Tichys Einblick
Die Grünen an der Macht

Die drohende Ökodiktatur

Ihr Ziel ist das Kanzleramt. Aber schon auf dem Weg dorthin haben die Grünen die Macht in Deutschland übernommen - überall setzen sich grüne Konzepte durch.

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Niemand hat die Absicht, eine Ökodiktatur einzurichten! Das versichert Ralf Fücks, einst Grünen­-Vorsitzender und heute Chef der von ihm und seiner Frau Marieluise Beck gegründeten Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne. Er halte das »für einen kompletten Irrweg«, sagt der auf Modernisierung und Innovationen setzende Fücks nach einer Interview­-Unterstellung von taz­-Autor Peter Unfried, »der alte Traum mancher Ökolinker« sei ja »die Ökodiktatur«.

Niemand? »Öko­Diktatur? Ja bitte!«, titelte im Januar 2019 die linke Wochenzeitung Freitag. Und lockte in der Unterzeile: »Tempolimit, Flugverbot, Kohleausstieg: Hartes Eingreifen rettet den Planeten«. Der US-­Klimaforscher James E. Hansen, langjähriger Direktor des Goddard Institute for Space Studies der NASA in New York City, äußerte sich schon 2015 enttäuscht über das Pariser Klimaabkommen, die Tatenlosigkeit der westlichen Welt und setzt deshalb ganz auf Präsident Xi Jinping in Peking. »Ich denke, wir werden es schaffen, weil China rational ist«, sagt Hansen dem Guardian. »Die dortigen Führungskräfte sind größtenteils ausgebildet als Ingenieure und so, sie bestreiten den Klimawandel nicht und sie haben einen großen Anreiz, nämlich die Luftverschmutzung.«

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Von Hans Joachim Schellnhuber, bis 2018 Direktor des von ihm gegründeten Potsdam­-Instituts für Klimafolgenforschung und in dieser Zeit wichtigster Klimaberater von Kanzlerin Angela Merkel, stammt der Vorschlag, das Parlament um einen nicht demokratisch gewählten Zukunftsrat zu ergänzen. »Eine Idee wäre, dass man im Parlament eine bestimmte Anzahl von Sitzen vorhält für Menschen als Anwälte künftiger Generationen. Die hätten dann möglicherweise ein Vetorecht bei Gesetzen, die in nachweisbarer Weise Rechte und Chancen unserer Nachkommen betreffen würden«, so Schellnhubers Vorschlag. Der Wissenschaftler hat sicher keine Ökodiktatur im Sinne. Aber die Umsetzung seiner Idee würde eine graduelle Aushebelung der parlamentarischen Demokratie bedeuten. Diese »Anwälte« gingen schließlich nicht aus allgemeinen und gleichen Wahlen hervor, sondern müssten nach bestimmten Kriterien vorausgewählt, mithin positiv diskriminiert werden.

Bernward Gesang, Professor für Philosophie und Wirtschaftsethik an der Universität Mannheim, hat in einem sehr ähnlichen Vorschlag angeregt, »Anwälte der Zukunftsinteressen schon jetzt mit einem Stimmrecht auszustatten und ihnen Mitwirkungsmöglichkeiten in den Entscheidungsgremien zu geben«. Und weiter: »Solch ein Rat sollte sich aus von Nichtregierungsorganisationen und Forschungsinstituten nominierten Kandidaten zusammensetzen und direkt von den Bürgern oder vom Parlament gewählt werden.« Der Rat, für den er auf Vorbilder in Israel und Ungarn verweist, hätte zudem »ein parlamentarisches Rede­ und möglicherweise ein aufschiebendes oder vollständiges Vetorecht«.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen, ein auch als Umweltrat bekanntes weiteres Beratungsgremium der Bundesregierung, schlug 2019 in einem Sondergutachten einen zusätzlichen »Rat für Generationengerechtigkeit« vor. Das neue Gremium soll »mit Möglichkeiten zur Stellungnahme« an Gesetzgebungsverfahren beteiligt werden, wenn künftige Generationen betroffen sind. Dazu soll es ein auf drei Monate begrenztes »suspensives Vetorecht in Bezug auf Gesetzentwürfe im Falle schwerwiegender Bedenken« erhalten.

