Tichys Einblick
Wie das SPD-Geldwaschsystem AWO funktioniert

Wie korrupt ist Ihre AWO?

Ein Muster wird deutlich: SPD-Stadträte schanzen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Geld zu - das fließt in die Taschen der Top-Manager - und zurück an die SPD-Stadträte. In der Zusammenschau ergibt sich ein erschütterndes Bild einer Geldwaschmaschine von SPD und AWO zu Lasten von Steuerzahlern.

imago images / Ralph Peters

Deutschlandweit kommen immer neue Korruptionsvorwürfe ans Licht. In den Kreisverbänden der Frankfurter und Wiesbadener Arbeiterwohlfahrt (AWO) wurden systematisch Millionen in die eigene Tasche gewirtschaftet, TE zählte bereits die Anschuldigungen hier auf; die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrug und Untreue. Aber es ist nur die Spitze eines gewaltigen Eisbergs, dessen Umrisse wir weiter unten beschreiben. Ob die AWO auch in Ihrer Stadt Gelder missbraucht, können Sie mit folgender Checkliste prüfen; Hintergründe, wie die SPD/AWO-Geldwaschmaschinen funktionieren, finden Sie im Anschluss.

Checkliste: Ist Ihre AWO vor Ort eine Geldwaschmaschine?

1. Gibt es eine Häufung von Familienmitgliedern innerhalb der gleichen oder benachbarter AWO-Verbände?

2. Bestehen Familienbande von AWO-Funktionären zu Politik und Verwaltung?

3. Wie eng ist die SPD mit der AWO verflochten?

4. Prüfen Parteisoldaten die Kasse der AWO?

5. Fließen Gelder von SPD-geführten Verwaltungen zur AWO?

6. Existieren Multi-Anstellungen innerhalb der AWO?

7. Üben AWO-Funktionäre Jobs außerhalb der AWO aus?

8. Sind AWO-Einrichtungen ordnungsgemäß ausgestattet?

9. Von wem beziehen AWO-Einrichtungen Dienstleistungen?

10. Wie aufwändig ist der Lebensstil der AWO-Führung?

Es geht um Protz-Gehälter für ehrenamtliches Engagement, Dienstwagen und politische Verquickungen mit Parteien auf Lokal- bis Bundesebene. Der Skandal weitet sich aus – das SPD-System zur Geldbeschaffung mit Hilfe der AWO funktioniert bundesweit.

Keine faire Kontrolle, sondern durch Genossen

Im übergeordneten Bezirksverband Hessen-Süd, dem die Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden untergeordnet sind, wurden dem damaligen Generalbevollmächtigten der AWO Torsten Hammann zwei Altenheime der AWO verkauft, die er dann prompt an die AWO zurück vermietete. Hammann ist nun nicht mehr Generalbevollmächtigter der AWO Hessen-Süd, aber immer noch als Berater für diese tätig. Zum Generalbevollmächtigten des Verbandes berufen wurde mittlerweile Ansgar Dittmar, SPD-Politiker und Mitbeschuldigter der Frankfurter Strafanzeige, die ihm Betrug und Mittäterschaft vorwirft. Ausgerechnet er soll nun  die Vorgänge in Frankfurt und Wiesbaden aufklären. Aktualisierung: Am 01.02 wurde Dittmar vom Geschäftsführerposten abberufen.

Dafür wurde eine Task-Force unter Führung der ehemaligen Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (auch SPD) eingesetzt. Unterstützt wird sie dabei von Stephanie Becker-Bösch, die für die SPD in der hessischen Wetterau erste Kreisbeigeordnete sowie als Sozial- und Gesundheitsdezernentin tätig ist. In der Vergangenheit war sie eng mit der AWO verflochten, eröffnete Heime, betreute Events – belegt ihre eigene Website. Dazu kommt ein nicht näher benannter AWO-Kreisverbandsvorsitzender. Auf eine Anfrage diesbezüglich antwortete die AWO Hessen-Süd nicht. Eines ist klar: Auch bei der Korruptionsaufklärung bleibt man bei AWO und SPD lieber unter sich.

