Lange hat es gedauert und schwer wurde darum gerungen: Das staatliche Stabilisierungspaket zur Rettung der Lufthansa steht. Vorbehaltlich der Zustimmung durch Vorstand und Aufsichtsrat sowie durch eine außerordentliche Hauptversammlung, die kurzfristig einberufen wird, steht dem Überleben des Flag(Luft-)schiffs der deutschen Wirtschaft nichts mehr im Wege. Alles andere wäre auch grobes volkswirtschaftliches Versagen von Politik und Lufthansa-Eignern und Management gewesen. Denn Lufthansa war vor Ausbruch der Corona-Krise ein sehr profitables und gut geführtes Unternehmen, eine Perle der deutschen Wirtschaft. Auch wenn die Zinsschulden der Staatskredite künftig drücken: Die Zukunftsperspektiven der Luftfahrt sind nicht so schlecht, wie sie von vielen Analysten und Kapitalanlegern gerne auf das Rollfeld gemalt werden. Und Lufthansa war bis dato ein gut gemanagtes Unternehmen ohne Fehl und Tadel.
Ausgangslage
Wegen der Corona-Krise rutscht die Lufthansa im ersten Quartal 2020 binnen weniger Wochen tief in die roten Zahlen. Anders als bei der Mobilität im Automobil sind Massen-Luftfahrt und social distance im Corona Zeitalter unvereinbar. Wegen der Pandemie und deren Bekämpfung ist der Flugbetrieb bei der Lufthansa, ebenso wie auch bei anderen Fluggesellschaften, nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, fast 700 ihrer 760 umfassenden Flotte steht am Boden, internationale Flüge finden, wenn überhaupt, nur sporadisch statt. Neustart ungewiss.
Wegen der weiterhin hohen laufenden Kosten entstehen dem Unternehmen täglich 24 Millionen Verlust, die sich im Verlauf des Lockdown auf Milliarden aufaddieren. Damit ist klar, dass die Lufthansa aus eigener Kraft nicht schaffen kann, aus dieser Krise herauszukommen. Insolvenz droht ohne staatliche Hilfe, die, wie auch immer geartet, für die deutsche Volkswirtschaft, die Politik, Kunden, Mitarbeiter und Anteilseigner unkalkulierbare Risiken mit sich brächten.
Das Rettungspaket
Angesichts der sich zuspitzenden Lage hat die Politik bereits seit langem ihre Unterstützung angeboten in Form eines milliardenschweren Rettungspaketes angeboten, allerding unter der Bedingung eines Mitspracherechtes. Die Höhe des Milliardenpaketes, vor allem aber die Grundsatzfrage der Mitspracherecht bei einer Staatsbeteiligung war lange umstritten.
Alle offenen Fragen sind offenbar geklärt, Bundeskanzlerin Merkel stellte eine rasche Entscheidung in Aussicht. Offen sind nach Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat, sowie vor allem die Zustimmung der Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung nächste Woche.
Im Einzelnen sieht die staatliche Rettung der Lufthansa und Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit folgende Punkte vor:
- Mit 9 Milliarden Euro Staatsgeld soll die angeschlagene Airline gerettet werden. Das Konzept sieht vor, dass davon 3 Milliarden als KfW-Darlehen neben einer Stillen Einlage das Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geleistet werden.
- Knackpunkt war lange eine direkte Staatsbeteiligung mit Mitspracherechten der Bundesregierung. Der Stabilisierungspakt sieht nun vor, dass sich die Bundesregierung im Zuge einer Kapitalerhöhung mit 20 Prozent direkt an Lufthansa beteiligt. Außerdem soll die Regierung zwei Aufsichtsräte stellen, die aber laut Bundesregierung nicht aus der Beamtenschaft, sondern aus der Wirtschaft kommen sollen.
- Hinzu komme eine Wandelanleihe im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie. Damit könnte der Bund dank einer Sperrminorität eine Übernahme der Fluglinie verhindern. Über die Kapitalerhöhungen solle eine außerordentliche Hauptversammlung entscheiden, wobei nach Angaben der Airline die Gewährung der stillen Einlage und die Kreditgewährung unter dem Vorbehalt der Durchführbarkeit der Kapitalerhöhung stünden.
- Zinsgarantien für die staatlichen Einlagen, Dividendenausfall in den nächsten Jahren sowie Deckelung der Managementgehälter für den Zeitraum der nicht Rückzahlung der Staatskredite sind die Gegenleistungen er Lufthansa für die Vermeidung der Insolvenz.
- Dem Stabilisierungspaket müssten der WSF-Ausschuss sowie Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft zustimmen. Der Kapitalerhöhung muss überdies die Hauptversammlung zustimmen. Es steht außerdem unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Europäische Kommission. All diese sollte kein unüberwindliches Hindernis sein.
Bewertung
Ludwig-Erhard würde angesichts der Modalitäten dieses Rettungsplans vor Freude eine neue Zigarre anzünden. Denn die Vereinbarung wird den Interessen aller Beteiligten in ausgewogenem Verhältnis gerecht:
- Lufthansa war vor Ausbruch der Krise gut geführt, ein international sehr wettbewerbsfähiger Global Player und ein Leuchtturm in ihrem Markt und für die deutsche Wirtschaft. Lufthansa ist unverschuldet in diese Krise geraten, deshalb ist die staatliche Hilfe richtig und gerechtfertigt.
- Die Zukunftsaussichten im Passagierverkehr mögen kurzfristig trüb sein, mittel- und langfristig sind sie aber durchaus gut – allen Unkenrufen zum Trotz. Lufthansa selber rechnet damit, dass ab Sommer 2023 die Krise überwunden sein wird, auch wenn dann die Flotte noch immer um 100 Flugzeuge kleiner sein werde.
- Die Politik hat gut verhandelt, der Staat verschleudert keine Steuergelder, erhält für seine Einlage eine hohe Verzinsung, hat ein Mitsprachrecht und kann somit unerwünschte Übernahmen des Unternehmens von außen verhindern. Die angekündigte Besetzung der beiden AR-Positionen von außen verspricht zudem Kompetenzzuwachs in diesem Gremium und keine staatlichen Einmischungen in die Unternehmensführung. Ganz so wie im Sinne Erhards.
- Die Rettung erfolgt sozial ausgewogen und geht nicht einseitig zu Lasten der Steuerzahler. Durch entsprechenden Verzicht bei Dividenden und Entlohnung werden Aktionäre, Management und Belegschaften an den Kosten der Insolvenzvermeidung sowie an der Sicherung der Arbeitsplätze beteiligt. Arbeitnehmerinteressen kommen nicht zu kurz.
Alles in allem: Der Mai 2020 dürfte in die Wirtschaftsanalen der Bundesrepublik wie der Lufthansa als gelungener Präzedenzfall einer staatlichen Intervention in marktwirtschaftliches Geschehen eingehen.