Wenn Regierungsberater das Parlament aushebeln wollen

Wann sind künftige Generationen von Gesetzesmaßnahmen betroffen? Sicher nicht nur bei Maßnahmen zum Umwelt­ und Klimaschutz, sondern auch zur Rentenpolitik, zu Steuerfragen, zu Sozialstaatlichkeit, Pflege­ und Krankheitswesen, zur Migration, zur EU-­Integration, zur Verteidigungspolitik, zur Außenpolitik. Man muss lange überlegen, um auf Gesetze zu kommen, die ausschließlich für das Hier und Jetzt gelten.

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Der Rat für Generationengerechtigkeit sollte »idealerweise« eine »verfassungsrechtlich verankerte und demokratisch legitimierte Institution von bedeutendem politischem Gewicht sein, die als parteipolitisch neutral wahrgenommen wird«, so der Umweltrat. »Seine Mitglieder, die Sachverstand in den Bereichen nachhaltiger Umwelt­-, Sozial­- und Wirtschaftspolitik vereinen, sollten daher unabhängig sein.« Sie könnten je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat »für zwölf Jahre ohne Wiederwahlmöglichkeit gewählt werden«.

Das Gremium, heißt es weiter, würde »über ›Hard Power‹ verfügen, da es die am Gesetzgebungsprozess beteiligten Akteure notfalls zwingen kann, sich mit den Interessen künftiger Generationen im Abwägungsprozess auseinanderzusetzen«. Und: »Bereits die Androhung eines Vetos im laufenden Gesetzgebungsverfahren dürfte regelmäßig zu Änderungen des Gesetzesvorhabens führen.« Im siebenköpfigen Umweltrat, durchweg renommierte Professoren, hatte sich per Minderheitsvotum nur ein einziges Mitglied, Lamia Messari­-Becker, Bauingenieurin und Expertin für nachhaltiges Bauen, gegen diese Aushöhlung der Demokratie ausgesprochen. Ein solcher Rat sei »nicht vereinbar mit der parlamentarischen Demokratie, die im Grundgesetz verankert ist«, sagte sie dem Autor.

Hingegen befürwortet Lisa Badum, klimapolitische Sprecherin der Grünen­Bundestagsfraktion, »ausdrücklich die Diskussion darüber, wie wir die Bevölkerung, auch die Klimabewegung und die Mehrheit des Bundestags, enger zusammenbringen. Im Moment klafft da eine riesige Lücke.« Darum, so die oberfränkische Bundestagsabgeordnete, finde sie die »Idee eines Vetos über einen ›Rat für Generationengerechtigkeit‹ gut und bedenkenswert«.

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Zur Erinnerung: Bundesregierung, Bundesrat oder mindestens fünf Prozent der Bundestagsabgeordneten können bislang Gesetzentwürfe einbringen. Der Bundestag muss in allen Fällen entscheiden, bei »zustimmungspflichtigen Gesetzen« ist auch das positive Votum des Bundesrats nötig. Dieses bewährte Verfahren soll gekippt, zumindest aber geschwächt werden. Und da es um Gesetze mit Auswirkungen auf künftige Generationen geht, ist faktisch kein Gesetzesbereich davon ausgenommen.

Was, wenn Politik und Wissenschaft in zehn Jahren zu dem Ergebnis kommen sollten, dass nun doch die richtigen Maßnahmen ergriffen seien und man die Klimakrise in den Griff bekomme – aber nun droht plötzlich eine ökonomische Weltkrise. Oder eine sicherheitspolitische. Konsequenterweise müsste das Parlament dann auch offen stehen für weitere Gremien mit Volkswirten oder Generälen – und jeweils mit der Kompetenz, die Gesetze der dafür gewählten Repräsentanten der Bevölkerung, des obersten Souveräns also, zu stoppen oder zu verändern.