Aufklärungs-Chaos in Rostock

Doch  nicht nur in Hessen zeigt die AWO, dass sie es mit der Kontrolle ihrer Ortsverbände nicht so ernst nimmt. Im Kreisverband Müritz bezog der Geschäftsführer Olijnyk ein Jahresgehalt von 150.000 Euro, mit zusätzlichen 35.000 Euro pro Jahr Tantiemen und einer zukünftigen Betriebsrente von 2.000 Euro pro Monat (macht 24.000 Euro Rente im Jahr). Insgesamt soll sich Olijnyk um 1,2 Millionen Euro bereichert haben. Dies war unter anderem möglich, weil der damalige Vorstandsvorsitzende Götz-Peter Lohmann (SPD Mitglied und von 1998 bis 2005 Mitglied des Bundestags, ab 2006 im AWO Vorstand) sich an dem dreisten Raubzug beteiligte, sich selbst um 660.000 Euro und seine Familienmitglieder um 173.000 Euro bereicherte. Der NDR berichtete dazu hier. Von Mürtiz aus weitete sich die dortige AWO Affäre mittlerweile auf den benachbarten Kreisverband Rostock aus.

Zuletzt wurde selbst die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig (SPD und AWO-Mitglied) als Zeugin in den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorgeladen. Aber es geht immer weiter. Die Nachfolge des Kreisverbands-Geschäftsführers von Peter Olijnyk trat die langjährige Leiterin der Finanzabteilung der AWO, Simone Ehlert, an. Doch nachdem sie in einem Interview mit dem Nordkurier die Befürchtung äußerte, die AWO Führung versuche den Skandal zu vertuschen, wurde sie noch am selben Tag beurlaubt und ihr Geschäftsführervertrag aufgelöst. Das war 2017 – doch das Führungsdrama ging weiter.

Ehlerts Interimsnachfolger war Peter Reizlein. Als die Affäre sich auf den Kreisverband Rostock ausweitete, wechselte er als Geschäftsführernach Rostock, weil der bisherige Geschäftsführer Sven Klüsener abtreten musste; um dort im vergangenen Dezember wieder geschasst zu werden, weil er, so zitiert der Nordkurier AWO-Mitarbeiter, das falsche Parteibuch hatte. An anderer Stelle wird berichtet, er sei zu sehr an Transparenz und Aufklärung interessiert gewesen.

Seine Nachfolge trat Matthias Siems an; der ist SPD Mitglied und Ortsbeirat in Rostock. Ihm werden auch enge Verbindungen zu Christian Kleiminger nachgesagt. Kleiminger ist ehemaliger SPD-MdB und seit 2002 Vorsitzender des Kreisverbandes Rostock der AWO.

Wer jedoch glaubt, dass damit das Personaldrama in der Rostocker AWO abgeschlossen ist, irrt. Im Gegenteil, denn mit einem SPD-Geschäftsführer hat das große Saubermachen nach Art der AWO erst begonnen. Methodisch werden nun die letzten Aufrechten und Aufklärungswilligen weggeputzt. Der Abteilungsleiterin des Pflegebereichs wurde fristlos gekündigt; die Qualitätsbeauftragte ist aus Treffen der Geschäftsführung ausgeschlossen worden. Wer kritisiert, auffällt, aufklären will, der wird rasiert. Manch ein AWO-Mitarbeiter flüstert von Stasi-Methoden.

