Heute Mittag ereilte mich der Notruf meiner Frau im Büro, ich müsse heute Abend alleine mit unserem Kind zum Sankt Martin-Fest seiner Schule gehen, da die Erkältung sie voll im Griff habe.
Wir leben in der Nähe einer Stadt in einem beschaulichen Dorf in Süddeutschland. Viele Familien sind aus der Stadt in dieses Dorf gezogen und genießen die einzigartige Aussicht, das Umland und die Abwechslung von dem Leben und der Hektik in der Stadt. Bei der letzten Landtagswahl kamen die Grünen hier auf einen sensationellen Stimmanteil, der bald schon zur absoluten Mehrheit ausreichen wird.
In einem solchen Ökotop sein Kind zur Schule schicken zu müssen, fällt nicht leicht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Lehrerkollegium fast ausschließlich aus weiblichem Personal besteht. Betritt man die Grundschule, wird man von großen Plakaten begrüßt, die nahelegen, dass eine Apokalypse kurz bevor stünde. An Pinnwänden hängen wie selbstverständlich auch Zeitungsausschnitte von Greta Thunberg. Da die zukünftige Klassenlehrerin allerdings einen ganz guten Eindruck auf uns machte, haben wir unser Kind wegen des Schulzwangs mit der geballten Faust in der Tasche doch an der Schule angemeldet, zumal die Freunde dort auch hingehen.
Zurück zum Sankt Martin-Fest (das immerhin noch so hieß): Die Eltern sorgten im Schulhof für das leibliche Wohl mit allerlei Speisen und Getränken. Die Kinder hatten schöne Laternen gebastelt und zeigten sie voller Stolz. Die Musiker spielten Sankt Martin-Lieder. Direktorin und Kollegium begrüßten die Kinder, Eltern und Gäste und stimmten diese auf eine moderne Version von St. Martin ein. Eine Gruppe Schüler trat vor.
Manche waren in gelbes Ölzeug gekleidet und hatten eine Schiffermütze auf, andere kauerten sich neben diese auf den Boden. Eine Schülerin begann die St. Martins Geschichte zu erzählen. Sankt Martin dieser edle Mann sei in unserer heutigen Zeit die „Kapitänin“ Carola Rackete. Die Kinder schauten mit Ferngläsern über das „Meer“. Dort entdeckten sie Flüchtlinge im Schlauchboot (die auf dem Boden kauernden Kinder), die ihnen zuriefen, sie seien krank und in Not.
Statt des geteilten Mantels wurden Rettungswesten verteilt. Ein Schüler rief aus dem Off, ihr dürft sie nicht in den Hafen bringen, das ist verboten. Die „Besatzung“ beschloss großmütig, sich über das ausgesprochene Verbot hinweg zu setzen. So endete unter großem Applaus des Publikums die Sankt Martin-Geschichte 2019 in einem grünen Bezirk in Süddeutschland.
Der Redaktion sind der Name des Leserbrief-Autors und der betreffenden Schule bekannt.