Tichys Einblick
"reine Ideologie-Politik"

Automobilclub AvD fordert: Fahrverbote jetzt aufheben

Der Automobilclub von Deutschland fordert die Aufhebung von Diesel-Fahrverboten in deutschen Städten. Die dahinter stehende Theorie, dass der Autoverkehr für die schlechte Luftqualität verantwortlich sei, ist nach Ansicht des Vereins durch den verminderten Verkehr in der Coronakrise eindeutig widerlegt.

imago Images

»Schluss mit den Fahrverboten«. Das fordert der Automobilclub von Deutschland AvD in einer Pressemitteilung. »Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Die erlassenen Fahrverbote zur Luftverbesserung sind reine Ideologie-Politik, um das eigene Wähler-Klientel zu bedienen.« Das sagt der AvD-Generalsekretär Lutz Leif Linden. »Die angebliche Wirkung bleiben sie jedoch schuldig. Die einzigen Effekte sind das Schaffen einer schlechten Stimmung gegen das Auto sowie eine Verunsicherung der Menschen in und um die Ballungsräume zulasten einer Schlüsselbranche unserer Volkswirtschaft.«

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Während sich der Konkurrenzverein ADAC weiterhin bedeckt hält und zusehends Mitglieder verliert, argumentiert der AvD: »Obwohl die Corona-Pandemie bundesweit zu einem immensen Rückgang der Verkehrsdichte auf den Straßen geführt hat, zeigen die stationären Einrichtungen zur Schadstoffmessung keine Effekte auf die Luftqualität. Messstationen unter anderem in Kiel, Würzburg, Mainz, Wiesbaden und Stuttgart zeigen eindeutige Ergebnisse.«

»Die Theorie«, so folgert der AvD, »der motorisierte Straßenverkehr sei Hauptursache für die Schadstoffbelastung der Luft in den Städten ist damit widerlegt. Fahrverbote zur Luftreinhaltung sind unwirksam.«

Die Diesel-Debatte nimmt weiter Fahrt auf. Zu offensichtlich stehen die Ergebnisse der Luftmessungen in den Innenstädten im Gegensatz zur Realität. Das beweist das unfreiwillige Corona-Groß-Experiment. Beispiel Stuttgart, Messstation Am Neckartor: fast 40 Prozent weniger Autoverkehr, dennoch teilweise sogar erhöhte Luftschadstoffe.

Bereits am vergangenen Montag hatte Steffen Bilger (CDU), parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, gegenüber dem FOCUS erklärt: »Warum die Stickoxid-Werte trotz rapidem Verkehrsrückgang nicht sinken, wirft Fragen auf, die die zuständigen Umweltbehörden klären müssen.«
Seine Folgerung: »Das Thema Diesel-Fahrverbote ist aus meiner Sicht damit endgültig vom Tisch.«

Auch die umweltpolitische Sprecherin der FDP, Judith Skudelny, kritisierte die Fahrverbote: »Interessant an den Messwerten ist, dass weniger Verkehr kein Garant für saubere Luft ist.«

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Für den verkehrspolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Dirk Spaniel, sind diese Erkenntnisse nicht überraschend. In seiner beruflichen Laufbahn als Autoingenieur habe er sich viel mit Simulationsmodellen befasst. Entscheidend: Die müssen validiert werden. Doch die Simulationsmodelle für die Luftschadstoffe seien nicht validiert. »Im Grunde genommen hätte man für drei Tage einfach die Straße am Neckartor sperren müssen. Danach hätte man gewusst, wie sich die Modelle verhalten und mit der Wirklichkeit abgleichen können.« Er habe bereits vor einiger Zeit »auf die Ungereimtheiten im angeblichen Zusammenhang zwischen den gemessenen NOx-Werten am Stuttgarter Neckartor trotz Verkehrsflaute hingewiesen.«

Aus einem Diesel kommen praktisch kein NO oder NO2 und kein Feinstaub mehr heraus. Zu diesem Zweck kippt der Dieselfahrer die Substanz AdBlue in einen Zusatztank, die im Abgasreinigungssystem die Stickoxide umschädlich machen. Aufwendige Rußpartikelfilter holen auch die feinsten Staubteilchen aus dem Abgasstrom heraus.

In heftige Erklärungsnot kommt das Umweltbundesamt. Es verwies laut Focus darauf, dass sich auch Wind, Temperaturen und Niederschlag auf die Luftqualität auswirkten. Der Zeitraum sei noch zu kurz, um Effekte des Shutdowns beurteilen zu können. Ein Rückgang der Emissionen durch weniger Verkehr und Industrieproduktion wirke sich aber selbstverständlich auf die Luftqualität aus.

Ene mene muh und raus bist DUH
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Der Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe e.V. sieht offenbar seine Felle davonschwimmen. Im Deutschlandfunk sagte der Chef des Vereins, Jürgen Resch: »Wir kämpfen überall gerade jetzt dafür, dass die Luft sauber bleibt, und ich glaube, das ist auch eine richtige Maßnahme, um eben auch schwere Verläufe von Covid-19 zu verhindern, um zumindest einen Beitrag zu leisten. Und genauso, wie wir uns doch alle sicher sind, dass das Rauchen schlecht für die Gesundheit ist, gerade jetzt, ist das Passivrauchen von Dieselabgaben ebenso zu vermeiden.«
Resch verspricht hochherzig für Freitag: »Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine ganze Reihe von richterlichen Vergleichen abgeschlossen, wir werden möglicherweise diesen Freitag noch eine schöne Überraschung haben für eine weitere elfte Stadt.«

DUH twitterte gestern: »Heute im Bundestag: AfD + CSU-Minister Scheuer wollen beide den Zusammenhang Diesel-Fahrzeuge als Verursacher der ansteigenden Luftbelastung mit dem Dieselabgasgift NO2 nicht verstehen. DUH erklärt es gerne: Seit Wochen wenig Wind und kaum Regen = NO2 reichert sich in Stadtluft an.«
Was Wetterfachmann Jörg Kachelmann von den meteorologischen Kenntnissen von Resch hält, teilte er über Twitter kurz und bündig mit: »Die Umwelthilfe schreibt völligen Blödsinn und lügt brandschwarz: Die letzten Wochen machten eine der windigsten Episoden seit vielen Jahren aus. Die Umwelthilfe hat sich durch ihre Lügen erfolgreich bereichert. Dieser Erfolg scheint die Dreistigkeit beim Lügen zu beflügeln.«


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