Bochumer Klüngel

Aus Bochum sind derartige Fälle schon seit 2017 bekannt: Hier war der  Kreisverbandgeschäftsführer der AWO Ernst Steinbach ebenfalls SPD-Ratsmitglied. Er handelte mit dem Sozialamt einen mündlichen Vertrag zur Unterbringung von Migranten aus. Das Sozialamt leitete Ute Bogucki, selbst mit engen Verbindungen zur SPD und verheiratet mit einem SPD-Ratsmitglied. Dieser Vertrag wurde vorher nicht ausgeschrieben oder dem Stadtrat zur Zustimmung vorgelegt (was sich wegen der mündlichen Vertragsform sowieso als schwierig erwiesen hätte). Die Konditionen beinhalteten unter anderem überhöhte Mieten und eine überhöhte Anzahl an Unterkunftsplätzen. So wurde eine Unterkunft 2016 mit 450 Plätzen gebaut, 2017 waren davon allerdings nur 160 Plätze belegt – doch bezahlt wurde voll, und das für zwei Jahre. Eine 2017 verfasste Anfrage an die Verwaltung finden sie hier.

Bei der AWO kommt es immer und immer wieder deutschlandweit zu Veruntreuung, Klüngel und Geschäften zulasten aller – außer ihrer Funktionäre.

Wenn Sie sich fragen, ob es auch in Ihrem Kreis- oder Bezirksverband der AWO zu solchen Vorfällen kommt, dann lautet die Antwort: möglicherweise ja. Das liegt nicht an der harten Arbeit der einfachen Mitglieder und Hilfsempfänger, die nur ihr Bestes tun, um gute – und wichtige – Arbeit zu leisten, oft genug zu Mindestlöhnen im Pflegebereich.

Doch bei der AWO gibt es 30 Bezirksverbände, 403 Kreisverbände und 3.435 Ortsvereine. Den fast 318.000 Mitgliedern stehen mehr als 230.000 hauptamtliche Mitarbeiter gegenüber, dazu kommen fast 74.000 Ehrenamtliche.

Diese Unübersichtlichkeit der Organisation macht es einfach, Gelder in die eigene Tasche zu wirtschaften. Grund für diese immer neuen Vorfälle sind die parteipolitischen Verquickungen der Geschäftsführer, Vorstände und Lokalpolitiker, die sich gegenseitig decken, verwandt oder befreundet sind, und sich Gelder, Schutz und Posten gegenseitig zuspielen.

Der Aufbau der AWO öffnet aufgrund seiner Unübersichtlichkeit Untreue, Betrug und Selbstbereicherung Tür und Tor. Wenn allzu dreiste Fälle auffliegen, bleiben sie wegen der lokalen Organisation auf die jeweilige Stadt oder den Kreis beschränkt. Damit stellt sich die Frage: Wie korrupt ist die AWO in Ihrer Stadt oder in ihrem Landkreis?

Wie korrupt ist Ihre AWO? Was Sie prüfen sollten:

Für Außenstehende oder auch AWO-Mitarbeiter ist es wegen der undurchsichtigen Strukturen fast unmöglich, solche Korruption zu erkennen. Wenn Sie allerdings doch nach Hinweisen von derartigen Vorgängen suchen, dann haben wir bei TE eine Liste erarbeitet, die Hinweise liefert, ob AWO Selbstbedienung vorliegt:

1.Gibt es eine Häufung von Familienmitgliedern innerhalb der gleichen oder benachbarter AWO-Verbände?

Dass Familienmitglieder einander zu guten Arbeitgebern nachfolgen oder dass Arbeitnehmer Kollegen aus dem gleichen Betrieb heiraten, ist nicht verwerflich. Kommt es allerdings zu Häufungen solcher Fälle, besonders in Führungspositionen, die einander kontrollieren sollen, ist es fragwürdig. Gerade in der AWO Frankfurt und Wiesbaden kam es zu Fällen, in denen zwei oder mehr Familiengruppen miteinander kooperierten, um einander Geld, Dienstwagen und vieles mehr zuzuschanzen. Bei der AWO Wiesbaden war sogar der stellvertretende Vorsitzende des Vorstands, Herr Dr. Jürgen Richter, verheiratet mit der Geschäftsführerin, Frau Hannelore Richter; der Ehemann kontrollierte also die Arbeit seiner Frau.

