und Realitätsverlust. Das alles sind Gründe dafür, dass die Deutsche Fußball-Liga (DFL) und die 36 Clubs der ersten und zweiten Bundesliga in den kommenden Jahren den Gürtel viel enger schnallen müssen. Auf der Quittung “TV-Erlöse Spielzeiten 2020/21 bis 2024/25” steht ein Minus von einer Milliarde Euro. Vor der Corona-Krise und dem Boom der Bundesliga auf allen Ebenen erhofften sich die Macher einen neuen Rekordgewinn von mehr als 5,2 Milliarden Euro (bisher 4,64 Mrd. Euro). Der neue Vier-Jahres-Kontrakt bringt aber nur noch 4,4 Milliarden Euro, was einen Fehlbetrag von 800 Millionen Euro ergibt. Nach Informationen des Kicker kassieren die 36 Clubs aus dem aktuellen TV-Vertrag, der bis Ende der Saison 2020/21 gilt, nur noch 1,2 Milliarden statt 1,35 Milliarden Euro. Das Fachmagazin beruft sich auf einen Brief der Finanzkommission der DFL. Der brisante Inhalt: Die fehlenden Einnahmen wegen der Corona-Pandemie belaufen sich auf 150 Millionen Euro.
Sky und Dazn teilen sich die Live-Rechte / Sat.1 kommt zurück
Beim neuen TV-Vertrag bleibt fast alles beim alten. Live-Fußball-Dino Sky bleibt der wichtigsten Medienpartner der Bundesliga und überträgt neben seiner weltweit bekannten Bundesliga-Konferenz auch 170 Einzelspiele (inklusive Relegation zur Bundesliga) live sowie alle Spiele der 2. Bundesliga. Doch der Platzhirsch bekommt überraschend starke Konkurrenz von Dazn. Der US-Streamingdienst hat sich die Rechte für 106 Einzelspiele der 1. Liga gesichert und wird Freitags und Sonntags zum Tummelplatz Fußball-Deutschlands. Eine Fußball-Renaissance begeht Sat.1. Von 1992 bis 2002 war der Privatsender Host der Bundesliga und sorgte mit den Sendungen “ran” und liveran” für Rekord-Einschaltquoten. Mit dem neuen TV-Vertrag hat Sat.1 die rechte für neun Spiele erworben, die im Free-TV zu sehen sein werden. Im sogenannten Paket E enthalten sind jeweils ein Spiel des 1., 17. und 18. der ersten Bundesliga sowie das Auftaktspiel zur 2. Bundesliga, die Relegation und der Supercup. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will das Unterföhringer Unternehmen sein Image wieder aufpolieren und die Einschaltquoten wieder drastisch erhöhen.
ARD und ZDF weiterhin in der zweiten Reihe
Gleiche Ziele verfolgen auch die beiden öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, die in den vergangenen Wochen bei ihrer Berichterstattung der Geisterspiele herbe Zuschauerverluste hinnehmen mussten. Zuerst wurde sogar spekuliert, dass mindestens einer der beiden Sendeanstalten aufgrund der auferlegten Sparzwänge ganz auf die Bundesliga verzichten werde. Somit sind die “Sportschau” und “Das aktuelle Sport-Studio” immer noch mit Leben gefüllt, obwohl man sich bei Rundfunkanbietern schnellstmöglicht Gedanken machen sollte, ob das Erscheinungsbild und Konzept noch zeitgemäß sind.
Dass Amazon Prime bei der Auktion überhaupt keine Rolle gespielt hat, kann zwei Gründe haben. Zum einen hat sich der Streaminganbieter einen anderen TV-Markt (England?) ausgeguckt und wird dort kräftig investieren oder hat schlicht und einfach das Interesse am deutschen Fußball verloren.
„Das wird bedeuten, dass einige den Gürtel enger schnallen müssen, nicht nur die Klubs, sondern auch die Spieler und Berater.“
Mit der Bekanntgabe des neuen TV-Vertrages haben die Vereine und die DFL endlich ein wenig Planungssicherheit bis Sommer 2025. Der große Crash ist ausgeblieben, doch hindert die neue Gewissheit viele Clubs, Spieler und deren Berater nicht daran, weiterhin den Rubel rollen zu lassen. Die erste Notbremse steht schon bereit in Gelsenkirchen beim FC Schalke 04, weitere Sorgenfalten könnten sich schnell auftun. In den Worten von DFL-Geschäftsführer Christian Seifert: “Das wird bedeuten, dass einige den Gürtel enger schnallen müssen, nicht nur die Klubs, sondern auch die Spieler und Berater.”
Übrigens: Keine Formel 1 mehr bei RTL
Einen Paukenschlag gab es am ereignisreichen Montag auch in Köln. Der Medienkonzern RTL wird Ende dieser Saison aus der Formel 1 aussteigen und hat somit das Ende der großen Ära eingeläutet, die 1991 begann. Die Königsklasse des Motorsports wird ab 2021 also nur noch bei Sky zu sehen sein. Aber nur mit einem teuren Abonnement.