Tichys Einblick
Kriminelle Syrer

Potemkinsche Sicherheitsarchitektur bei der Konferenz der Innenminister

Die Innenminister in Bund und Ländern tun so, als würden sie gerne Kriminelle nach Syrien abschieben. Natürlich geht das unter waltenden Umständen nicht. Es ist die reine Selbstinszenierung: Man tut so, als schütze man die Sicherheit der Bürger.

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Abdulhamid Hosbas/Anadolu Agency via Getty Images

Schon vor Beendigung der Innenministerkonferenz (IMK) in Lübeck des Bundesinnenministers und seiner 16 Länder-Kollegen und ihrer Entourage sickern Ergebnisse durch bzw. wurden als solche lanciert. So berichtete Deutschlands größte Boulevardzeitung, die Minister wollen jetzt „schwere Straftäter nach Syrien abschieben“.

Die Welt hingegen schrieb es so harmlos auf, dass man sich das Kaffeekränzchen sehr schön vorstellen konnte, auf dem dieser neuerliche Windbeutel-Blödsinn als Bürgersedativum entstanden ist, wenn es da zu Syrien heißt: „Diesen vollständigen Abschiebestopp würden die Innenminister von Bund und Ländern gerne etwas auflockern.“

Situation erinnert an 2015
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„Gerne etwas auflockern“ – hier haben die Kollegen der Welt erkannt, was in Wahrheit dahinter steckt: Nichts. Wie schon Horst Seehofer im Vorfeld die Trommel rührte auf dem Weg zur IMK, als er ein paar potemkinsche Sicherheitsverschärfungen ankündigte, so jetzt auch in Lübeck, wenn die Medien doch bitte zunächst in ihren Berichten den Anschein erwecken sollen, die Innenminister sähen ernsthaft Chancen, syrische Straftäter zurück in ihr Heimatland zu schicken, während sie gleichzeitig den Abschiebestopp in dieses Land für weitere sechs Monate festschreiben. Klar, man möchte zwar irgendwie „gerne“, aber dann bindet man sich selbst die Hände, hauptsache die Medien berichten, das man ja theoretisch Willens gewesen wäre, wenn da nicht … blablabla.

Hans-Joachim Grote, dem Innenminister von Schleswig-Holstein, war auf der Konferenz als Gastgeber die Aufgabe zugeschanzt worden, am Donnerstag zum Zwischenbericht vor die Presse zu treten, als er sagte, der Stopp solle aber nur mit Ausnahmen gelten: „Es bleibt dabei: Es gibt einen Abschiebestopp nach Syrien, mit Ausnahme von schweren Straftaten. Ich glaube, anders wäre es auch den Menschen hier nicht zu vermitteln, dass jemand, der schwere Straftaten begeht, dennoch den Schutzstatus des Flüchtlings hat.“

“Flüchtling“? Alleine diese Zuschreibung offenbart die fortdauernde innenministerliche Unredlichkeit, wenn doch jeder dieser „Flüchtlinge“, der ein sicheres Land durchquert Richtung Deutschland, spätestens mit seinem Grenzübertritt zum Migranten wird, der vornehmlich seine wirtschaftliche Situation verbessern will. Aber das Hauptgefecht ist hier von der Konferenz absichtsvoll zum  Nebenkriegsschauplatz degradiert worden: Wen wir die Grenzen nicht sichern wollen, nicht um das Land und noch weniger um das Gebiet der EU herum, dann müssen wir den so ungeschützten Bürger irgendwelche Fata Morganen von Abschiebungen von Schwerkriminellen vorgaukeln, die wir im selben Moment schon für die nächsten sechs Monate ausschließen.

Es ist die bekannte Sarotti-Mohr-Taktik: Stückchen für Stückchen. Denn noch Anfang des Jahres sollte die seit 1990 niedrigste Kriminalitätsstatistik für 2018 den Bürger verwirren, der doch vor der eigenen Haustür und in seiner Stadt ganz andere Erfahrungen gemacht hatte – alles nur Ängste, Vorurteile und Ressentiments, hieß es damals, bevor dann scheibchenweise beispielsweise bei Sparten wie Sexual- und Körperverletzungsdelikten die, gemessen am Bevölkerungsanteil, überproportionale Täterschaft von „Flüchtlingen“ und Migranten nicht mehr von so fahrlässigen wie gefährlichen Verharmlosungen gedeckelt werden konnten.