In Frankfurt wie auch in Rostock wurden Familienmitglieder der Führungsetage auch gerne als Berater angestellt – trotz fragwürdiger Leistungserbringung, natürlich zu Stundensätzen, die hart arbeitenden Pflegern und KiTa-Mitarbeitern nur im Traum erscheinen.

2.Bestehen Familien-Bande von AWO-Funktionären zu Politik und Verwaltung?

Besonders korruptionsanfällig sind Verbindungen zwischen AWO-Fürstenfamilen und lokaler Verwaltung, beziehungsweise Politik. Über die Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters Feldmann wurde an anderer Stelle schon berichtet – sie machte Blitzkarriere in den beamtenähnlichen Strukturen der AWO, wo sich Gehälter an Arbeitsjahren orientieren. Wenn man nachforscht, wieso die Staatsanwaltschaft in Frankfurt Monate wartete, um AWO-Unterlagen in Durchsuchungen sicherzustellen, dem wird auffallen, dass die in Frankfurt dafür zuständige Staatsanwaltliche Abteilung (Nummer 7) von Ulrich Busch-Gervasoni aufgebaut und bis 2013 geleitet wurde. Busch-Gervasoni ist der Bruder von Ursula Busch, der  Fraktionsvorsitzenden der SPD im Frankfurter Römer. Ursula Busch wiederum kam bei der AWO – bei vollen Bezügen und auf Kosten der AWO – in Genuss einer Ausbildung zur Sozial-Betriebswirtin und war dann als Assistentin von Hannelore Richter, Geschäftsführerin der AWO Wiesbaden, tätig.

So geht es immer weiter. Der Frankfurter Landtagsabgeordnete Taylan Burcu (B90/Die Grünen) ist Bruder des stellvertretenden Geschäftsführers Murat Burcu in Wiesbaden und war selbst für die AWO tätig: zunächst als Werksstudent für das Projekt „Alltagsengel“ – neben seinem Jura Studium. Später war er dann Geschäftsführer der AWO-Tochtergesellschaft „Awo ProServ“, angeblich von Mai 2018 bis August 2018. Dies ist kurios, denn die Gesellschaft wurde erst im Juni 2019 eingetragen – und erst kurz nachher wurde Burcu aus selbiger als Geschäftsführer ausgetragen. Seine Verteidigung gegenüber einer Anfrage des Landtags: Die AWO habe geschlampt.

3. Wie eng ist die SPD mit der AWO verflochten?

1919 wurde die AWO als Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD gegründet, nach dem Motto „Arbeiterwohlfahrt ist die Selbsthilfe der Arbeiterschaft“. Nach 1945 wurde die AWO formal als parteiunabhängig neu gegründet, ist aber de facto eine SPD-Organisation: In Müritz war Götz-Peter Lohmann Kreisvorstandsvorsitzender. Vorher war er Mitglied des Bundestages – für die SPD. In seiner Position als Vorstandsvorsitzender unterschrieb er mit dem Geschäftsführer Peter Olijnyk großzügige Arbeitsvertäge. Peter Olijnyk wiederum sorgte dafür, dass Lohmann als Berater angeheuert und großzügig entlohnt wurde. Peter Olijnyks Nachfolgerin, Simone Ehlert, war auch SPD-Genossin – bis sie wegen eines AWO-kritischen Interviews geschasst wurde und auch ihren SPD-Austritt bekannt gab.

In Rostock war Sven Klüsener zu dieser Zeit Geschäftsführer des übergeordneten Kreisverbandes Rostock und musste im Zuge dieser Affäre nach 15 Jahren diesen Posten räumen. Aber Klüsener ist gut versorgt: Listenplatz 6 der SPD im Wahlbereich 1 von Rostock (angegebener Beruf: „Geschäftsführer“; welcher Firma ist unbekannt) und NDR-Landesrundfunkrat Mecklenburg-Vorpommerns.

