Top: Die deutsche Wirtschaft wächst kräftig, die Unternehmen stellen ein, Ausländer investieren. Seltsam: Gleichzeitig schwächeln viele der großen Konzerne im Aktienindex Dax: RWE und E.on sind seit der Energiewende saft- und kraftlos und werden von den Folgen des Energieausstiegs und alter Kernkraftwerke erdrückt; VW wird durch den Dieselskandal gerupft. Der neue VW-Chef Matthias Müller muss wegen des undurchsichtigen Zusammenspiels von Staat, Gewerkschaften und Großaktionären andere Aktionäre fürchten, die sich hintergangen fühlen. Möglicherweise leiden auch die anderen Auto-Werte unter der Pest von VW. Die Commerzbank überlebt nur mit Staatshilfe; die Deutsche Bank gilt in einigen Bereichen bei Ratingagenturen schon fast als „Ramsch“; Kritiker kleben ihr das Etikett „Lehman Brothers“ an. Die „Deutsche Börse“ zieht nach London um. Für Bayer wird die Übernahmeschlacht um Monsanto immer noch teurer, Thyssen und Siemens sind notorisch im Krisenmodus. Nur der Mittelstand boomt. Sind die hochbezahlten Top-Manager vielleicht doch nicht ihr Top-Gehalt und schon gar nicht ihre Boni wert?
Flaute: Die Windkraftlobby, die IG Metall und der Bauernverband demonstrieren gemeinsam. Bei solchen Bündnissen wächst mein Misstrauen. Und tatsächlich: Die seltsame Lobby-Union will, dass Windkrafträder auch dort aufgestellt werden, wo wegen der fehlenden Leitung der Strom gar nicht abtransportiert werden kann. Hoffentlich macht Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dem Windwahn mit seiner für Dienstag geplanten Reform des Erneuerbaren Energiengesetzes Gegenwind. Sonst zahlen die Verbraucher für Strom, der nie in ihre Steckdose kommt.
Flott: Aus der Kleinstadt Herzogenaurach haben Sportschuhe von Adidas und Puma (die Firmen der feindlichen Brüder Adolf und Rudolf Dassler) die Welt erobert – hergestellt werden die Treter aber nur in Vietnam, China und anderen Billiglohnländern. Jetzt will Adidas mit einer „Speedfactory“ die Produktion nach Franken zurückholen: Individuell nach unseren persönlichen Wünschen heute bestellt, über Nacht hergestellt, morgen geliefert; so lautet das Konzept. Klingt gut – Ingenieure statt Schuster.
Flopp: Der Aktienkurs von 24 € auf 25 Cent abgestürzt, jetzt sollen auch Anleihegläubiger Geld verlieren: Die Sexshops von Beate Uhse kriegt keiner mehr hoch – das Management ist auf der Flucht vor der Lust. Das immergleiche, uralte Spiel mit der Liebe – andere verpacken es modischer. Spätestens mit Shades of Grey sind Handschellen und Peitschen vom schmuddelige Bahnhofsviertel in die Einbauküche von Bulthaup umgezogen.
Hipp: Versicherungen sind wie Banken: Ehrfurchtgebietende Gebäude, viele Vertreter und Berater. Jetzt drängt die neue Billigkonkurrenz per App auf das Smartphone ganz ohne Papier, Beton und Beratungsgespräch, dafür kompletter Marktvergleich. Jugendlichkeit ersetzt Krawatte und Anzug. Beim Smartphone-Versicherungsberater Knip AG in Berlin wurde jetzt der 19-jährige Jan Thurau Technologie-Chef. Er ist eines der Wunderkinder der Berlin Start-Up-Szene, gründete mit 16 ein erstes Unternehmen, verkaufte es mit Gewinn. Aber Achtung: Kunden bezahlen nicht mit Geld, sondern auch mit Daten. Alles hat doch seinen Preis.
Hiphop: Sean Combs (Puff Daddy) ist der „Vermögendste Hip Hop Künstler“ weltweit, so das US-Wirtschaftsmagazin Forbes. Seine 750 Millionen hat das Multitalent mit eigene Plattenlabels (Bad Boy Entertainment), dem Modelabel Sean John und Werbeverträgen gemacht – ganz schön ausgepufft.
Verflixt: Netflix und andere Streaming-Dienste befreien uns endgültig vom Sehzwang des Langweiler-TVs in Deutschland, sowohl vom gebührenfinanzierten Gähnfernsehen wie vom Trash für geistig prekäre Existenzen der Privaten. Jetzt will die EU-Kommission für Sender wie Netflix eine Zwangsquote von 20 % für europäische Produktionen durchsetzen. Gähn. Die erste Euro-Netflix-Serie über den fiktiven Bürgermeister von Marseille soll übrigens langweilig sein, liest man. Aber das ist nicht schlimm. Das Gute an Netflix & co. : Man muss den Eurogähn nicht anklicken, sondern wählt sein Programm frei.
Geschenkt: Die Tagesschau berichtet, dass die katholische Kirche doch irgendwie mit der AfD reden will. Anschließend der Bericht vom Tortenparteitag der Linken, deren wiedergewählter Vorsitzender Riexinger geifernd, rudernd und schwitzend plärrt, dass die AfD der Hauptgegner sei. Merke: Die AfD ist omnipräsent. Ihre Chefs sitzen vermutlich gemütlich zu Hause und trinken Tee, weil mit ihnen ja keiner redet. Wenn über Jemanden soviel und zur besten Sendezeit geredet wird, ist das die beste Werbung, die man kriegen kann, und das auch noch geschenkt. Die beste Werbung ist umsonst.