Tichys Einblick
Wochenschau zu Thüringen, Spiegel und TTIP

R2G als Täuschung – Rotrotgrün als Offenbarung der SPD-Pleite

R2G - darauf hätte SED-Propagandist Karl- Eduard von Schnitzler kommen können

An ihren Worten sollst Du sie erkennen

„Rotrotgrün“, heißt die neue Koalition in Thüringen. Nun sind Wörter ja dafür da, Dinge zu benennen und zu differenzieren. Also zweimal rot? Schon sprachlich hat sich die Behauptung der SPD entlarvt, Thüringen sei kein Modell für Berlin. Schon begrifflich trennt sich die SPD nicht mehr von den SED-Erben. Und die schicke Formel „R2G“ macht es nicht besser: es soll an R2-D2 erinnern, den netten kleinen Roboter aus Starwars, der so lieb und süss ist. Verniedlichen und verharmlosen ist ein bekannter Trick der politischen Semantik. Aber 25 Jahre nach dem Mauerfall hat die SPD der Linken die Steigbügel gehalten. Sie hat damit die Grenzen zur Linken unwiderruflich verwischt, diese zur Sozialdemokratie geadelt. Und das soll keine Auswirkung auf Berlin haben? Wir sollten nicht jammern, sondern nach Alternativen suchen: Ich bevorzuge rot-stasirot-grün. Was schlagen SIE vor?

Ihre Wörter sollst Du Dir merken

Nun muss man ja sagen, dass der Linke Ministerpräsident Bodo Ramelow eines kann – gerade Sätze sprechen. Er wirkt direkt, was man von seiner Vorgängerin Christine Lieberknecht nicht sagen konnte. Sie pflegt dieses verschwurbelte CDU-Deutsch, das irgendwie Werte transportieren soll, aber nichts aussagt und jede Festlegung vermeidet. Es könnte ja irgendwie den Mainstream verletzen, in dem sie so unauffällig mitschwimmt. Es könnte ja diese Art von Politik sein, die die CDU zum Verschwinden aus den Landesregierungen gebracht hat. Es kann nicht schade sein um eine Politikerin, bei der man nie wusste, wofür sie steht. Andererseits sind Bodo Ramelows Worte auch so, dass man sie sich merken sollte. Noch letzte Woche hat er bedauert, dass die Opel-Werke in der Krise 2009 nicht verstaatlicht wurden. Er steht eben in bester Tradition, schließlich würde ja die DDR-Luxus- und Funktionärskiste „Wartburg“ vom Volkseigenen Betrieb Automobilwerk Eisenach in Thüringen zusammengeschlossert bis die DDR auseinanderfiel. Es ist das Werk, das einst die glanzvollen BMWs der Vorkriegszeit baute. München wurde Autostadt erst nach der Verstaatlichung der thüringischen Werke durch die Ramelow-Vorgänger. Das sollte man wissen, wenn Ramelow von der Verstaatlichung schwärmt, die derzeit wenigstens im Energiesektors erfolgt, wie er sagt. Naja, vielleicht kann Opel in Bochum noch hoffen?  Marktwirtschaft ist eben für die Linken nur etwas geduldetes, und die SPD macht mit.

Ihre Wörter sind kein Urteil

Ach ja, der Spiegel. Sehen wir die Krise mal anders: DAS Linke Leitmedium verliert seine Glaubwürdigkeit. Jahrzehntelang war Montag Spiegel-Tag, an dem die Gerechten von den Ungerechten am Kiosk geschieden wurden, durch den Richtspruch aus Hamburg, einer Art journalistische Selbstjustiz, gegen die es keine Berufung gab. Viele haben es ja geglaubt, und den Zweiflern hat das allerdings nichts genutzt. DER SPIEGEL hat sich selbst zu einer moralischen Instanz hochgejubelt. Mit dem Montags-Urteil vom Journalisten-Gerichtshof ist es jetzt vorbei, und das ist die eigentliche Spiegel-Krise: Der Mythos der Wahrheit und Unfehlbarkeit ist zerstoben; das selbsternannte Sturmgeschütz der Demokratie hat sich in Friendly-Fire selbst zerschossen. Zuletzt hatten sie ja noch für die Piketty-These geritten, wonach die Reichen nur reicher und die Armen nur ärmer werden. Jetzt wollen die reichen Spiegel-Redakteure nix von ihrer Gewinnbeteiligung an die Onliner abgeben, denn darum geht’s ja im Hintergrund. Die einen fahren mit dem Porsche in die Tiefgarage, die anderen mit dem Fahrrad. Ehe der Spiegel also wieder soziale Reformen fordert, soll er das erst mal selber machen. Vorher sind ihre Wörter nur Schall und Rauch.

Die eigenen Wörter essen

Das war die ungenießbarste Speise der Woche: Sigmar Gabriel musste seine eigenen Wörter essen, mit denen er den Parteilinken versprochen hatte, er werde das Transatlantische Freihandelsabkommen zu Fall bringen. Nun sagt er, wenn die anderen Sozi-Parteien das wollten, könne man nichts machen dagegen und müsse dafür sein. Nur gegen Schiedsgerichte will er noch zu Felde ziehen, höchstens. An diesem Gerede ist einfach alles falsch. Europa muss also wieder herhalten, damit
etwas kommt, von dem man sagt, dass es eigentlich ungenießbar ist? Da schiebt einer die Verantwortung nach Brüssel, der er sich selbst nicht stellen will. So schürt man alle Vorbehalte gegen ein Europa, das vielen als zutiefst undemokratisch gilt. Den Beweis liefert Gabriel. Und auch die Sache mit dem Schiedsgericht ist falsch. Gerade klagen die Stadtwerke von Köln und München und anderen Städten gegen die spanische Regierung, weil diese die irren Solarstromsubventionen gekürzt hat. Also deutsche Steuerzahler gegen den spanischen Staat. Die Hispano-Solarsubventionen wurden nach deutschem Vorbild eingeführt, und die Deutschen wollten mit Solarkraftwerken kräftig abzocken. Jetzt fällt auf: Die Spanier sind mutig, sie streichen den Quatsch zusammen. Die Deutschen trauen sich das nicht gegen die Grün-Lobby. Jetzt soll ein Schiedsgericht helfen (gut). Wenn aber der schwedische Staatskonzern Vattenfall für seine Steuerzahler vors Schiedsgericht läuft, um dagegen zu klagen, dass es durch den Atomausstieg in Deutschland um ein paar Milliarden behumpst wurde, dann ist das schlecht. Nun kann man je nach politischer Stimmungslage nicht mal so oder so entscheiden. Entweder gilt ein Schutz der Investitionen für alle rechtlich einwandfrei genehmigten – oder eben nicht. Das ist das beste Argument für Schiedsgerichte: Entscheidungen müssen aus der Willkür staatlich beeinflusster Meinungsmacher und eilfertiger Gerichte herausgenommen werden.

 

Die mobile Version verlassen