Wie Österreichs Normalos auf Auslands-Angriffe, aber auch im Inneren in der Affäre um ihren Bundespräsidenten Waldheim reagierten, haben wohl schon alle wieder vergessen. Ganz einfach: Wir lassen uns von euch nichts vorschreiben.
Wie zu erwarten war, ist Ralf Stegner schon vorbildlich gegen Österreich ausgerückt. Die Üblichen werden folgen.
Kurt Waldheim war von 1971 bis 1981 UNO-Generalsekretär in New York. Als er 1986 als ÖVP-Kandidat Bundespräsident wurde, kam seine Mitgliedschaft im NS-Studentenbund und der Reiter-SA in der Nazizeit auf. Seine Wahl brachte Österreich eine Art internationaler Isolierung lange vor den EU-Sanktionen 2000 bei ersten Koalition von ÖVP und Jörg Haiders FPÖ. Für Österreich war die „Affäre Waldheim“ der heilsame Zwang, sich mit der Rolle vieler Österreicher im „Dritten Reich“ auseinandersetzen zu müssen. Der lange von Rot und Schwarz gepflegte Mythos des Staatsvertrages mit den Siegermächten, Österreich wäre das erste Opfer Hitlers gewesen, zerbrach darüber. Dass Waldheim als „Mitläufer“ nun nachträglich eingestuft wurde, änderte nichts mehr an der Affäre, er hatte zu lange geleugnet (der gängige Spott, er war nicht in der Reiter-SA, nur sein Pferd). Unabhängig davon akzeptierte der Normal-Österreicher nicht, was da alles von außen über ihn hereinbbrach.
Das Gleiche wie damals, als Österreich isoliert wurde, zeichnet sich für mich jetzt ab. Wenn Politiker und Journalisten aus anderen Ländern mit dem Finger auf Österreich zeigen und Pfui sagen, wie könnt ihr nur so einen „Rechtspopulisten“ als Favoriten ins Schlussrennen um den Bundesprädidenten schicken, wird die Reaktion bei nicht wenigen noch Unentschlossenen sein: dann erst recht.
Marine Le Pen und Geert Wilders haben Hofer und Strache gratuliert. Die Rolle, welche beide in ihren Ländern inzwischen gewonnen haben und ihre politischen Verwandten in fast allen Ländern Europas, wird dafür sorgen, dass die Angriffe auf Österreich weniger sein werden als damals bei Waldheim und später bei Haider – oder ausbleiben.
In Österreich durfte doch niemand überrascht sein, der hingeschaut hat. Die FPÖ ist nicht erst seit gestern die neue Arbeiterpartei des Landes (drei Viertel der Arbeiter wählen blau statt rot). SPÖ und ÖVP verwechseln seit langem das Volk chronisch mit den Funktionären von Kammern, Gewerkschafte, Verbänden, NGOs, Kirchen usw. Die Politiker an der Spitze der Regierungsparteien sind praktisch alle gewesene Funktionäre. Der Staatsfunk ORF beschützt sie hinter seinem Medienvorhang und selbst die Demoskopen wagen nicht, aus ihren Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Zu ebener Erde und im ersten Stock“ materialisiert sich in Östereich noch mehr als in Deutschland als politisches Illusionstheater.
Alexander Van der Bellen weiß das, will das nicht und wird seine Leute nicht zügeln können. Irmgard Griss hat sich dagegen ausgesprochen mit dem Appell, die Gräben nicht weiter zu vertiefen. Sie und ihre Unterstützer haben das Zeug, eine tatsächlich neue politische Kraft in Österreich zu formen, nicht einfach nur eine neue Partei. Die Neos haben sich mit ihrem sowohl Van der Bellen als auch Griss als weder neu noch Kraft erwiesen.
Wenn kein Wunder geschieht, rollt die Lawine Hofers Feinde für Hofers Sieg. Da auf Wunder kein Verlass ist, würde ich mich als Irmgard Griss & Co. auf die Zeit nach der Bundespräsidentenwahl präparieren: Für die Nationalratswahl 2018, die auch schon sehr viel früher stattfinden kann.