Eigentlich ändert sich nicht viel – die bisherige Gebühr von 17,98 Euro im Monat auf den Besitz eines Rundfunk- oder Fernsehgeräts wird in eine Steuer umgewandelt für jeden, der wohnt, Auto fährt oder ein Geschäft betreibt – also für jeden Nichtobdachlosen.
Die Zahl der Schnüffler, die bislang durch Wohnungstüren und Fenster linsten, wird um 250 Mitarbeiter aufgestockt, die Einwohnermelderegister, Gewerbeanmeldungen und Datenquellen mit einer Präzision ausforschen dürfen, die sonst weder Finanzämtern noch Sozialkassen eingeräumt wird. Der Mehrertrag, der durch die zeitgemäß elektronische Schnüffelei entsteht sowie dadurch, dass Filialbetriebe und Fahrzeugflotten höher besteuert werden, soll zukünftige Erhöhungen vermeiden helfen – wenn auch nur vorübergehend.
Es gibt keine andere Zwangsabgabe, über die sich die Menschen so ärgern; in Blogs wird geschimpft. Für Schlagzeilen werden die großen Buchstaben eingesetzt, Unternehmen prozessieren, das Bundesverfassungsgericht wird angerufen, und manche sehen einen „Volksaufstand“. Selbst verdiente Veteranen sorgen sich darüber, wie ihr Lebenswerk zerstört wird.
Längst schon sind Bürger verbittert, dass auch derjenige zahlen muss, der die vielen Sendungen nicht sehen oder hören will. Obwohl ihr Marktanteil schrumpft, kassieren die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten immer mehr. Längst ist das fragwürdig; schließlich sind die Frequenzen, von denen es bei der Einführung zu wenig gab und die man daher nicht einem Monopol ausliefern wollte, nicht mehr knapp, sondern im digitalen Überfluss vorhanden. Längst wäre es machbar, dass nur der zahlt, der tatsächlich zuschaut oder zuhört. Das einzige Argument, das für die staatlichen Sender spricht, klingt altbacken, aber vernünftig: So sollen Journalismus, Kultur und Qualität gefördert werden. Dabei sind die treuesten Verbündeten von ARD und ZDF ausgerechnet die privaten Sender wie RTL und Pro7/Sat.1: Weil sie statt gesellschaftlichem Kitt fast ausschließlich die Intelligenz beleidigenden Schund senden, rechtfertigen sie den öffentlichen Rundfunk jeden Tag aufs Neue. Bei solchen Freunden sind ARD und ZDF sich selbst die größten Feinde. Weil sie Tag für Tag mit noch mehr Kochshows, Trash und Trallala sich selbst privatisieren – aber verblendet vom eigenen Schein die öffentliche Finanzierung erweitern wollen: mehr Cash für Trash.
Während alle sparen und optimieren, bleibt die Frage unbeantwortet: Brauchen wir wirklich 22 staatliche TV-Kanäle, 67 Radioprogramme und das Ganze multipliziert per Internet? Während die Einkommen der Bürger schrumpfen, verschaffen ARD und ZDF den Goldschalks und anderen Dünnbrettbohrern Millioneneinkommen; allein die Fußballbundesliga erhält 420 Millionen Euro. Allerdings: Genaueres wird geheim und der Steuerzahler für dumm gehalten. Wenn Peer Steinbrück schlau wäre, würde er weder Sparkassendirektor noch Kanzler, sondern Moderator werden wollen. Das viele Geld, die unfassbare Summe von 7,4 Milliarden Euro Gebühren, hat aber nur die Gier nach noch mehr angestachelt und nicht Verständnis für Menschen, Machbares und Anstand geschärft: Statt endlich Strukturreformen anzupacken, zwingt man Menschen mit 60-prozentiger Sehstörung und Fast-Taube zum Zahlen für Sendungen, die sie nicht sehen und hören können. Kaum etwas verletzt mehr das Gerechtigkeitsgefühl.
Die eigentliche Verantwortung aber liegt bei den 16 Ministerpräsidenten und 16 Parlamenten der Bundesländer. Die verstecken sich jetzt in ihren Staatskanzleien und Parlamenten, als hätten Marsmenschen, aber nicht sie selbst diese Peinlichkeit in geltendes Gesetz verwandelt. Nun ja, wer Regierung ist, darf eben auch die Pöstchen besetzen. Das kennt man ja.
Die neue Rundfunksteuer ist ein Gewinn für ARD und ZDF. Aber sie ist ein Anschlag auf ihr Ansehen. Die Zeit für überfällige Reformen läuft ihnen dabei davon. Was bleibt, ist das Warten auf den Knall.
(Erschienen auf Wiwo.de 12.01.2013)