Ein perfekter Tag in diesen Zeiten könnte folgendermaßen aussehen: Früh morgens lasse ich mich von der Sonne wecken, trinke ein Glas Wasser (gerne mit Zimmertemperatur) und setze mich dann ans offene Fenster, um Sonne zu tanken. Es tut gut, sich die Sonne auf Arme und Körper scheinen zu lassen, in den Himmel zu schauen und dabei tief durchzuatmen. Wenn ich vom Sonnenbaden genug habe, hole ich schönes Papier und meinen Füllfederhalter und mache nun endlich eines der Dinge, die ich mir schon lange vorgenommen habe: Ich schreibe einer alten Freundin einen Brief.
Mittags schnipple ich ohne Stress Gemüse und bereite ein leckeres Gericht vor, dessen Rezept ich von einer Freundin bekommen habe. Ich freue mich an den Formen und Farben von Roter Beete, Karotten, Paprika oder Kartoffeln und weil ich gerade so im Schwung bin, entscheide ich mich kurzerhand dazu, als Nachtisch auch noch Obstsalat vorzubereiten. Der Kommentar unseres Sohnes, nun gäbe es endlich mehr Gemüse als früher, motiviert mich und ich freue mich auf das gemeinsame Mittagessen. Zusammen zu essen und dabei zu reden gehört zu den Höhepunkten des Tages.
Gäbe es eine wissenschaftliche Methode, um die physiologischen und psychologischen Werte dieses Tages zu messen – die erzielten Messergebnisse würden vermutlich die Skala des Messgeräts sprengen. Denn all die Tätigkeiten, die ich in der Beschreibung des perfekten Tags aufgezählt habe, bringen einen von Wissenschaftlern ermittelten Nutzen fürs Wohlbefinden. Unzählige Beobachtungen, Studien und Untersuchungen belegen dies eindrucksvoll. Und das Beste daran: All diese Tätigkeiten dieses perfekten Tages kosten nichts oder nur wenig.
Es lassen sich nur schwer Gründe finden, in diesen Zeiten keinen solchen perfekten Tag verbringen zu können. Corona – diese Angst auslösende Bedrohung – hat auch unerwartete Seiten. Früher – und das ist gerade mal einen Monat her – war es alles andere als sexy, einen derartigen Tag zu verbringen. Da war „immer mehr, immer schneller, immer weiter“ angesagt. Ein perfekter Tag musste mindestens auf der Skipiste oder im Café in Venedig stattfinden. In Hochglanz-Anzeigen wurde uns gezeigt, wie wir zu leben hatten, damit wir uns gut fühlen. Die Kehrseite der Medaille: eine steigende Anzahl von Menschen, die dieses Tempo nicht aushalten konnten, Burnout ließ grüßen.
Schon in der Antike setzten sich die Philosophen mit dem richtigen Lebensstil auseinander. In seiner „Philosophie der Freude“ fasst Epikur eine seiner Erkenntnisse folgendermaßen zusammen: „Dank sei der gepriesenen Walterin Natur, dass sie das Notwendige leicht erreichbar schuf, das Schwererreichbare aber als nicht notwendig!“ Eine Einsicht, die auch in der heutigen Zeit immer noch Gültigkeit hat. Aber jede Generation muss ihre eigenen Erfahrungen machen. In unserer wissenschaftsgläubigen Welt haben Dinge, die man nicht beweisen kann, wenig Wert. Nun aber ist die Zeit da, wo wir nachweislich belegen können: Die besten Dinge kosten nichts. Man muss sie nur nutzen.
Andrea Tichy hat im Rahmen ihrer journalistischen Recherchen immer wieder Überraschendes entdeckt: Oft sind gerade die Dinge, die nichts kosten, besonders wirkungsvoll. Ob es ums Fasten geht, mit dem sich Krankheiten kurieren lassen. Ums Sonnenbaden, mit dem sich die lebenswichtige Vitamin D-Produktion ankurbeln lässt. Oder ums Zufußgehen, das Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen hilft und Wohlbefinden sowie Fitness erhöht.
Andrea Tichy, Die besten Dinge kosten nichts. Sieben wirksame Verhaltensweisen, die uns gesünder, glücklicher und gelassener machen. Quell-Edition, 184 Seiten, 17,90 €.
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