Jetzt also die nächste dicke Nebelkerze, wenn Grote auf der Konferenz stellvertretend erklärt, es gäbe Rechte für „Flüchtlinge“, die irgendwann verwirkt wären – am Donnerstag wollte man es gemeinsam beschließen, heute schon war das Thema vom Tisch, aber die Meldungen der Medien von den vermeintlichen Law & Order-Innenministern rund um den Wattebauschsicherheitsarchitekten Seehofer waren in der Welt, bereist gedruckt bzw. im Internet abgebildet.

Jetzt heißt es nur noch, die Innenminister bitten die Bundesregierung bis zur nächsten Sitzung der IMK im Frühjahr 2020 ein Lagebild quasi der Gefahrenlage in Syrien zu erstellen ob es möglich sei, Gefährder und Straftäter nach Syrien zu bringen. Und das, während uns die Türkei gleichzeitig jene IS-Kämpfer und deren Ideologie verbreitende verschleierte Frauen mit deutschem Pass zurückschickt und immer mehr Gefährder mit syrischem, afghanischen, pakistanischem, iranischem und Pässen anderer Nationalitäten auf die Balkanroute entlässt, von wo aus es an diesen lächerlichen Kontroll-Nadelstichen vorbei Richtung Berlin geht – oder eben in Richtung der deutschen Marzipanhauptstadt der Innenministerkonferenz.

Also dahin, wo die Grundversorgung gesichert und wo es diese komischen Deutschen gibt mit ihren 16 Länder- und einem Bundesinnenminister, welche die Sicherheit dieser Bürger mit Betonpollern schützen, jedenfalls dort, wo die rosa-gefärbte Zuckerwatte ruft. Ansonsten beschränkt man sich weiter nur auf Täuschungsversuche (Kriminalitätsstatistik), eine Taktik des Kleinredens und mit zunehmendem Kraftaufwand auch eine Diskreditierung, Diffamierung und Denunziation jener Stimmen, die seit Beginn der anhaltenden Massenzuwanderung auch eine große Zahl krimineller und schwerkrimineller Personen unter diesen Zuwanderern behaupten – zunächst entgegen der offiziellen Lesart der Kriminalitätsstatistik, mittlerweile als halbherzige Warnung der Innenminister. Also als theoretische Warnung, die morgen praktischerweise schon wieder vergessen ist, wenn die Artikel geschrieben sind, die so tun, als würden diese Innenminister etwas tun wollen. Aber sie tun weiter nur nichts.

Abschiebungen
Bundesländer wollen nicht abschieben – neue Haftmöglichkeiten bleiben ungenutzt
Was an dieser Diskussion nun allerdings auf besondere Weise scheinheilig ist, ist diese thematische Konzentration auf Schwerkriminelle aus Syrien und deren Abschiebung, wenn es doch jedem klar sein sollte und klar ist, dass es nach deutschem Recht aus gutem Grunde äußerst schwierig ist, Menschen in solche Krisengebiete zu schicken, noch mehr, wenn vor Ort nicht einmal ein Ansprechpartner zur Übernahme existiert. Mit wem will man diese Abschiebungen besprechen und verhandeln? Mit den Russen, den Kurden, den Iranern, mit Erdogan oder gar mit Assad? Nein, wir müssen damit leben, dass wir Werte besitzen und verteidigen, die andernorts nur ersehnt werden.

Deshalb werden wir unserem Wertesystem treu bleiben und solche kriminell gewordenen Gäste also in unsere Gefängnisse mit den entsprechenden Standards in Sachen Menschenrechten unterbringen unter maximaler Ausschöpfung der Verweildauer als Abschreckung – und das so lange, wie ganz Syrien nicht sicher ist und wenn das noch zwanzig Jahre dauern wird.

Denn wenn die Innenminister uns so einen komplizierten Nebenkriegsschauplatz als Beleg für eine so schwer zu lösende Zuwanderungskriminalität unterschieben wollen, dann ist das nur eine weitere Unverschämtheit, ein Angriff auf die sowieso schon desolate Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland.

Sichert endlich wirksam unsere Außengrenzen oder nehmt endlich euren Hut! Und wenn es auf EU-Ebene nicht funktioniert, dann eben für die deutschen Außengrenzen. Die Pläne dafür existieren schon lange – diese längst nicht mehr neue Erkenntnis verdanken wir dem Welt-Autor Robin Alexander, der vor nunmehr fast zwei Jahren in „Die Getriebenen“ hinreichend ermittelt hatte, dass dieser Schutz der Grenzen, dass das Schließen der Grenzen zum Zwecke der besseren Kontrolle zwar kompliziert, aber durchaus möglich ist.

Aber auf welchen Schreibtischen der sechzehn Herren Innenminister nebst Bundeszuckerwatte Seehofer liegen diese Pläne ganz oben auf zur Bearbeitung, wo sie hingehören?

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