Die Frage der heutigen Sendung: Kann Illner auch Aufklärung ohne Propaganda? Antwort: Irgendwie ja, aber es ist halt nicht ihr Markenkern. Außerdem stellt sich die Frage, wer sich ausgedacht hat, eine mögliche Bedrohung für die Volksgesundheit (huch! Verbotenes Wort!) in einer Quasselrunde abzuhandeln.
Gerade unsere älteren Leser werden zu allererst wissen wollen, wie schlimm es denn nun wirklich steht, wo selbst der Papst in Rom beunruhigt ist. Da haben wir jetzt leider keine guten Nachrichten und beziehen uns im Wesentlichen auf Prof. Christian Drosten, Institutsdirektor der Virologie an der Charité Berlin, man könnte sagen, in dieser Sendung der Arzt unseres Vertrauens.
Der sprach von einer „steilen Lernkurve nach München“ (die Firma Webasto!), dass das Virus „im Rachen repliziert, von Rachen zu Rachen übertragen wird“.
„Man kann das alles nicht in so einer Sendung erklären,“ sagte der kluge Mann, aber, wenn wir ihn richtig verstanden haben, dann hofft er, die Pandemie verzögern zu können, „am besten bis in die warme Zeit“ (das Virus mag die Kälte lieber). Mit einem Impfstoff wird es dieses Jahr auch nichts mehr, nicht wegen der Forschung, sondern wegen der Regularien.
In den USA habe die zuständige Behörde die Bevölkerung um Mithilfe gebeten in der Erwartung, dass es schlimmer werden wird. Und das gilt auch für uns. Uiuiui.
Ganz zu Beginn der Sendung wurde unser Gesundheitsminister Jens Spahn zugeschaltet, und der arme Mann paddelte wie ein Nichtschwimmer im zu tiefen Becken. Er habe „immer gesagt, es könnte…“, man sei „gut vorbereitet“ und der „Krisenstab schaut jetzt mal, was wir an Beständen (Medikamente, etc.) haben“. Außerdem sollten wir keine entsprechende Schutzausrüstung ins Ausland verkaufen, weil wir sie selber brauchen (auch nicht an unsere europäischen Freunde?). Zuversicht kann er nicht, der Jensemann, er wirkt immer ein wenig kalt erwischt. Da machte sogar eine SPD-Genossin, Carola Reimann, Gesundheitsministerin Niedersachsen, eine souveränere Figur, auch wenn sie lediglich sagte, in Niedersachsen, wo es noch keinen Fall gibt, sei man noch besser vorbereitet.
Dr. med. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, der Senior am Tisch, versprach in sonorem Ton, dass wir die „höchste Bettendichte im stationären Bereich“ hätten, außerdem würden die Krankenkassen den Test bezahlen („Ich weiß nicht mal, was der kostet…“, sagte er. Schlappe 300 Öcken, Herr Doktor, rufen wir ihm zu.)
Nun gut, problematisch sei der Pflegeengpass und fehlende Schutzmaterialien, räumte er dann ein, nachdem die Illner-Redaktion den Hilferuf eines verzweifelten Chefarztes einer Lungen-Klinik in Lostau einblendete, und der ebenfalls geladene Youtube-Arzt Johannes Wimmer in die gleiche Kerbe schlug.
Unser Lieblingsarzt von der Charité fand die Diskussion grundsätzlich „daneben“, weil „dieses Virus wird alles wegwischen, was kommen kann…“ und er verwies auf die letzten Pandemien 1957 und 1968. Wir haben extra nachgesehen und die „Asiatische Grippe“ und die „Hongkong Grippe“ gefunden, wollen unsere Leser aber nicht weiter beunruhigen, sondern lieber mit dem kleinen Scherz „Der Chinese scheint irgendwie ein Patent auf diese Grippen zu haben“ ablenken.
Eine Apothekerin durfte dann berichten, das in ihrem Hause Schutzmasken und Mittelchen „weitgehend ausverkauft“ seien und es schon „seit etlicher Zeit Lieferengpässe“ bei Medikamenten gebe.
Unser Doktor Drosten beruhigte wenigstens in so weit, dass unser Gesundheitssystem grundsätzlich gut sei, wir (also vor allem er) einen Test entwickelt haben, wonach man nach einer Nacht wisse, ob man befallen ist oder nicht. Ansonsten müssen wir halt die Fachleute machen lassen. Während wir gerade in Deutschland überkommende Geschlechterrollen langsam hinter uns lassen, gibt es bei dem heimtückischen Virus eine eindeutige Bevorzugung des männlichen Geschlechts. Sauerei! (Dann sagte der Professor noch etwas über Raucher, was wir aber hier unterschlagen.)
Wie immer hatte Illner einen assistierenden Journo geladen, diesmal Alina Schadwinkel von Spektrum.de, die all den arbeitenden Menschen im Lande die frohe Botschaft brachte, dass „das Infektionsschutzgesetz“ greift, und der Arbeitnehmer getrost sechs Wochen zuhause bleiben könne, das Gehalt fließe weiter. Um die Ärzte zu entlasten empfahl Dr. Wimmer, sich digital krankschreiben zu lassen. Er mahnte aber zugleich, dass wenn sich jetzt alle krankschreiben ließen, sei eine kleine Firma schnell pleite. Da war doch noch ein Hauch der üblichen Illner-Sendungen zu spüren.
Also, liebe Leser, jetzt wird’s ruckelig. Immer schön die Hände waschen, wenn man draußen war und, wenn es geht, zuhause bleiben. Und die Kinder erst im April wieder bei FFF mittanzen lassen. Gute Nacht und gegebenfalls gute Besserung.
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