Wer sich intensiver mit dem Thema Zuwanderung, Flucht und Vertreibung beschäftigt, dem ist das Logo des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen längst vertraut: Die Buchstaben und die schützenden Hände über der kleinen Menschenfigur in blau begegnen einem im bosnischen Müllhaldenlager ebenso wie in den Zeltlagern in der Türkei und sonst wo rund um den Erdball, wo Leute sich übergangsweise aufhalten, wenn sie ohne hinreichende finanzielle Mittel sind und dennoch ihre Heimat verlassen wollten aus wirtschaftlichen Gründen oder tatsächlich verlassen mussten aus Gründen wie Krieg, Verfolgung oder auch Umweltkatastrophen.
Kurz gesagt: Überall, wo dieses UN-Blau auftaucht, verbreitet es Hoffnung, weil es uneingeschränkt und ohne Auswahl oder Ausnahme zur direkten schnellen Hilfe bereit ist für Menschen in großer Not. Deshalb wiegt es wohl doppelt schwer, wenn ausgerechnet so eine Organisation jetzt unter dem dringenden Verdacht steht, korrupt zu sein, wie aktuell von Medien berichtet wird. Wenn eine 1950 von der Weltgemeinschaft bzw. von der Generalversammlung der UN gegründete Hilfsorganisation (Hauptquartier in Genf) käuflich sein soll, ist das eine ganz andere Hausnummer, als würde es irgendeine nationale oder internationale private Nichtregierungsorganisation betreffen.
Der UNHCR beschäftigt annährend 10.000 Mitarbeiter (Zahlen 2015) in 125 Ländern und ihm stehen Milliardensummen zur Verfügung. Um die Aufmerksamkeit für die Arbeit des UNHCR noch zu steigern, werden weltweit Prominente wie beispielsweise die US-amerikanische Schauspielerin Angelina Jolie als so genannte Sonderbotschafter verpflichtet.
Man kann sich also denken, wie katastrophal es für das Image dieser Organisation sein wird, wenn sich bewahrheiten sollte, was Medien schreiben, wenn jetzt zuständige korrupte UNHCR-Beamte die begehrten Plätze im Resettlement-Programm des UNHCR für tausende von Dollar verkaufen. Aufgedeckt wurde der Fall vom deutschen Magazin Stern, der titelte: „Für Geld in den Westen: Wie Mitarbeiter des UN-Flüchtlingswerks falsche Papiere verkaufen.“
Das ist deshalb noch einmal auf besondere Weise verwerflich, weil dieses Resettlement-Programm exklusiv geschaffen wurde, um es gerade solchen Personen in höchster Not zu ermöglichen, dauerhaft in ein sicheres Land zu gelangen, die eben keine finanziellen Mittel haben, kriminelle Schlepper zu bezahlen oder sonstwie über Bestechung aus dem Land zu kommen und die sich beispielsweise auch gesundheitlich in höchster Not befinden. Man kann sich vorstellen, wie das auf Länder wie Deutschland oder Schweden wirken muss, die zehntausende der Resettlement-Personen aufnehmen und zukünftig ihren Bevölkerungen gegenüber in noch größere Erklärungsnot geraten, wenn wieder die nächsten Kontingente dem UNHCR zugesagt werden sollen.
Ignorieren wir einmal die drehbuchreife Prosa des Stern, wenn es da zu Beginn der Investigativ-Geschichte beispielsweise heißt: „Es ist ein kalter Novemberabend, und nur ein Liebespaar und drei junge Männer, die auf ihre Handys starren sind da.“ Aufgedeckt wurde der Korruptionsfall vom Stern u.a. in Uganda im Pearl Highway Hotel in der Hauptstadt Kampala, wo die schmutzigen Deals unter der blauen Fahne organisiert werden. Der UNHCR hat dem Magazin gegenüber bereits bestätigt, dass dessen Recherchen in Kampala stimmen, dass es also Hinweise für einen solchen Schwarzmarkt für die überaus begehrten Plätze im Resettlement-Programm nicht nur in Uganda, sondern auch in Kenia gibt, wenn jährlich gerade einmal etwas mehr als 50.000 Menschen in dem besagtem Programm unterkommen. Uganda und Kenia – und wo noch?
