Tichys Einblick
"Streit mit einer Gruppe"

Augsburg: Jugendtypisch, ein Sturz oder übliche Gewalttat? Wie eine Tat verharmlost wird

Eine Gruppe von „jungen Männern“ hat einen Feuerwehrbeamten zu Tode geprügelt und eine weitere Person schwer verletzt. Die Öffentlichkeit ist empört. Viele Medien haben den Fall lange verharmlost. Die schönsten Formulierungen der Beschönigung

Symbolbild

Getty Images

Der Christkindlesmarkt von Augsburg hat bisher als Ort der weihnachtlichen Idylle gegolten. Bis zum 6. Dezember 2019. Nach dem Besuch dieses Weihnachtsmarktes ist ein 49-jähriger Brandinspektor der Berufsfeuerwehr aus dem Landkreis Augsburg in der drittgrößten Stadt Bayerns getötet und dessen Freund schwer verletzt worden. Angeblich, so hieß es lange, durch einen „Streit mit einer Gruppe“ von „sieben jungen Männern“.

Über die genaueren Umstände der Tat war längere Zeit nicht viel bekannt. So wurde weder von der Polizei noch von den Zeitungen gemeldet, welchen Ethnien die Gewalttäter angehören, obwohl durch Videoaufnahmen und durch Aussagen von Augsburger „Jugendarbeitern“ ziemlich schnell verhältnismäßig präzise Informationen über die Gruppe der Schläger zur Verfügung standen, die alle einen Migrationshintergrund haben.

Über diese Informationen verfügten bald zumindest die lokalen und regionalen Medien. Große Zeitungen hätten sich zudem durch Recherchen vor Ort eine Übersicht über die Faktenlage verschaffen können, die notwendig ist, um die Vorgänge in Augsburg wirklich beurteilen zu können. Aber statt genauer Tatsachen präsentierten Nachrichtenagenturen und Zeitungen eher nebulöse Formulierungen.

Fahndung ohne Beschreibung der Täter

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Einer der ersten Journalisten, der öffentlich – auf Twitter – genauere Angaben zu den Totschlägern forderte, war der Journalist Boris Reitschuster, der aus Augsburg stammt. Am Samstag gab er seiner Verwunderung darüber Ausdruck, „dass die Polizei trotz dreier Augenzeugen und umfassender Videoüberwachung bei ihrem Zeugen-Suchaufruf keine Beschreibung der Täter veröffentlichte, keinerlei Angaben, nichts“. Prompt kam geharnischter Protest – ausgerechnet beispielsweise vom stellvertretenden FDP-Vorsitzenden von Oberbayern, Phil Hackemann, der gleichzeitig Vorsitzender des freidemokratischen „Landesfachausschuss Sicherheitspolitik“ für den Freistaat Bayern ist.

Ein solches Vorgehen sei, so der Liberale Hackemann, angeblich mit dem geltenden „Pressekodex“ nicht zu vereinbaren. Tatsächlich meinen heute viele Politiker, gezielte öffentliche Fahndungen mit konkreten Angaben zu mutmaßlichen Tätern seien nur in krassen Ausnahmefällen legitim. Allzu leicht könnten die Persönlichkeitsrechte von Verdächtigen verletzt werden. Wie es um die Rechte und Interessen der Opfer steht, wird dagegen nicht thematisiert.

Zumindest etwas ältere Leser werden sich daran erinnern, dass in früheren Jahrzehnten zum Beispiel Zeugen-Such-Aufrufe meist schnell mit möglichst genauen Beschreibungen des Täters – auch mit Milieu-Hinweisen – verbunden wurden, wenn denn konkrete Informationen zu Straftätern vorhanden waren. Anders machen öffentliche Fahndungen ja auch wenig Sinn.

Bayerischer Rundfunk und Augsburger Allgemeine

Schrittmacher der Zurückhaltung genauerer Informationen zu den sieben Tätern, die offenkundig einen Migrationshintergrund haben, waren am Anfang vor allem der regionale Bayerische Rundfunk (BR) und die lokale Augsburger Allgemeine. Der öffentlich-rechtliche Sender schrieb: „Nach dem Besuch des Augsburger Weihnachtsmarktes ist ein Mann bei einem handgreiflichen Streit mit einer Gruppe junger Männer tödlich verletzt worden. Er stürzte dabei so schwer, dass er wenig später verstarb.“ Ist der „Mann“ etwa von allein zu Boden gekommen, weil er schon lange zuvor mit Kreislaufproblemen zu kämpfen hatte? Der Sturz war schuld.

