Tichys Einblick
Sachsen-Anhalt: Haseloff kuscht

Rainer Wendt zu Fall gebracht: Ministerpräsident beugt sich Kanzleramt

Noch bis zum Sonntag schien es so, als ob der Realpolitiker Wendt neuer Innen-Staatssekretär in Sachsen-Anhalt werden würde. Doch der sachsen-anhaltische Regierungschef Haseloff (CDU) hatte als Kellner die Rechnung ohne den linken Wirt gemacht.

imago images / Christian Ditsch

Erst hatten einige Beobachter, die nicht zum linken Mainstream hierzulande gehören, frohlockt – ob einer wichtigen personalpolitischen Entscheidung in Sachsen-Anhalt: Der Polizeigewerkschafter Rainer Wendt sollte Staatsekretär im Landes-Innenministerium werden – und damit ein Fachmann, der sich seit langem bemüht, in Fragen der Inneren Sicherheit nicht irgendwelche linksideologischen Ziele zu verfolgen, sondern die realen Probleme zu erkennen und möglichst auch zu lösen.

Zu früh gefreut

„Bravo“, schrieb der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber, der heute zu den Realpolitikern gehört, noch am 24. November bei „Ach gut.de“. „Rainer Wendt ist erste Wahl und wird der inneren Sicherheit Sachsen-Anhalts sicher ein starker Repräsentant sein.“ Zu früh gefreut.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und sein Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatten die Rechnung ohne den linken Wirt gemacht. Innerhalb kurzer Zeit verbündeten sich Grüne und die Partei Die Linke mit Teilen des linken Flügels bei der CDU, unterstützt durch wichtige Medien des Mainstreams. Mit allen Mitteln sollte der „rechte“ Wendt verhindert werden. Doch der Reihe nach.

Die „Bild“-Zeitung hatte bei der Berichterstattung mal wieder die Nase vorn. Gestern meldete das Boulevardblatt spätabends, Innenminister Stahlknecht habe „den Streit über die Berufung des Polizei-Gewerkschafters Rainer Wendt (…) zu seinem Staatssekretär beendet“. Stahlknecht hat offenbar Rainer Wendt in einem Telefonat am Sonntagabend mitgeteilt, dass „die CDU ihr Angebot zurückziehe“.

Haseloff muss klein beigeben

Damit, so interpretiert „Bild“ die neue Lage, habe Stahlknecht „auf den massiven Widerstand der Koalitionspartner SPD und Grüne“ reagiert. Beide Fraktionen, die in Sachsen-Anhalt in einer „Super-Großen-Koalition“ mit der CDU regieren, „hatten damit gedroht, Wendt nicht zu wählen“. Rainer Wendt erklärte dazu der „Bild“-Zeitung, er hätte gern die Aufgabe übernommen, sie sei „von der Landesregierung an mich herangetragen worden“. Doch in den vergangenen Tagen seien „jede Menge Lügen und Falschdarstellungen über mich verbreitet worden, so etwa mit der sogenannten ‚Gehalts-Affäre‘, die es nie gegeben hat“.

Unübersehbar sei jetzt „die CDU (…) vor Linken, Grünen und Sozialdemokraten eingeknickt und hat kapituliert“. Dann kam ein interessanter Satz von Rainer Wendt: „Das Kommando dazu kam aus dem Kanzleramt.“ Dass diese Information Wendts sehr wohl zutreffend sein könnte, kann man daraus schlussfolgern, dass etwa der „Spiegel“ in diesem Zusammenhang eine interessante Meldung zu verbreiten wusste.

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Danach habe die Personalentscheidung Haseloffs „selbst auf dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig“, also einen Tag zuvor, offenbar „bei einigen Parteikollegen für Kopfschütteln“ gesorgt. Einige Beobachter fühlten sich an den „Fall Hans-Georg Maaßen“ erinnert, der sich mit kritischen sicherheitspolitischen Positionierungen bei der Führung im Kanzleramt unübersehbar unbeliebt gemacht hatte und der sehr bald darauf seine Arbeit als Präsident des Bundesverfassungsschutzes beenden musste.

