In Hamburg ist die Rechnung der LINKEN und ihre Strategie, wie sie in Thüringen angewandt wurde, erstmal voll aufgegangen:
Die linken Parteien, SPD (37,5 Prozent), Grüne (25,5%) und Linke (9%) verfügen eine satte Mehrheit von rund 70 Prozent, zählt man die Prozente des linken Lagers zusammen. Das linke Lager hat damit eine verfassungsändernde Mehrheit.
Die früher „rechten“ Parteien: CDU hat jämmerlich 11,5 Prozent, die AfD bangt um den Einzug und die FDP wird voraussichtlich zwischen 5 und 6 Prozent landen, sicher ist das nicht; zusammen also hat die Opposition nur noch über klägliche 18 Prozent. Die bürgerliche Mitte ist damit ausradiert; besser gesagt: Sie hat sich selbst ausradiert.
(Die Zahlen sind die Prognose nach Exit-Poll).
Der Triumph der Hamburg SPD
Nun war Hamburg immer schon eine Stadt, die Weltoffenheit mit links und Fortschritt mit grün verwechselt hat. Hamburg ist ein Wirtschaftsstandort, dem es so gut geht, dass er lächelnd seine eigenen Wurzeln zerstört. Es ist ja alles da! Unmittelbar vor der Wahl verkündete SPD-Spitzenkandidat und alter wie neuer Bürgermeister Peter Tschentscher noch schnell das Aus für eines der modernsten und saubersten Kohlekraftwerke. Dafür sollen Strom und Wärmeversorgung mit Gas gesichert werden. Das bringt nur einen um wenige Prozentpunkte niedrigeren Schadstoffausstoß, kostet deutlich mehr, belastet Bürger und Wirtschaft und erhöht die Abhängigkeit von Wladimir Putin. In Hamburg gilt das als Coup, mit dem Greta Thunberg und ihren Wahlkampfauftritt zu Gunsten der Grünen abgefangen wurde. Ein weiteres Geheimrezept von Peter Tschentscher: Er hat das lustige Duo der SPD-Vorsitzenden Esken und Walter-Borjans gar nicht erst eingeladen und versprochen, in Hamburg habe die SPD nichts zu sagen, auch wenn sie gewählt wird. Der Trick, sich als selbständige Partei zu camouflieren ist aufgegangen. So gut, dass sogar die korruptionsgeschüttelte SPD eine Art Lazarus-Stunde erlebte – und die Korruptionsvorwürfe überlebte, wonach sie an die 50.000 € Wahlkampfspende von der Warburg-Bank kassiert haben soll, um der Bank lästige Steuerstrafzahlung auf dem Verjährungsweg zu ersparen. So steht die SPD vom Totenbett auf, trotz erkennbarer Korruptionsskandale. Was sind da schon 8,1 Prozent Verluste?
Die Grünen bleiben zurück
Die Grünen sind nicht stärkste Partei geworden, sondern bleiben die Nummer Zwei. Damit können sie gut leben. Die Spitzenkandidatin Katharina Fegebank konnte lange ihr verheerendes Wirken bei der Politisierung und wissenschaftlichen Entkernung der Hamburger Hochschulen verbergen. Aber sie trat letztlich zu penetrant auf. Der Trend hatte sich in den vergangenen beiden Wochen gedreht. Nachdem klar wurde, dass die SPD das Rennen machen würde, desertierten weitere Wähler weg von den Grünen zur SPD. Man ist immer gerne bei den Siegern.
Eine historische Schlappe mit nur 11,5 Prozent hat die CDU eingefahren. Es ist ein Selbstmord vor laufenden Kameras. Die CDU fällt in sich zusammen, seit die
Ausgrenzung der Konservativen und Liberalen unter Merkel zur Leitlinie wurde und die CDU von einer vielfarbigen zu einer einfarbigen Partei entwickelt hat. Es ist das Ende einer Entwicklung: Zunächst die Anbiederung bei der SPD, die Sozialdemokratisierung der Union unter Merkel. Aber wenn es denn nur das wäre. Merkel geht ihren Weg konsequent weiter. Jetzt ist die LINKE der Maßstab aller Dinge, das Ziel ihrer Bemühungen.