In einer Video-Unterschrift meldete die Augsburger Allgemeine: „Am Freitagabend ist ein Mann am Königsplatz nach einer körperlichen Auseinandersetzung gestorben.“ In das gleiche Horn stießen schnell zahlreiche weitere Leitmedien, die aber bald merkten, dass die schlimmen Gruppen-Taten von Augsburg schnell die Öffentlichkeit sogar bundesweit erregten.

Das niederbayerische Straubinger Tageblatt zum Beispiel war bestrebt, die Wogen zu glätten und den ethnischen Hintergrund der Gewalttaten besonders geschickt unter den Tisch fallen zu lassen. In der Zeitung war die Rede von einem 17-jährigen Täter „mit deutscher und weiteren Staatsangehörigkeiten“. Aufschlussreich: Die deutsche Staatsbürgerschaft wird genannt, die anderen Zugehörigkeiten nicht.

Sind schwere Körperverletzungen heutzutage „jugendtypisch“?

Der Chef der Augsburger Kriminalpolizei, der Leitende Kriminaldirektor Gerhard Zintl, verkündete, der Haupttäter sei „nicht besonders kräftig“ gewachsen, er habe aber mit „einem einzigen Schlag“ den Feuerwehrmann getötet. Und sorgte mit den Formulierungen für das Aufkommen weiterer Fragen. Zintl weiter: Der jugendliche Täter sei schon wegen früherer „jugendtypischer Delikte, darunter Körperverletzung, aufgefallen“. Das ist also „jugendtypisch“, wenn Jugendliche Mitmenschen zusammen schlagen? Diese „moderne“ Sprache, der sich heutzutage ebenfalls hohe Polizeibeamte – im Rahmen der Political Correctness – befleißigen, vernebelt mehr als sie informiert, und schafft mehr Fragen, als sie Antworten liefert.

Auch die überregionalen Medien bemühten sich, die schweren Gewalttaten von Augsburg zu verharmlosen. Die Frankfurter Allgemeine (FAZ) vermeldete: Der getötete „Mann“ sei „nach einem Streit mit einer Gruppe junger Männer gestorben“. Wer den tödlichen Streit begonnen hat? Dazu keine weitere Silbe. Doch es kommt noch bemerkenswerter.

In der FAZ war tatsächlich zu lesen: „Wahrscheinlich handelte es sich bei der Tat um eine Zufallsbegegnung. Immer wieder kommt es zu spontanen Gewalttaten.“ Interessant. Demnach sind solche verhängnisvollen Übergriffe heutzutage eigentlich „normal“ – und kaum zu verhindern?

Der Spiegel nur ein bloßer „Vorfall“

Die Frankfurter Rundschau (FR) gab eine ganz besondere Schilderung der Taten von Augsburg zum Besten. Der Getötete war demnach von einer „Gruppe von Jugendlichen umringt“. Dann „gab es einen Schlag, der Mann fiel zu Boden“. Eine spannende Geschichte. Hat der „Mann“ sich etwa selbst zu Boden geschlagen?

Der sich selbst „Nachrichtenmagazin“ nennende Spiegel schrieb in einer Schlagzeile – man glaubt es kaum – über einen „Vorfall am Königsplatz in Augsburg“. Der 49-Jährige sei „mit einer siebenköpfigen Gruppe in Streit geraten“ – kein Wort darüber, dass diese „Gruppe“ schon vorher viele friedfertigen Menschen auf dem Platz von Augsburg terrorisiert hatte.

Die 20-Uhr-Tagesschau der ARD sendete am Sonntag einen etwa 45-sekündigen Kurz-Beitrag zu den Gewalttaten in Bayern. Die Kernmeldung lautete: „Eine Gewalttat erschüttert die Menschen in Augsburg. Dort waren vorgestern zwei Ehepaare und eine Gruppe Jugendlicher in Streit geraten. Dabei wurde laut Polizei ein 49-Jähriger so zu Boden geschlagen, dass er später seinen Verletzungen erlag.“

Kürzer noch war der Beitrag, den das heute-Journal des ZDF ausstrahlte. Rund 30 Sekunden lang war die Meldung zu Augsburg, platziert etwa in der Mitte der Sendung. Die ZDF-Redakteure erweckten den Eindruck, als ob man genau sein wollte in der Fernseh-Berichterstattung.