2.500 Euro soll so ein illegal erworbener Platz im Programm laut Stern-Recherche kosten. Und angesichts von hunderttausenden Migranten, die vergleichbare Summen Jahr für Jahr für Schlepper ausgeben, kann man sich denken, wie heiß begehrt solche UNHCR-Papiere sind, wenn hier zum einen der sichere Flug garantiert ist. Aber viel wichtiger, wenn sämtliche Aufenthaltspapiere im Aufnahmeland bereits gesichert sind – Plätze für Leute, die genau solche finanziellen Mittel nicht aufbringen können.
Der Nachrichtensender n-tv weiß um ältere Fälle beispielsweise aus 2001, als der UNHCR schon einmal mit Korruption zu kämpfen hatte. Damals wurden in Kenia neun Personen verklagt, die über Jahre Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen hatten. Und erneut 2017 wurde ein ähnlicher Fall bekannt – ebenso wie jüngst im Sudan.
Schauen wir einmal, was der UNHCR-Deutschland zur Aufgabe des Resettlement-Programms schreibt:
„Im Rahmen der bestehenden Resettlement-Programme schlägt UNHCR anhand feststehender Kriterien diese Personen Ländern zur Aufnahme vor. Für die in Frage kommenden Flüchtlinge führt UNHCR ein aufwändiges Auswahlverfahren durch. Im Anschluss werden die Flüchtlinge durch die Behörden des Aufnahmestaates befragt und es wird eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt.“
Wenn sich bestätigen bzw. sogar in seinem Umfang noch ausweiten sollte, was der Stern berichtet, dann sieht es in Wahrheit ganz anders aus, dann wird der UNHCR selbst über korrupte Mitarbeiter zu einer Art Edel-Schlepperhilfe. Mehr Imageschaden geht kaum noch. Insbesondere auch deshalb, weil dieses Resettlement-Programm sowieso nur eine Art Übergangslösung bedeutet, wenn geplant ist, über die Flucht- und Migrationspakte in Zukunft um ein vielfaches umfangreichere Kontingente in Zielländer wie Deutschland zu bringen.
Wie diese Korruptionsfälle im einzelnen aussehen, wird in den nächsten Tagen und Wochen bekannt werden, ebenso wie der UNHCR alles daran setzen wird, diese Fälle als Einzelfälle darzustellen und wie er mutmaßlich mit viel Pathos geloben wird, die Aufnahmebedingungen ins Programm noch einmal zu verschärfen. Übermorgen also wird all das wieder vergessen sein. Was allerdings bleibt, sind Pläne über besagte Migrationspakte, die weltweit über den UNHCR noch ganz andere Menschenbewegungen ermöglichen werden, denen gegenüber dieses Resettlement-Programm sich wie ein minimale Versuchsreihe in den Kinderschuhen ausmachen wird.
Aber noch einmal kurz zu den Korruptionsfällen: Wenn in Uganda oder sonst wo Ärzte und Dolmetscher gegen ihren Anteil behilflich sind, über schwere Krankheiten und sonstige für das Programm notwendige Voraussetzungen zu lügen, wer will das beispielsweise in Deutschland noch überprüfen? Denn auch in diesem Falle gilt dann: Wenn sie schon einmal hier sind …
Afrika explodiert. Die Geburtenraten sind nach wie vor astronomisch. Und während in Europa die Frauen pillenmüde werden und dennoch nicht mehr Kinder bekommen, sind die afrikanischen Frauen mit die geburtenstärksten der Welt. Von einer flächendeckenden Verhütungsaufklärung kann hier nicht im Ansatz die Rede sein. Sie hätte auch gegen jahrtausend alte Stammestraditionen keine Chance. Die Aufgaben der UN sind also längst klar definiert, stattdessen werden Pakte geschlossen, die solche Resettlement-Programme quantitativ betrachtet weit hinter sich lassen und die vor allem eines organisieren: Aufruhr in Afrika um die besten Plätze am europäischen Buffet der Rundumvollversorgung. Die Gefahr für Europa ist also weniger Korruption rund um dieses Resettlement-Programm, es sind Organisationen, für die solche Programme nur erste Versuchsballons sind. Was Organisationen wie den UNHCR dazu bewegen, so einen Wahnsinn zu organisieren? Das ist die viel bedeutendere zu recherchierende Aufgabe.