Sie hat aufgegriffen, was in der DDR herrschende Lehre war, um die Vorherrschaft der SED zu sichern: den sogenannten „Anti-Faschismus“. In der DDR war der Antifaschismus Staats- und Geschichtsdoktrin. „Faschisten“, das war die BRD, ihre Politiker, ihre Unternehmen, die Bundeswehr, alle Institutionen wie Bundestag und Bundesverfassungsgericht. Dagegen richtete sich der Faschismusbegriff der DDR. Unter Merkel wird er gegen die Mitte der Gesellschaft angewandt – und mit der CDU implodiert diese Mitte, die kein politisches Sprachrohr mehr hat. Am Ende richtete sich der Faschismus-Vorwurf sogar gegen die CDU selbst. Die Linke wird zwar in Hamburg zur Regierungsbildung nicht gebraucht – aber ideologisch beherrscht sie den Diskurs. Der Jubel der Linken-Chefin Katja Kipping um 18.15 war berechtigt. Sie hat erkannt, dass es um ein paar Prozente hin oder her im linken Lager nicht ankommt. Das Lager hat gesiegt, das Versagen von FDP und CDU beim Umfallen in Thüringen hat sich für das linke Lager ausgezahlt.
Erwartbare Katastrophe für die AfD
Zur Katastrophe wird das Wahlergebnis auch für die AfD. Der öffentliche Druck, die mediale Dauerbeschallung haben noch immer Wirkung; zuletzt wurden dieser Partei ja sogar die Morde von Hanau angerechnet. Auch davor hat sie praktisch kaum Wahlkampf betreiben können. Plakate fast noch schneller abgerissen als aufgehängt, kaum Veranstaltungsorte, die Stände praktisch belagert und die Parteimitglieder angepöbelt. Diese Art von Wahlkampf kennt man aus Putins Russland in seinen wilden Tagen. Heute geht es sogar dort mit der Opposition gesitteter um. Die Verfemung der AfD hat verhindert, dass eine neue politische Repräsentanz entstehen konnte – was allerdings der CDU nicht viel hilft. „Nazis raus“ wird skandiert, schon hörbar im ARD-Studio. So macht man Politik. Man nennt es Demokratie.
Wie Merkel die CDU ruiniert hat
Hamburg markiert damit die Totalniederlage von Merkels Strategie, die für ihren persönlichen Machterhalt alles opfert – auch die CDU, die sie groß gemacht hat: Merkel greift auf die Formeln zurück, die ihr als Schülerin und Studentin in der DDR pauken mußte – die Annäherung an die Linke und letztlich die Unterordnung der CDU unter die straff geführte Kaderpartei. In Hamburg erhält sie jetzt die Quittung für das Versprechen, in Thüringen den Linken-Politiker Bodo Ramelow statt des liberalen FDP-Politikers Kemmerich als Ministerpräsident zu wählen oder wählt sie ihn dadurch, dass ihre Abgeordnetenhaus Klo gehen, oder vielleicht ein Los ziehen: Wer das längere Höschen zieht muss Ramelow wählen? Selten hat sich eine Partei so selbst erledigt und dem erbittertsten Gegner aufs Pferd geholfen. Dabei bildete die Abgrenzung von sozialistischen Ideen die vielleicht wichtigste Konstante in der Politik der CDU seit ihrer Gründung vor fast 75 Jahren. „Mit dem Wort Sozialismus,“ so Adenauer lakonisch, „gewinnen wir fünf Menschen und zwanzig laufen weg.“ Die Anerkennung des Privateigentums und der wirtschaftlichen Freiheit der Person durch die CDU war die Voraussetzung dafür, dass das kriegszerstörte Westdeutschland zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt wurde.
Im Programm der Linkspartei steht hingegen immer noch, dass Deutschland ein „anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem“ brauche – „den demokratischen Sozialismus“. Aber wer sich freiwillig den Linken unterwirft erhält die Quittung.
Und so bleibt nur noch die FDP. Da sie ohnehin nicht mehr regieren will und öffentlich nichts so sehr bedauert wie ein Staatsamt, das ihr in den Schoß fällt, gibt es auch keinen Grund mehr, über sie zu schreiben.