Schnee müsste schmelzen bei der vielen heißen Luft, die da verblasen wurde, scherzte Illner zu Beginn über Davos. In ihrem Studio wäre bestimmt das gleiche passiert, wenn es da geschneit hätte.
Carla Reemtsma, die wegen ihres Nachnamens Opfer von Verschwörungstheorien ist, wie sie der Kinderabteilung des „Spiegel“, „bento“, verriet, schimpfte zwar über faule Kompromisse bei der Klimadebatte, aber gleichwohl ist der Studentin klar, dass sie als Aktivistin mehr fordern muss, als Peter Altmaier halten kann, wenn ein Blackout kommt, bevor der Schutz-Wasser-Graben um den Bundestag fertiggebuddelt ist.
Unternehmer Arndt Günter Kirchhoff will genauso die CO2-freie Gesellschaft wie Reemtsma, schon jetzt fertigt seine Firma viel Blech für E-Autos. Kerstin Andreae ist eine Grüne in Spitzenposition, Hauptgeschäftsführung des Lobbyverbandes Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), auf einer Linie mit der Klimaaktivistin Ursula von der Leyen. Und Frank Schätzing lieferte das Drama zu den Klimabekenntnissen, indem er die Sache mal von hinten aufrollte:
Der „Stand der seriösen Forschung“ sei, dass die Welttemperatur um zwei Grad steige, wenn wir bis 2040 nicht klimaneutral sind. Bei drei Grad schmilzt Grönland (deutsch: Grünland, nicht zu verwechseln mit Island, sprich Eisland). Dann steigt der Meeresspiegel um 7 Meter (Tschüss, Hamburg) und zudem steigt Methan hoch. Den Rest entnehmen Sie bitte Franks Büchern oder den Vorhersagen von Al Gore der letzten 20 Jahre. (An dieser Stelle kam es zu einem kurzen Disput mit der Lebensabschnittsbevollmächtigten, die Schätzings Werke als gut recherchiert verteidigte).
Schätzing geißelte dann noch Davos als PR-Veranstaltung (einverstanden) mit erwartbaren Trumps, Gretas, Trillerpfeifen und Absichtserklärungen. Altmaier warf ein, dass man im letzten Jahr gar nicht übers Klima gesprochen habe, dieses Jahr fast ausschließlich, was nicht ganz stimmt, denn letztes Jahr war Greta auch schon da. Reemtsma versprach, „wir werden alle zur Verantwortung ziehen, Politik und Wirtschaft“; die 1.000 Milliarden Bäume, die jetzt gepflanzt werden sollen, waren ihr schnurzpiepegal.
Dass Larry Fink, Chef vom 7.000 Milliarden-Konzern Blackrock (ganz klein dabei Fritz Merz) nur noch nachhaltig investieren will, mache ihn noch nicht zum Aktivisten, beschied sie, der sei ja Kapitalist.
Altmaier lobte sich und die Regierung dann dafür, dass „wir bereits 43% an erneuerbaren Energien haben“, was aber wohl nur so berechnet werden kann, weil wir 70% (Atom-) Strom importieren. Altmaier und Andreae kamen überein, gemeinsam „Orte der Energiewende“ zu besuchen. Das habe er übrigens auch schon als Umweltminister gemacht und sich vom Hubschrauber abseilen lassen, obwohl er damals korpulent gewesen sei.
Andreae und Reemtsma forderten dann endlich, Windkraftanlagen in anderer Leute Vorgarten bauen zu dürfen, und der Unternehmer sang noch einmal das Lied deutscher Innovationskraft, durch die wir die ressourcenschonendsten und verbrauchsärmsten Gerätschaften der Welt herstellten. Auch Waschmaschinen. Wir wollten jetzt nicht extra nachschauen, ob in Deutschland tatsächlich überhaupt noch Waschmaschinen hergestellt werden. Aber dann klagte Arndt Günter Kirchhoff doch noch kurz darüber, dass „uns der Deckel wegfliegt bei den Kosten“. Das sei anders vereinbart gewesen.
Hier nutzte Illner die Gelegenheit, ein Bonmot von Günther Oettinger (ja, der!) einzuspielen, demzufolge die Industrie nicht zum Einwohnermeldeamt ginge, sondern sich still und leise verabschiede. Und Schätzing brachte das dann aufs Ruhrgebiet ins Spiel, das dank Strukturwandel inzwischen das Armenhaus der Republik sei. Da hätte man rechtzeitig Rücklagen für die Region bilden müssen, befand der ehemalige Student der Kommunikationswissenschaften.
Ob solche vorrausschauenden Maßnahmen überhaupt zu unserer politischen Elite durchdringen, die nicht mal bei Extrem-Steuereinnahmen eine Rücklage bilden kann, muss bezweifelt werden. Dabei geht der Tanz gerade erst los, wie Merkel, die ehrliche Haut, in Davos ankündigte:
„Transformationen von gigantischem, historischem Ausmaß“ stehen ins Haus, und „die gesamte Art des Wirtschaftens und des Lebens, wie wir es uns angewöhnt haben, werden wir in den nächsten 30 Jahren verlassen“.
Ein Trost, dass selbst der Klimaaktivistin Reemtsma „Arbeitsplätze nicht egal“ sind. Dann gute Nacht.
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