Der deutsche DAX, der europäische Stoxx 50 oder auch der amerikanische S & P 500 haben seit dem Tiefpunkt im März mehr als 20 Prozent zugelegt, viele Aktien aus zyklischen Branchen sogar deutlich stärker. Börsianer setzen offenbar darauf, dass der von staatlichen Stützungsprogrammen angetriebene Neustart der Wirtschaft gelingt. Die nächsten Wochen werden für Anleger dennoch sehr anstrengend: Eine Flut von schaurigen Geschäftsergebnissen wird das wirkliche Ausmaß der ökonomischen Krise veranschaulichen. Das wird für Verunsicherung sorgen und könnte die Kurse noch einmal unter Druck setzen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat wegen der Corona-Krise zumindest seine Schätzungen für die Weltwirtschaft innerhalb weniger Monate so stark gesenkt wie nie zuvor. „Diese Krise ist wie keine andere bisher“, so IWF-Chefökonomin Gita Gopinath. 2020 werde vermutlich die schlimmste Rezession seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren bringen. Die Weltwirtschaft wird laut IWF 2020 um drei Prozent schrumpfen. Für das nächste Jahr erwartet der IWF eine kräftige Erholung von 5,8 Prozent, räumt aber ein, dass dies in erster Linie von der Dauer der Pandemie abhängt. Die deutsche Volkswirtschaft dürfte um ungefähr sieben Prozent zurückgehen. Auch beim Thema Schulden sieht der IWF schwarz: So rechnen die Ökonomen für 2020 mit einem dramatischen Anstieg der Haushaltsdefizite, der in den Industrieländern besonders deutlich ausfallen dürfte. Ganz vorn dabei sind die USA, deren Defizit auf 15,4 (2019: 5,8) Prozent des Bruttoinlandsprodukts zulegen dürfte. Die Gesamtverschuldung der Industrieländer würde dadurch 2020 auf 122,4 (105,2) Prozent ihrer Wirtschaftsleistung steigen, wobei Japan mit 251,9 (237,4) Prozent vorn liegt, gefolgt von Italien mit 155,5 (134,8) Prozent.
Es ist eine Wachablösung der besonderen Art. Netflix hat vergangenen Donnerstag Walt Disney als größten Medienkonzern der Welt abgelöst. Dank einer Kursrally entthront der Streamingdienst mit rund 187 Milliarden US-Dollar die bisherige Nummer 1, die nur noch auf 186 Milliarden US-Dollar Börsenwert kommt. Ein Grund: Disneys Umsatz und Profite hängen immer noch zu einem großen Teil von den Erlösen seiner Erlebnisparks ab, die infolge der Corona-Krise geschlossen sind. Zudem profitiert Netflix als Internetdienstleister vom Zuwachs an Abonnenten in Zeiten der Isolation von Millionen Menschen weltweit.
Hoffnungsfrohe Nachrichten zur Corona-Pandemie mit ihren Folgen für Gesundheit und Wirtschaft haben den New Yorker Aktienmarkt am Freitag beflügelt. In den USA gibt es erste zaghafte Schritte in Richtung einer Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität. Zudem gibt es vage Hoffnung auf eine mögliche Behandlung von Corona-Patienten durch ein Mittel des US-Biotechkonzerns Gilead Sciences.
Der Dow Jones Industrial baute jedenfalls im späten Handel seine Kursgewinne aus und schloss drei Prozent höher auf 24.242 Punkten. Damit verbuchte der Leitindex ein Wochenplus von 2,2 Prozent. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich der Dow um fast 13 Prozent erholt.
Der breiter gefasste S&P 500 legte um 2,7 Prozent auf 2.875 Punkte zu. Dafür hinkte der von Technologie-Aktien dominierte NASDAQ 100 den Standardwerten diesmal mit plus 0,9 Prozent auf 8.832 Punkten hinterher, nachdem er an den vergangenen Tagen dieser Woche besser abgeschnitten hatte. Stützenden Einfluss hatte am Freitag vorallem die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die USA mit neuen Richtlinien in der Corona-Krise in drei Phasen zurück zur Normalität zu führen und die Wirtschaft graduell wieder zu öffnen. Trump gab aber keinen genauen Zeitplan vor und überließ die Entscheidung den Gouverneuren der 50 Bundesstaaten. Eine landesweite Schließung könne keine langfristige Lösung sein, sagte Trump.