»Wir bewegen uns in Richtung Ökodiktatur«, warnte der Ökonom Carl Christian von Weizsäcker bereits 2011. In der FAZ schrieb er, der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), eines von vielen Beratungsgremien des Kabinetts, habe eine »große Transformation« gefordert, die »an Veränderungsumfang der industriellen Revolution oder der ›neolithischen Revolution‹ nicht nachsteht« – also dem Übergang vom nomadischen Leben der Urmenschen zur sesshaften Agrarwirtschaft, der sich über mehrere Jahrtausende hinzog. Weizsäcker sieht nur ein historisches Ereignis, »dessen führende Akteure sich ebenfalls als Träger einer derartig fundamentalen Umwälzung gesehen haben. Es ist dies die russische proletarische Revolution von 1917 unter der Führung des bolschewistischen Flügels der Kommunistischen Partei mit ihrem charismatischen Chef Wladimir Lenin.«

Was Herbert Gruhl wirklich wollte

Dem konservativen Vordenker der Grünen, Herbert Gruhl, wird regelmäßig vorgeworfen, er sei Befürworter einer Ökodiktatur gewesen, weil er keinen anderen Weg zur Rettung der Welt gesehen habe. Das ist falsch. Tatsächlich zitiert der einstige Christdemokrat in seinem Klassiker Ein Planet wird geplündert, angesichts der erschöpften Ressourcen und unmittelbar bevorstehenden Verteilungskämpfe sei eine Weltregierung nötig, eine globale Instanz, und sie »müsste tatsächlich, um Erfolg zu haben, die gesamte Verteilung von Rohstoff­ und Energiequellen und besonders von Nahrungsmitteln auch gegen den Willen der einzelnen Länder regeln können. Ja, sie müsste auch die erlaubte Kinderzahl für jedes Volk festsetzen und Verstöße ahnden.« Proteste dagegen könne sie nicht dulden, die Menschen müssten »zwangsläufig organisiert werden wie ein Ameisenhaufen oder ein Bienenstock. Dies führt zu weniger Freiheit, und das ist ganz natürlich.« Und weiter: »Diese Diktatur müsste unter Umständen härter sein als die stalinistische es war, da ihr jeder Ausweg auf Kosten der Erde verwehrt ist.«

Aber, so kommt Gruhl endlich zum Punkt, »die ›Eine Welt‹ ist ein typisch menschliches Hirngespinst«. Zu einer Weltregierung werde es »nie kommen«. Es sei sinnlos, lautet Gruhls Fazit, »neue Utopien zu entwickeln, die auf die Entwicklung nicht den geringsten Einfluss haben«. In seinem späteren Buch, Himmelfahrt ins Nichts, zitiert Gruhl den französisch-­amerikanischen Umweltaktivisten René Dubos mit der drastischen Prognose, dass eine »Überbevölkerung nach aller Wahrscheinlichkeit psychologische Schäden verursachen werde. Für einige übervölkerte Populationen mag dann Gewalt oder sogar die Atombombe eines Tages keine Drohung mehr sein, sondern eine Befreiung.«

Der zur Ausführlichkeit tendierende Gruhl macht sich die Idee jedoch nicht zu eigen, sondern würgt sie gute 100 Seiten später ab: Er habe zur Idee einer »totalen Weltregierung« schon in seinem ersten Buch gesagt, »dass sie weder realisierbar ist noch wünschenswert wäre«. Und weiter: »Den Vorwurf, ich hätte dort eine Weltdiktatur gefordert, haben sich einige Ignoranten aus ihren roten Fingern gesogen.« Eine Weltregierung müsste nämlich allen Streit in der Welt mit Gewalt unterdrücken: »Ein ökologisches Gleichgewicht entsteht jedoch nur aus einem Gleichgewicht streitender Mächte, wie die gesamte Evolutionsgeschichte zeigt.«

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Die »roten Finger« dürften eine Anspielung auf die einstige Parteifreundin Jutta Ditfurth gewesen sein, die Gruhl immer wieder »ökofaschistische Positionen« vorgeworfen hat. So habe Gruhl es im Himmelfahrts­-Buch »für erörterungswert« gehalten, gegen die »zu vielen Menschen in der ›Dritten Welt‹ notfalls die Atombombe einzusetzen«, empörte sich die Ökosozialistin.