In Bochum war das System des Partei-Filzes sogar noch offensichtlicher. Da war mindestens der Geschäftsführer, Ernst Steinbach, auch SPD-Mitglied – und für diese im Stadtrat. Er war also im Stadtrat und gleichzeitig für die AWO tätig. Mit dem SPD nahen Sozialamt schloss er dann Verträge ab, die abenteuerlicher nicht sein könnten.

Die Familienbande des Frankfurter OB Feldmann wurden oben beschrieben, zudem war er früher selbst für die AWO als Leiter eines Altersheimes tätig und hatte eine Rückfahrkarte auf ein AWO-Pöstchen für den Fall des Scheiterns bei der Wahl. Es war auch er, der noch als Abgeordneter in der Stadt für Regelungen mitverantwortlich war, die die großflächige Selbstbereicherung förderte. Später war es die AWO, die zu seiner Wahl zum OB aufgerufen hatte. Ansgar Dittmar, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der AWO Wiesbaden, nun Generalbevollmächtigter der AWO Hessen-Süd ist auch bei der SPD und war von 2008 bis 2016 Vorsitzender der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Schwulen und Lesben in der SPD.

4. Prüfen Parteisoldaten die Kasse der AWO?

In Frankfurt hätten die Unregelmäßigkeiten der Kassenprüferin Uli Nissen auffallen müssen. Sie fühlt sich mit dem Amt laut eigener Aussage überfordert. Nissen ist SPD-Genossin und Abgeordnete im Deutschen Bundestag.

Weitere SPD-Mitglieder in den Kontrollgremien der Frankfurter AWO waren der Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel, die Stadträtin Elke Sautner, und die Stadtverordnete Renate Wolter-Brandecker. Man kennt sich. Was für einen Hasenzüchterverein möglich ist, reicht als Corporate Governance nicht für ein Unternehmen mit 210.000 hauptamtlichen Mitarbeitern.

Dass Wohlfahrtsverbände als Parkplätze für treue Parteisoldaten dienen, ist bekannt. Die AWO gilt nicht ohne Grund als „SPD nah“. Wenn verdiente Genossen gut verdienende Genossen prüfen, ist die Gefahr groß, dass die Prüfer „überfordert“ oder zu nachsichtig sind. Wenn nicht der ein oder andere Politiker mit anderem Parteibuch mal auffallen würde, könnte man sich das „nah“ eigentlich sparen.

5. Fließen Gelder von SPD-geführten Verwaltungen zur AWO?

Egal ob Rostock, Bochum oder Frankfurt – eines fällt auf: Weder in der AWO selbst, noch in den Stadtverwaltungen wird kontrolliert – schon gar nicht, wenn die Verwaltung in SPD-Hand ist. Dem CDU-geführten Frankfurter Sozialdezernat fielen Unregelmäßigkeiten bereits 2017 auf und es wurden der AWO einige Flüchtlingsheime entzogen. Im November 2019 wurden Sonderprüfungen der AWO angekündigt (Strafanzeige wurde allerdings erst in Folge der Durchsuchungen dieses Jahres erhoben). Das SPD-geführte Bildungsdezernat hat zwar auch Sonderprüfungen angekündigt, doch angesichts der noch viel dreisteren Selbstbereicherung im KiTa-Bereich muss man dort lange sehr willig weggeschaut haben.

In Rostock ist die SPD zwar schwach (hier dominiert die Linke, dann CDU, dann die Grünen), doch auf Landesebene ist die SPD schon seit 1998 die stärkste Kraft. Unter der früheren Landessozialministerin Manuela Schwesig, die nun Ministerpräsidentin ist, sollen Steuergelder ungeprüft an AWO (und andere Wohlfahrtsverbände) geflossen sein. Die Verteilung dieser Mittel regelte ein interner Verteilungsschlüssel.

