Die Heidelberger Rechtsanwältin Beate Bahner, die das Bundesverfassungsgericht auf Zurücknahme der Corona-Verordnungen angerufen hatte, wurde am Montagabend in eine psychiatrische Einrichtung gebracht. Ein Polizeisprecher sagte: »Sie hat einen sehr verwirrten Eindruck gemacht.«
Wie das Polizeipräsidium Mannheim am Dienstagnachmittag berichtete, informierte am Sonntagabend, kurz vor 20 Uhr, ein Zeuge das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Mannheim per Notruf darüber, dass in der Thibautstraße / Bergheimer Straße eine Frau stehe, die angegeben habe, sie werde verfolgt.
In einem Telefongespräch, das sie mit ihrer Schwester aus der Psychiatrie geführt haben soll, schildert Bahner das Geschehen am Abend des Ostersonntags. Eine entsprechende Audiodatei kursiert im Internet.
Demnach kam sie aus ihrer Kanzlei in der Heidelberger Voßstrasse und hatte den Eindruck, verfolgt zu werden. Ein anderes Auto versperrte ihr zudem die Tiefgarage. In ihrer Schilderung hört es sich so an:
»Die Polizei kam, sie hat mir Handschellen angelegt, hinten, mich auf den Boden gedrückt, mich im Dreck gewälzt, massiv Polizeigewalt angewandt. Dann haben sie mich in die Psychiatrie gebracht. Dann habe ich sie gebeten, mich hinsetzen zu dürfen, dann sagt der Polizist: ‚setzen Sie sich, hier ist eine Bank‘. Dann hat er mich auf den Boden gedrückt und meinen Kopf von einem Meter Höhe auf den Steinboden geknallt. Ich habe es bis heute nicht verbunden gekriegt.«
»Ich bekam keinen Anwalt, ich durfte niemanden anrufen. Dann haben sie mich zwangsweise die ganze Nacht in den Guantanamo-Hochsicherheitstrakt der Psychiatrie … Da lag ich auf dem Boden, keine Toilette, ein Waschbecken, ohne Seife, kein Handtuch, sonst nichts.«
Eine Ärztin habe sie in der Psychiatrie zehn Minuten sitzen lassen: »Die musste, glaube ich, noch Anweisung von ganz oben oder auch … Amerika kriegen.« Mittlerweile habe sie aber ein »wunderbares Zimmer« mit Dusche.
Die Anwältin hatte zuvor noch auf ihrer Webseite eine »Corona-Auferstehungs-Verordnung vom 11. April 2020« formuliert und schrieb: »Bahner erklärt Shutdown mit sofortiger Wirkung für beendet.«
Es seien nach Paragraf 1 dieser Verordnung (»Erlassen durch Beate Bahner auf Grundlage der Art. 1 GG«) folgende Einrichtungen ab sofort wieder zu öffnen: Kultureinrichtungen jeglicher Art, Museen, Theater, Schauspielhäuser, Kinos, Schwimm- und Hallenbäder, Thermal- und Spaßbäder, Saunen, alle öffentlichen und privaten Sportanlagen und Sportstätten, Jugendhäuser, Vergnügungsstätten, insbesondere Spielhallen, Spielbanken, Wettvermittlungsstellen, Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen, Gaststätten und ähnliche Einrichtungen wie Cafés, Eisdielen, Bars, Shisha-Bars.
Tatsächlich stand öfter über Heidelberg sehr laut knatternd ein Polizeihubschrauber, aus dem die Stadt von oben beobachtet wurde. So sollten mögliche Gruppenbildungen aufgespürt werden.
Beate Bahner wurde bekannt, nachdem sie in der vergangenen Woche einen Eilantrag an das Bundesverfassungsgericht gestellt hatte, die Corona-Verordnungen wieder aufheben zu lassen. Denn die seien laut ihrem Antrag »offensichtlich verfassungswidrig« und »unwirksam« sowie ein Angriff auf den Bestand der Bundesrepublik Deutschland.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts ging nicht inhaltlich darauf ein, sondern beschied: »Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.« Der Antrag sei »auf einen unzulässigen Regelungsinhalt« gerichtet, wenn er feststellen lassen wolle, dass die Corona-Verordnungen die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden. Die Antragstellerin lege nicht dar, »durch welche konkreten Regelungen in welchen Bundesländern sie in eigenen Grundrechten … unmittelbar und gegenwärtig betroffen sein soll«, hieß es in der Karlsruher Begründung. Sie hätte zudem über die Verwaltungsgerichte in den Ländern gehen müssen.
Bahner arbeitete in Heidelberg als Fachanwältin für Arzt-, Medizin- und Gesundheitsrecht und beriet in arzt- und medizinrechtlichen Fragestellungen. Ihre Homepage war zeitweilig abgeschaltet, dann aber wieder online zu sehen. Bahner (»Wir alle wollen keinen Polizeistaat, wir wollen unser Land zurück!« ) hatte nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am Karfreitag auf ihrer Website bekannt gegeben, dass sie ihre Anwaltszulassung zurückgegeben habe.
Das Polizeipräsidium Mannheim betont ausdrücklich, dass »die polizeilichen Maßnahmen am Sonntagabend« nicht im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen des Verdachts einer rechtswidrigen Handlung stehen.
Die zwangsweise Unterbringung der Rechtsanwältin in einer psychiatrischen Klinik machte in den sozialen Medien schnell die Runde. Das Geschehen trifft auf eine sehr sensibilisierte Öffentlichkeit, zumal kurz vorher die sächsische Sozialministerin des Landes, Petra Köpping (SPD), verkündet hatte: »Wer sich in Sachsen der Anordnung häuslicher Quarantäne verweigert, kann seit Donnerstag in einer psychiatrischen Klinik festgesetzt werden.«
»Das Bundesland hat knapp zwei Dutzend Zimmer in psychiatrischen Kliniken freigeräumt, in denen Unbelehrbare von der Polizei bewacht werden sollen«, schrieb die Welt.
Wie der MDR berichtete, hätten in den letzten Wochen mehrere Tausend Menschen eine Quarantäneanordnung erhalten, in Dresden zum Beispiel fast 3.300. In Leipzig wurden bislang knapp 2.100 Menschen in häusliche Quarantäne geschickt.
Rechtlich sieht sich Köpping auf der sicheren Seite. Die Zwangseinweisung sei durch § 30 des Bundesinfektionsschutzgesetzes gedeckt. Dort steht, wer entsprechenden Anordnungen nicht nachkomme oder bei wem basierend auf bisherigem Verhalten davon auszugehen sei, dass er ihnen nicht nachkommen werde, der sei „zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses abzusondern“.
Mittlerweile hat Sachsen auf die heftige Kritik an der »Zwangsisolierung« hin einen Rückzieher gemacht. Psychiatrien stehen nicht mehr zur Verfügung, um Quarantäne-Verweigerer einzuweisen. Köpping: »Insgesamt müssen wir alle sehr aufpassen, dass wir die Akzeptanz unserer Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Infektionen nicht infrage stellen.«