Anders als in der Tagesschau, die keinerlei Angaben zur Herkunft der Verdächtigen sendete, erwähnte das ZDF den Augsburger Geburtsort des Hauptverdächtigen, auch ist angemerkt worden, dass dieser „neben der deutschen zwei weitere Staatsbürgerschaften“ hat. Auch hier keine weiteren Informationen darüber, um welche Staatsbürgerschaften es sich handelt. Etwa um eine US-amerikanische oder um eine britische?

Wer sind die Schwerkriminellen, die als „Deutsche“ bezeichnet werden?

Dem nicht konzentriert zuhörenden Zuschauer wird womöglich in Erinnerung geblieben sein, dass es sich bei dem Hauptverdächtigen von Augsburg um einen Deutschen gehandelt hat – und nicht um einen Migranten mit zwei weiteren Staatsbürgerschaften. Diese Formulierung, es handele sich bei dem Täter um einen Deutschen „mit weiteren Staatsbürgerschaften“ ist auch am Montag und am Dienstag in sehr vielen (Print-)Zeitungen bundesweit nachzulesen. Damit wird vernebelt, dass die Täter allesamt Migranten sind. Das erinnert an offizielle Statistiken des Bundeskriminalamtes (BKA), das seit einiger Zeit immer wieder erklärt, die meisten (!) schwer kriminellen „Clan“-Mitglieder seien „Deutsche“.

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Das BKA umschifft allerdings mit großer Chuzpe die Tatsache, dass beispielsweise libanesische oder kurdische „Großfamilien“ ethnisch streng abgeschottet sind: Kein Deutscher ohne entsprechende Herkunft hätte einen Zugang zu den mafiartig organisisierten Clans. Dass die Großfamilien-Kriminellen sich mehrheitlich seit einiger Zeit aus verschiedenen Gründen gern auch die deutsche Staatsangehörigkeit – zusätzlich – zulegen, ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt, wohl aber dem BKA.

Reitschuster stellt übrigens zu Recht die Frage, wie das Echo in Medien und Politik wohl „ausgefallen wäre, wenn sieben aggressionsgeladene, waschechte junge Augsburger (…), womöglich noch politisch rechts verortet, einen Familienvater mit Migrationshintergrund tödlich attackiert hätten“.

Der kritische Autor gibt auch gleich die Antwort. In diesem Fall wären „Lichterketten und Brennpunkte im Fernsehen (…) nur eine Frage der Zeit gewesen“. Vermutlich wahr. Die Organisatoren der Massendemonstrationen hätten vemutlich nicht einmal auf ein Gerichtsverfahren und die Klärung der „Motive und Hintergründe“ gewartet, nach denen fast immer mit besonderem Nachdruck gefragt wird, wenn es sich bei Mördern um „Flüchtlinge“ oder andere Menschen mit Migrationshintergrund handelt.

Wer sind die Augsburger Täter?

Die Bild-Zeitung gehört zu den Ausnahme-Zeitungen, die (allerdings nicht von Anfang an) detaillierter über die „Jugend-Gang“ berichtet hat. Demnach waren von den Festgenommenen „einige polizeibekannt“. Der Hauptverdächtige sei bereits mehrfach „strafrechtlich in Erscheinung getreten“.

Im Klartext: Es geht hier also um „Serientäter“. Bild schreibt weiter, dass dem Freund des getöteten Feuerwehrmannes „schwerste Verletzungen“ im Gesicht zugefügt worden sind. Man hat offenkundig immer wieder mit Füßen auf den Verletzten eingetreten, als dieser längst am Boden lag.

Der Haupttäter hat neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch die türkische und die libanesische Staatsangehörigkeit. Ein weiterer Täter, meldet jetzt die Nachrichtenagentur dpa, ist angeblich „Italiener“, hat aber auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Ob der „Italiener“ noch andere Staatsangehörigkeiten besitzt, ist immer noch unbeantwortet – vier Tage nach den Gewalttaten. Am heutigen Dienstag endlich zitiert die dpa den Leiter der Augsburger Kriminalpolizei mit den Worten, „einige der Verdächtigen“ seien bereits früher „mit mehreren Delikten aufgefallen, zwei der Männer auch mit Körperverletzung“.

Alle Mitglieder der „Jugend-Gruppe“ haben einer späteren Aussage der Augsburger Kriminalpolizei zufolge zwar die deutsche Staatsbürgerschaft, aber auch weitere Staatangehörigkeiten. Anders formuliert: Alle sieben Gewalttäter von Augsburg sind Täter mit Migrationshintergrund, die sich – obgleich in Deutschland geboren – offenbar mindestens mehrheitlich nur in sehr zweifelhafter Form in die hiesige Gesellschaft „integriert“ haben.

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