Angesichts der Hoffnung auf das Mittel Remdesivir zur Behandlung der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 sprangen die Aktien von Gilead Sciences um 9,7 Prozent nach oben. Laut dem Analysehaus RBC signalisieren einige Testdaten des Anti-Virenmittels Potenzial gegen die Lungenerkrankung. Es gebe allerdings eine Menge Unwägbarkeiten, hieß es weiter.
Mut machten den Anlegern auch Neuigkeiten vom angeschlagenen Flugzeugbauer Boeing. Dieser will die im Zuge der Corona-Krise gestoppte Produktion schon in der kommenden Woche wieder anlaufen lassen. Rund 27.000 Beschäftigte sollen laut Boeing die Arbeit wieder aufnehmen. Die Aktien schnellten um 14,7 Prozent hoch. Die Anteile des Zulieferers Spirit AeroSystems profitierten mit einem Plus von 18,6 Prozent noch mehr von den Boeing-Nachrichten.
Die Aktien jener Banken, die in dieser Woche nach Quartalszahlen teils hohe Kursverluste erlitten hatten, schwenkten zum Wochenausklang auf den Erholungspfad. JPMorgan gewannen rund neun Prozent, Citigroup mehr als zwölf Prozent und KeyCorp fast elf Prozent.
Am Ende der verkürzten Oster-Woche zeigte sich auch der DAX beflügelt. Der Leitindex war am Freitag zwischenzeitlich um mehr als vier Prozent nach oben geschnellt und schloss 3,15 Prozent höher bei 10.626 Punkten. Auf Wochensicht ergibt sich damit ein Plus von 0,6 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte stieg am Freitag um 2,6 Prozent auf 22.356 Punkte.
In der Corona-Krise war der Dax bis Mitte März um knapp 40 Prozent auf 8255 Punkte abgesackt, konnte sich aber dann kräftig erholen. Unter Experten bleibt es nun umstritten, ob dies schon die Wende bedeutet. Die Charttechniker der Bank UBS sehen den Leitindex in einer „Bärenmarktrally“ im übergeordneten Abwärtstrend. Ihrer Ansicht nach muss er es zur Befreiung über die 11 000 Punkte schaffen.
Kräftige Erholungsgewinne verbuchten unter anderem Werte aus der Autoindustrie. Mit einem Anstieg um gut fünf Prozent profitierten BMW zudem von einer Kaufempfehlung der britischen Bank HSBC. Zu den Gewinnern zählten auch die mehr als vier Prozent höheren Aktien der Deutschen Bank und die Papiere der Commerzbank, die ein Plus von gut sechs Prozent schafften. Sie galten dabei als Profiteur einer Lockerung der Eigenkapitalanforderungen im Handelsgeschäft durch die Europäische Zentralbank (EZB), die damit vorübergehend auf die höheren Schwankungen an den Börsen reagierte.
Für die MTU Aero Engines ging es um rund fünf Prozent hoch, gepaart mit einem Kurssprung um fast sieben Prozent beim MDax-Schwergewicht Airbus SE. Für den Turbinenhersteller und den krisengeplagten Flugzeugbauer hatte Boing indirekt Rückenwind geliefert.
Der Goldpreis ist in dieser Woche in der Spitze auf knapp 1.750 Dollar je Feinunze gestiegen. In Euro hat das Edelmetall sogar ein neues Rekordhoch von fast 1.600 Euro je Feinunze erreicht. Es profitierte dabei laut Commerzbank von den nach wie vor großen Unsicherheiten rund um das Coronavirus, auch wenn sich die Aktienmärkte jüngst freundlich zeigten. Seit Mitte März ist der Preis damit um fast 300 Dollar gestiegen.
Auslöser für den Preisanstieg, der Mitte Februar eingesetzt und im März an Dynamik gewonnen habe, sei die rasche Ausbreitung des Coronavirus auf immer mehr Länder außerhalb Chinas. Wegen der zu erwartenden negativen Auswirkungen des mehrwöchigen Lockdown auf die Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung hätten Regierungen und Zentralbanken auf beiden Seiten des Atlantiks in kürzester Zeit bislang beispiellose Stützungsmaßnahmen ergriffen. Die US-Notenbank Fed habe ihren Leitzins im März zweimal außerplanmäßig auf null Prozent gesenkt. Zudem habe sie ein zeitlich und mengenmäßig unbegrenztes Anleihenkaufprogramm initiiert. Die derzeit getätigten Anleihekäufe überträfen die während des letzten („QE3“) um ein Vielfaches. Für die Menge, welche die Fed aktuell in einer Woche kaufe, habe sie während QE3 mehr als vier Monate gebraucht.