Und in Bochum war das Sozialamt auf Seite der Verwaltung in SPD-Hand – kein Wunder, dass dort die Flüchtlingsbetreuung dreimal mehr kostet als andernorts. Mündliche Verträge, die verschleiert wurden: Einer ist aufgeflogen, wieviele sind unbekannt? Fairerweise muss allerdings erwähnt werden, dass hier auch die Caritas und die Diakonie überaus großzügige (allerdings schriftliche) Verträge abschlossen.

6. Existieren Multi-Anstellungen innerhalb der AWO?

Bei der AWO Frankfurt war, laut der TE vorliegenden Strafanzeige, eine Person gleichzeitig im Vorstand sowie in der Geschäftsführung tätig. Es ist zwar nicht zwangsläufig illegal, höchst fragwürdig ist es schon. Besagte Person, Panagiotis Triantafillidis, trat auch noch als Berater für Rechtsfragen auf. Diese Tätigkeit wurde natürlich noch einmal getrennt abgerechnet.

Eine beliebte Masche in Frankfurt war es auch, Tochterunternehmen zu gründen und die Führungspositionen mit AWO-Personal zu besetzen; so geschehen bei der AWO Protect gGmbH. Diese Sicherheitsfirma sollte für die AWO Flüchtlingsheime bewachen, bezog alle Sicherheitsdienstleistungen aber von Drittfirmen und reichte die Kosten – mit saftigem Aufschlag für das Führungspersonal – weiter an die Stadt. Das Führungspersonal war auch in der KiTa-Betreuung tätig. Führungspositionen untergeordneter Stiftungen wie die der Johanna-Kirchner Stiftung, die der AWO Frankfurt angehörig ist, werden natürlich mit Mitgliedern der Geschäftsführung und des Vorstands besetzt, die sich dann selbst kontrollieren.

Im Rostocker Ortsverband Müritz unterschrieb Vorstandsvorsitzender Götz-Peter Lohmann Änderungsverträge, die dem Geschäftsführer Olijnyk ein überhöhtes Gehalt ermöglichten, und wurde danach als Berater angestellt. Damit war er dann dem Geschäftsführer gegenüber weisungsgebunden – den er ja hätte kontrollieren sollen. Doch so konnte er zweimal kassieren. Seine Familie kam dabei auch nicht zu kurz: Frau und Tochter wurden rund 170.000 € zugeschanzt.

Spätestens wenn ein Außenstehender sich fragt, woher denn die Personen mit doppelt und dreifach Positionen denn die ganze Zeit finden, ihre Aufgaben auch wahr zu nehmen, liegt der Verdacht der Selbstbereicherung nahe. Harte Arbeit soll niemandem zum Vorwurf gemacht werden; doch der Tag hat nun mal nur 24 Stunden.

7. Üben AWO-Funktionäre Jobs außerhalb der AWO aus?

Auch außerhalb der AWO legt ihr Führungspersonal geradezu übermenschlichen Arbeitswillen an den Tag. So waren zum Beispiel in Frankfurt und Wiesbaden die Vorstände Panagiotis Triantafillidis und Murat Burcu beide als Geschäftsführer in der Beratungsfirma Consowell GmbH tätig. Bei dieser boten etliche der anderen Geschäftsführer und Vorstände der örtlichen AWOs, zum Beispiel Ehepaar Richter, ihre Fähigkeiten als Berater an. Sohn des Ehepaares Richer, Gereon Richter, war bei der AWO Frankfurt als Abteilungsleiter tätig, allerdings auch als Berater bei Consowell.

Der Rostocker Kreisgeschäftsführer Sven Klüsener war auch in anderen Ämtern tätig, zum Beispiel als NDR-Landesrundfunkrat. In Müritz waren mindestens zwei spätere Vorstände zuerst als Lieferanten beziehungsweise Dienstleister für die AWO tätig, bis sie von Geschäftsführer Olijnyk höchstselbst ermutigt wurden zu kandidieren. Es handelte sich bei den Fällen um den Chef eines Ingenieurbüros, welches den Zuschlag für ein neun Millionen Euro teures AWO-Projekt erhielt, sowie um eine Apothekerin, die jahrelang die AWO belieferte. Wurden Unternehmer für Leistungen mit Vorstandsposten bezahlt?

