Der frühere Erste Bürgermeister der Stadt Hamburg, Klaus von Dohnanyi (SPD) hat seine eigene Partei zu einen anderen Umgang mit den Themen Migration und Islam aufgefordert. „Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass die Migration ein Problem geworden ist, dann muss man sich dem stellen. Man kann kein Demokrat sein, ohne auf die Menschen zu hören“, sagte Dohnanyi in einem Interview mit der „Welt“ (Freitag). Führung sei immer beides: Führung nach eigener Überzeugung und Berücksichtigung dessen, was die Menschen bewegt.
„Die Sorge, ein politischer Islam könne Gefahren für uns bringen, müssten wir offener diskutieren und nicht einfach als rechte Polemik abweisen“, sagte der SPD-Politiker. Beim Thema Migration sei klar, „dass wir mit den Flüchtlingen gut umgehen müssen. Das ist richtig und wichtig.“ Dabei dürfe die SPD aber nicht übersehen, „dass Migration auch soziale Probleme beinhalten kann.“
Rücksicht auf die Gefühle vieler Menschen nehmen
„Wir brauchen Zuwanderung, aber die richtige“, hob Dohnanyi hervor. Deshalb müsse die Einwanderungspolitik gestärkt werden. „Aber dabei sollten wir ebenso Rücksicht auf das Gefühl vieler Menschen nehmen, die Welt sei unsicherer geworden.“ Die SPD brauche ein schärferes und mutigeres Auge für die Wirklichkeit. Es reicht nicht immer nur die eigenen Blätter zu lesen“, mahnte der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs seine Partei.
Scharfe Kritik übte Dohnanyi am Zustand der SPD und an deren neuem Spitzenpersonal. „Die Menschen haben nicht das Gefühl, dass sie von dieser SPD sicher durch ein schwieriges Heute und in ein noch gefährlicheres Morgen geführt werden.“ Links sein, bedeute für ihn, sich der Wirklichkeit zu stellen und den Menschen zu helfen, in dieser Wirklichkeit zu bestehen, sagte Dohnanyi. Das habe er auf dem SPD-Parteitag nicht gespürt.
Die SPD fällt tiefer als Corbyns Labour-Partei
Wenn sich die SPD nicht endlich mit den aktuellen Problemen der Bürger auseinandersetze, falle sie noch tiefer als Jeremy Corbyns Labour-Partei, warnte Dohnanyi. Auf die Frage, ob Saskia Esken mit Corbyn vergleichbar sei, antwortete er: „Ich fürchte manchmal: Ja.“ Sie werde die SPD nicht in eine neue Zeit führen, zeigte sich Dohnany überzeugt.
Olaf Scholz sei nach wie vor der Zuverlässigste in der SPD-Spitze, meinte der frühere SPD-Politiker. Und weiter: Scholz sei für die Kanzlerkandidatur keineswegs weg vom Fenster. Zudem sei er ein besserer Finanzminister, als es Norbert Walter-Borjans in NRW offenbar gewesen sei. Würde Saskia Esken Kanzlerkandidatin, werde die SPD vermutlich sogar noch schlechter abschneiden als Corbyn in Großbritannien, prognostizierte Dohnanyi.
Dieser Beitrag ist zuerst bei Die Tagespost – Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur erschienen.