Hinzu kämen verschiedene Kreditfazilitäten zur Unterstützung von Unternehmen, Gebietskörperschaften und Banken. Diese könnten in der Summe ein Volumen von bis zu 2,3 Billionen Dollar erreichen. Die Bilanzsumme der Fed, die bereits seit letzten Herbst wegen geldmarktstabilisierender Käufe kurzlaufender T-Bills und Repo-Geschäften merklich gestiegen sei, sei zuletzt geradezu explodiert. In den vier Wochen bis zum 1. April sei sie um 1.500 Milliarden Dollar gestiegen, was sogar den Anstieg während der Lehman-Krise in den Schatten stelle. Sie könnte weiter bis auf zehn Billionen Dollar anschwellen. Ähnliches lasse sich über die EZB sagen. Im März habe sie in kurzer Abfolge zwei Anleihekaufprogramme aufgelegt, die sich zusammen auf mehr als eine Billion Euro summierten.
Die US-Regierung habe darüber hinaus ein Hilfspaket in Höhe von zwei Billionen Dollar inklusive Helikoptergeld für private Haushalte beschlossen; die deutsche Bundesregierung eines von 750 Milliarden Euro. Die Staatsverschuldung in den USA dürfte daraufhin so stark steigen wie zuletzt Ende des 2. Weltkriegs, in Deutschland so stark wie seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 nicht. Möglicherweise müssen zusätzlich noch milliardenschwere Stimulierungsmaßnahmen beschlossen werden, um den zu erwartenden Absturz der Konjunktur nach dem Ende des Lockdown abzufedern.
Neben der Fed und der EZB hätten zudem praktisch alle maßgeblichen Zentralbanken ihre Zinsen im Zuge der Corona-Krise massiv gesenkt und mehrere weitere Staaten hätten schuldenfinanzierte Hilfspakete aufgelegt. Die EU-Finanzminister hätten sich nach zähen Verhandlungen auf ein 500 Milliarden Euro schweres Hilfsprogramm zur Unterstützung besonders von der Corona-Pandemie betroffener Länder wie Italien und Spanien geeinigt. In einem derartigen Marktumfeld sei Gold laut Commerzbank als Krisenwährung gefragt.
Die Gold-ETFs haben im März laut Daten des World Gold Council Zuflüsse von gut 150 Tonnen verzeichneten. Das sei der stärkste Monatszufluss seit Februar 2016 gewesen. Im ersten Quartal seien die ETF-Bestände um knapp 300 Tonnen gestiegen, ebenfalls so viel wie zuletzt Anfang 2016. Sie hätten damit ein Rekordniveau von 3.185 Tonnen erreicht. Nordamerika und Europa hätten dabei nahezu gleich große Zuflüsse verzeichnet. Im April hätten die ETF-Zuflüsse angehalten, obwohl sich die Aktienmärkte von ihren Tiefs merklich hätten erholen können. Betrachte man die Gold-ETFs als einen Marktakteur, so hielten nur die Fed und die Bundesbank noch größere Goldbestände. Auch die Münzabsätze sei im März merklich angezogen. Der Absatz von US-Goldmünzen sei nach langer Durststrecke mit 151,5 Tausend Unzen auf das höchste Niveau seit Juli 2015 gesprungen.
Allerdings habe die scharfe Preiskorrektur in der zweiten Märzwoche gezeigt, dass der Goldpreis auch in einem von hoher Risikoaversion geprägten Marktumfeld vor Rückschlägen nicht gefeit sei. Binnen fünf Handelstagen sei der Preis um 15 Prozent eingebrochen, was den stärksten Rückgang in einem derartigen Zeitraum der letzten fünf Jahre bedeutet habe. Zwischenzeitlich habe Gold damit sogar sämtliche Gewinne seit Jahresbeginn wieder abgegeben.