8. Sind AWO Einrichtungen ordnungsgemäß ausgestattet?

Aus Müritz ist ein Fall bekannt, in dem in einem in die Jahre gekommenen Altersheim von den Bewohnern eine 400 Euro teure Investitionspauschale erhoben wurde – monatlich. Doch der Investitionspauschale zum Trotz wurde dort nichts modernisiert.

In der Frankfurter Strafanzeige wird von einem Fall berichtet, in dem günstige Kücheneinrichtungen aus Pressspan angeschafft wurden – doch abgerechnet wurden hochwertige Edelstahlküchen, wie sie idealerweise verwendet werden sollten.

In Bochum erhalten Altersheiminsassen nur noch reduzierte Fleischportionen; die Gebühren werden nicht gesenkt.

9. Von wem beziehen AWO-Einrichtungen Dienstleistungen?

Die Fälle häufen sich: Ipads wurden zu weit überzogenen Preisen angeschafft. Dazu kam Software, die nicht geliefert wurde und Putzdienstleistungen in Millionenhöhe – AWO-KiTas müssen sich durch unvergleichliche Sauberkeit auszeichnen. Gerne werden Aufträge an AWO-Tochterunternehmen vergeben, die als „gemeinnützig“ gelten, aber nur AWO-Funktionären nutzen, die doppelte Gehälter beziehen (siehe Punkt 7). In Mallorca wurde eine AWO-Kita betrieben: Wahrscheinlich wurde sie mit umgeleiteten staatlichen Fördermitteln finanziert.

10. Wie aufwändig ist der Lebensstil der AWO-Führung?

Dies ist keine Frage von Neid: Hauptamtliche Mitarbeiter an der Spitze sollen angemessen bezahlt werden. Aber sind teure Jaguar-Limousinen oder Land Rover angemessen für Geschäftsführer eines Wohlfahrtsverbands wie in Frankfurt? In manchen Fällen haben AWO-Kreisverbände eigene Fuhrparks, die nicht nur Essen auf Rädern ausliefern. Teure Dienstreisen an entfernte Ziele und Luxushotels der AWO-Funktionäre sind nicht nur in Frankfurt aufgefallen. In Thüringen verdiente der Geschäftsführer einer AWO-Tochter mehr als die Bundeskanzlerin und verfügte über einen Dienstwagen mit 110.000 Euro Neuwert. Dem guten Leben der Funktionäre mit bis zu 800.000 € Abfindung beim Wechsel als Leiter eines Heims zum nächsten, stehen bescheidene Gehälter vieler einfacher Mitarbeiter entgegen. Die trotzdem oft Erstaunliches leisten. Vielfach zu Mindestlöhnen.

Wenn bei Ihnen am Ort bei der AWO keiner der oben aufgezählten Fälle vorliegt, haben Sie möglicherweise einen Kreisverband, der sich nichts zu schulden kommen lässt. Es ist aber auch möglich, dass er sich einer Methode bedient, die noch nicht aufgefallen ist. So oder so ist es wichtig, karitative Vereinigungen (wie die AWO) genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Häufung solcher Vorfälle bundesweit legt nahe, dass es sich um ein grundlegendes Problem handelt: AWO-Funktionäre und SPD-Politiker schieben sich gegenseitig Geld der Steuerzahler zu.

In einer früheren Version hieß es der Ortsverband Mürtitz sei dem Kreisverband Rostock untergeordnet. Tatsächlich sind es zwei benachbarte Kreisverbände.

Auf TE wurde bereits an anderer Stelle über die AWO berichtet:

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