Auf Facebook hat Wendt seine Enttäuschung noch deutlicher formuliert: „Die Linken werden jubeln, bis ins Kanzleramt hinein, sei’s drum“, schreibt dort der „umstrittene Mann“ („Der Spiegel“). Als Konservativer, klagt Wendt, habe man in diesem Land immer weniger Gestaltungsmöglichkeiten. Das dürfe nicht verwundern, so sei das eben, „wenn die SPD hemmungslos Lügen verbreitet, Grüne und Linke das nachplappern und nahezu alle Medien die Hetzjagd auf mich eröffnen“.

Die Linke frohlockt

Wenn man die Reaktionen linker Medien und Politiker in den letzen Tagen analysiert, so ist klar erkennbar, dass praktisch alle besonders „progressiven“ Gruppierungen in erster Linie den jetzigen Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) deswegen auf keinen Fall als Staatssekretär haben wollten, weil er ihnen zu „rechtspopulistisch“ (oder angeblich gar noch schlimmer) ausgerichtet ist.

Die „taz“ zum Beispiel kritisierte Wendt massiv aus politischen Gründen. Als Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Beamtenbundes (DBB) und als Vorsitzender der Polizeigewerkschaft – die mit dem teils eher nach links ausgerichteten DGB-Verband „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) konkurriert – habe sich Wendt als „umtriebige[r] Lautsprecher einen Namen als Rechtsausleger der Polizei gemacht“. Der „Duisburger“ Wendt verstehe sich als „Fürsprecher für einen starken Staat, für mehr Polizei“.

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Der „CDU-Mann“ sei in seinem Buch „Deutschland in Gefahr“ gegen „’Kuscheljustiz’ und ‚Spaßpädagogik’ zu Felde“ gezogen. Weiter schreibt die Zeitung, die den Grünen sehr nahe steht: Wendt fordere leider ‚ständig schärfere Polizeigesetze’, habe sich sogar gegen eine ‚Kennzeichnungspflicht’ (Namensschild für jeden Polizeibeamten) ausgesprochen. Verächtlich schreibt die „taz“, der Gewerkschafter gebe „zu beinahe jeder sicherheitspolitischen Debatte seinen Senf“ dazu.

Weiter heißt es in der aufschlussreichen „taz“-Kritik: „Mal plädiert er für eine ’intelligente Videoüberwachung’ an sensiblen Orten, die bei ‚auffälligen Personenbewegungen’ die Einsatzzentralen alarmiert. Mal fordert er, Streifenpolizisten mit Elektroschockern auszustatten. Mal verlangt er ein Verbot von Elektrorollern, mal beklagt er einen ‚Kontrollverlust in der Zuwanderungsfrage, Staatsversagen in der Vollstreckung von Abschiebungen’. “

Ins Schwarze getroffen

Damit hat die Zeitung aus ihrer Sicht ins Schwarze getroffen. Genau diese Ziele verfolgt Rainer Wendt. Zur Freude der meisten Bürger in diesem Land, die sich – immer mehr verunsichert – fragen, ob die derzeit Regierenden überhaupt noch in der Lage oder willens sind, für Sicherheit und Ordnung in diesem Land zu sorgen. Und weil Wendt meist das sagt, was der „Mann auf der Straße“ denkt (und hinter vorgehaltener Hand auch sagt), ist er längst zum Intim-Feind der linken Kräfte Deutschlands geworden.

Am meisten freuen sich anscheinend die Grünen darüber, dass man Wendt zu Fall gebracht hat. So kommentierte der innenpolitische Sprecher der Grünen in Sachsen-Anhalt, der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel, gegenüber dem „Spiegel“: Die Personalentscheidung sei „mit Blick auf die Interessen eines ganzen Bundeslandes“ die „einzig richtige Entscheidung“.

Striegel war zuletzt am Freitag vehement gegen die „Personalie Wendt“ zu Felde gezogen. Selbstzufrieden notiert der Grüne nun: „Die Reaktion von Herrn Wendt auf diese Entscheidung zeigt, dass er als Staatssekretär nicht geeignet gewesen wäre. Es fehlt ihm umfassend an staatspolitischer Verantwortung.“

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