Was Gruhl als Überlegung zwar erörterte, aber entschieden verwarf, nämlich die Errichtung einer Ökodiktatur, wird in der Partei heute, soweit zu erkennen, von niemandem erwogen. In der grünen Blase aber, jenem gesellschaftlichen Trend mit dem Anspruch auf eine intellektuelle Hegemonie, wird die Klimadebatte inzwischen ausgesprochen rigoros geführt. Roger Hallam, Gründer und Drahtzieher der auf zivilen Ungehorsam spezialisierten Aktivistengruppe Extinction Rebellion, hält Gesetzesbrüche für völlig legitimiert, wie an anderer Stelle ausführlich dargelegt wird. Der einstige Biobauer aus Wales sagt, möglicherweise sei ein Sturz der Regierung nötig, wobei vielleicht einige sterben würden.

Die Tyrannei der Tugend

Eine Tyrannei der Tugend wird heraufbeschworen, wenn über Verbote für Flüge, für Autos mit fossilem Verbrennungsmotor, für Rindfleisch diskutiert wird, bevor es adäquaten und bezahlbaren Ersatz gibt. So singt der Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech, Volkswirt an der Uni Siegen und Verkünder einer »Postwachstumsökonomie«, das Lied eines neuen Calvinismus. Unter anderem in einem Deutschlandfunk­Interview forderte er eine sehr hohe CO2-­Steuer, die »uns die Urlaubsflüge, den Fleischkonsum, den Wohnraum, das Autofahren und den übermäßigen Konsum madig machen« würde, so der Hochschullehrer. Paech fordert einen »Rückbau der Industrie«. Würden wir die wöchentliche Arbeitszeit von derzeit 40 Stunden »und damit auch das Einkommen« auf eine »30-­ oder 20-­Stunden­Woche« senken, dann wäre dies ein Beitrag zum Klimaschutz. In der »freigesetzten Zeit« sollten sich die Menschen nützlich machen. Und »ganz wichtig« sei die gemeinsame Nutzung von Autos, von Gärten, von Werkzeugen, um die industrielle Produktion zu reduzieren, verkündet der Vulgär­-Rousseauist und Ökosozialist.

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Paech fordert einen »Aufstand der Handelnden, der sich dem Steigerungswahn verweigert«, und »tatsächlich im zwischenmenschlichen Bereich wieder ein Regulativ«. Wie das aussehen solle? Er hoffe, dass »Menschen auch wieder untereinander anfangen« zu diskutieren und sich zu kritisieren – »einen Streit beginnen dergestalt, dass ich meinem Nachbarn sage: Hör’ mal, warum hast du ’ne Kreuzfahrt gebucht? Wer gibt dir das Recht, ’nen SUV zu fahren? Warum musst du eine Flugreise in den Skiurlaub auch noch tätigen? Das muss in Familien, das muss in Schulen, das muss in allen öffentlichen Institutionen, in allen Gesprächen, in allen Wirtshäusern Thema sein!«

Man sieht ihn bildlich vor sich, den von Paech erhofften postwachstumsökonomischen Stammtisch im Wirtshaus »Zum flinken Radler«, wo SUV-­Besitzer und Urlauber Selbstkritik üben. Es sitzen dort Männer und Frauen, allesamt in Jutesäcke gekleidet, man trinkt Wasser vom letzten Regenfall, natürlich nicht erwärmt, und zwischendurch bringt die Köchin eine irdene Schüssel voller Kartoffeln mit Sauerampfersalat aus dem selbst gedüngten kleinen Garten. Löffel und Gabel gehen reihum.

Paech ist kein Grüner, er hält sie für »grenzenlose Opportunisten« – sie sind ihm erkennbar nicht konsequent genug. Der Professor versichert ausdrücklich, er wolle keine Ökodiktatur, alle seine Ziele sollten durch vorbildhafte Aktionen von CO2­Aktivisten popularisiert und letztlich von der Allgemeinheit übernommen werden. Er gehört damit zu jenen Intellektuellen, die das, was von den Grünen propagiert wird, nämlich eine rasche CO2-­Neutralität, mit radikaler Konsequenz und unter Verzicht auf Wachstum einfordern.

Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Der Fluch des Guten - wenn der fromme Wunsch regiert
Ähnlich argumentiert der britische Sozialwissenschaftler Andrew Sayer, nach dessen Meinung der Kapitalismus »mit der Rettung des Planeten nicht kompatibel ist«. Der Professor der Lancaster University erklärt ganz offen: »Ja, wir können uns die Reichen nicht leisten, aus Gründen des Umweltschutzes wie der wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit. Sobald es aber um Umweltbelange geht, müssen wir nicht nur über die Reichen sprechen, sondern über viele von uns in den reichen Ländern, deren CO2-­Bilanz zu hoch ist.« Die Konsequenz? Weil laut John Urry Öl für »mindestens 95 Prozent« aller Transportenergie genutzt wird, schreibt Sayer: »Ob wir wollen oder nicht – solange nicht eine wundersame neue, kohlenstoffarme Energieform auftaucht, werden künftige Generationen sich mit einer stark eingeschränkten Mobilität abfinden müssen.« Keiner der vorgenannten Denker will eine Tyrannis, vielleicht abgesehen von Roger Hallam. Doch der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert, und das Ziel scheint stets die Mittel zu rechtfertigen, bei Johannes Calvin ebenso wie bei Niccolò Machiavelli.

Während der Französischen Revolution gab es den Wohlfahrtsausschuss, der der »öffentlichen Wohlfahrt« dienen sollte und von Maximilian de Robespierre in das zentrale Instrument des jakobinischen Terrors umfunktioniert wurde – bevor »der Unbestechliche« selbst unter der Guillotine landete. Im Iran hat der religiöse Wächterrat das Recht, Gesetze des Parlaments auf ihre Übereinstimmung mit den Prinzipien des Islam zu überprüfen und gegebenenfalls zu stoppen. Daneben gibt es im Iran und anderen muslimischen Ländern eine »Religionspolizei«, die unislamische Produkte wie Barbiepuppen konfiszieren, Männer, die sich mit unverheirateten Frauen unterhalten, verhaften und Frauen mit lackierten Fingernägeln auspeitschen darf. In keiner dieser Gesellschaften war eine solche Entwicklung zu Beginn absehbar, auch nicht im Iran, wo Ayatollah Khomeini aus dem Exil in Frankreich eine islamische Republik nach dem Muster der französischen Republik versprach: »Menschen gehen zur Wahl, bestimmen ihre Vertreter und es gibt eine Verfassung.« Von der Scharia, dem Schleierzwang für Frauen oder der Verfolgung von Homosexuellen sprach der Ayatollah nicht.

Wohlstand für Alle?
Rettung des Weltklimas: Wohlstand für Wenige
Zeit­-Journalist Bernd Ulrich ruft in seinem Buch über das Zeitalter der Ökologie nicht nach einer Diktatur, wohl aber nach dem ordnenden Staat. Er soll der »wissenden Ignoranz« der Gesellschaft endlich Regeln setzen, damit die Belange des Klimaschutzes erreicht werden. »Wir sind nicht radikal genug«, klappentextet Ulrich – doch so richtig rückt der einstige Büroleiter der Grünen dann leider nicht heraus mit der Sprache, wie diese Regeln aussehen sollen. Irgendwo ironisiert er mal, solange man »für 30 Euro nach Rom fliegen kann«, bedürfe es eines »asketischen Heldentums, darauf zu verzichten«. Aber dann spricht er von den Billionen Euro, »die nötig sind, um die Klimawende binnen eines Jahrzehnts zu schaffen«, und das lässt sich kaum durch einen CO2­-Aufschlag auf derartige Tickets erwirtschaften – und durch das Verbot dieser Flüge ebenso wenig.

Der österreichische Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek hat die Vorstellung, dass der Mensch »die Welt um sich nach seinen Wünschen formen kann«, als »verhängnisvolle Anmaßung« von Wissen bezeichnet. So sei der Sozialismus als eine der einflussreichsten politischen Bewegungen unserer Zeit von nachweislich falschen Voraussetzungen ausgegangen und habe – entgegen den guten Absichten und trotz der herausragenden Intelligenz mancher seiner Vertreter – den Lebensstandard und sogar das Leben eines Großteils der Menschheit gefährdet. Die Frage des FDP­-Bundestagsabgeordneten Oliver Luksic, ob es bald eine »Grüne Armee Fraktion« geben könne, mag abwegig scheinen. Aber die grüne Bewegung muss sehr aufpassen, nicht die Fehler des wohlmeinenden und Leid verursachenden Sozialismus zu wiederholen.

Auszug aus: Ansgar Graw, Die Grünen an der Macht. Eine kritische Bilanz. FBV, 304 Seiten, 22,99 €.


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