Dabei dürften Zwangsverkäufe durch Investoren zum Ausgleich von Verlusten in anderen Anlageklassen wie Aktien sowie zur Erfüllung von Nachschussverpflichtungen (sogenannte. Margin Calls) und das Glattstellen von zuvor eingegangenen Long-Positionen durch spekulative Anleger eine entscheidende Rolle gespielt haben. Die spekulativen Netto-Long-Positionen seien in diesem Zeitraum zumindest deutlich gesunken. Der Preisrückschlag habe sich allerdings als kurzlebig erwiesen. Nach der letzten Fed-Zinssenkung sowie der Bekanntgabe unlimitierter Anleihekäufe sei der stärkste Wochenanstieg seit Ende 2008 gefolgt. Damit sei Gold dem gleichen Muster wie in der Finanzkrise vor eifeinhalb Jahren gefolgt. Auch damals sei Gold zunächst unter Druck geraten, danach aber kräftig gestiegen.
Im Zuge der staatlichen Zwangsmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise hätten auch die Schweizer Goldraffinerien Ende März für zwei Wochen ihren Betrieb einstellen müssen. Dies habe zur Unterbrechung der Lieferketten und einer Verknappung von physischem Gold in Form von Münzen und Barren gesorgt, so dass die Nachfrage der privaten Kunden zeitweise nicht mehr bedient werden konnte. Die Raffinerien in der Schweiz verarbeiteten etwa ein Drittel des weltweiten Goldangebots. Die Produktionsunterbrechung in den Raffinerien habe auch zu heftigen Preisbewegungen am Terminmarkt an der Comex in New York geführt. Zeitweise habe der Preis für den nächstfälligen Gold-Terminkontrakt bis zu 70 US-Dollar (vier Prozent) über dem Spotpreis in London gehandelt. Denn es sei befürchtet worden, dass die Comex-Goldbestände nicht ausreichen würden, um die Abwicklung der Terminkontrakte bei physischer Auslieferung zu gewährleisten.
Mittlerweile hätten die Raffinerien in der Schweiz wieder den Betrieb aufgenommen, auch wenn sie vom Normalbetrieb noch immer weit entfernt seien. Zudem seien die Goldbestände an der Comex zuletzt deutlich gestiegen. Sie hätten Anfang April mit 15,9 Millionen Unzen das höchste Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen 1992 erreicht. Die Sorge vor disruptiven Lieferengpässen sei dennoch nicht gebannt. Denn die meisten der neu eingelieferten Goldbarren entsprächen nicht der Losgröße von 100 Unzen, die für die bestehenden Terminkontrakte an der Comex vorgeschrieben sei. Der Preisaufschlag für kurzfristig lieferbares Gold gegenüber dem Spotpreis liege daher noch immer deutlich höher als vor der Schließung der Raffinerien. Der Preis für den meistgehandelten Terminkontrakt mit Fälligkeit im Juni habe im Zuge dessen Mitte April mit 1.790 Dollar je Feinunze das höchste Niveau seit Oktober 2012 erreicht.
Anleger und Sparer fragen sich seit Ausbruch der Corona-Krise gespannt, wie sich die Zinsen langfristig entwickeln werden. Denn die Renditen von Staatsanleihen sind auf neue Tiefs gefallen, nachdem die Investoren aus Angst in sichere Häfen wie deutsche oder US-Staatsanleihen geflüchtet sind. Laut Joachim Fels, ökonomischer Berater der Allianz-Fondstochter Pimco, dürfte sich dieses niedrige Zinsniveau noch länger hinziehen. Dabei bezieht sich Fels auf Untersuchungen der ehemaligen Pimco–Berater Alan Taylor, Oscar Jorda und Sanjay Singh, die jüngst den Verlauf der Zinskurven in der Folge von zwölf großen Pandemien studiert haben. Jeder dieser Pandemien, die bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen, fielen jeweils mehr als 100.000 Menschen zum Opfer. Taylor und seine Kollegen stellten fest, dass all diese Pandemien lange andauernde Effekte hatten — die realen Zinsen blieben selbst Jahrzehnte nach dem Ende der Pandemien noch niedrig. Zwei Gründe sind laut Feld ausschlaggebend. Erstens: Der öffentliche Sektor „entspart“, das heißt, er lässt höhere Haushaltsdefizite in der Krisenbewältigung zu als bisher. Der private Sektor dagegen – sowohl Privatpersonen als auch Firmen – möchte in den kommenden Jahren wahrscheinlich vermehrt sparen.