Günther Oettinger kennt sich aus in der Welt. Er hat mitbekommen: Der Chinese duscht kürzer und kälter! Deswegen gehe es mit China aufwärts, und Deutschland befinde sich längst in einem »Kampf der Systeme«.
Vor dem Fachpublikum eines Kongresses einer Autozeitschrift hat er Deutschland eindringlich davor »gewarnt«, seine führende Rolle als Industrienation in der Welt aufs Spiel zu setzen. Oettinger: »Wir sind larmoyant, träge und fett unterwegs.«
Wahrscheinlich hat ihm das süße teure Leben der Brüsseler EU-Bürokratie den Blick auf das normale Leben verstellt. Die Realität in den Autounternehmen sieht derzeit anders aus. Dort bangen Tausende von Arbeitnehmern um ihre Arbeitsplätze. Oettinger hat immerhin mitbekommen, dass der Automobilsektor als Leitindustrie derzeit systematisch zerstört werde und nicht die notwendige Unterstützung der Politik erhalte.
Er erwähnt jedoch nicht den wesentlichen Verursacher der Autokrise, jene EU in Brüssel, die mit immer unsinnigeren Grenzwerten für Abgase das Auto systematisch zerstört. Stattdessen pocht er darauf, dass sich die deutsche Autoindustrie darauf einstellen müsse, dass die aktuellen CO2-Vorgaben für die Neuwagenflotten nochmals deutlich ambitionierter ausfallen.
Einen Zusammenhang mit dem Verschrotten der deutschen Autoindustrie sieht der Noch-EU-Haushaltskommissar nicht: »Die CO2-Ziele der Europäischen Union sind erst ein Jahr alt, aber ich habe die Sorge, dass sie nochmals korrigiert werden. Die Zeichen im Europäischen Parlament stehen ganz klar auf einer weiteren Verschärfung in Richtung 50 Prozent Reduzierung bis 2030 im Vergleich zu 2021 statt der bislang vereinbarten 37,5 Prozent.«
Oettinger mutmaßte sogar, dass Deutschland erst wieder der kranke Mann Europas werden müsse, bevor es eine neue Reform-Agenda geben könne. So werde über eine schrittweise Absenkung des Rentenalters diskutiert, anstatt über eine Erhöhung nachzudenken.
»Schwachsinn« sind in seinen Augen Pläne für die Rente mit 63 Jahren. »Die Rente mit 70 darf kein Tabu sein.«
»Wir müssen die bisherige Lebens- und Wochenarbeitszeit aufbrechen«, so Oettinger. Nur so habe man in dieser wettbewerbsintensiven Zeit eine Chance. Wieder vergaß er hinzuzufügen, wie viele Neuankömmlinge die geringer werdenden Steuerzahler durchfüttern müssen und wie viele Milliarden in den Migrantenetats verschwinden.
Er leiert die Floskeln eines digitalen Zeitalters herunter, in dem alles viel schneller vonstatten gehen müsse als bisher. Deutschland befinde sich längst in einem »Kampf der Systeme«, wobei China größter Konkurrent sei. Das will zu seinem 100. Geburtstag im Jahr 2049 wirtschaftlich, militärisch und technologisch führend sein.
Er sagt wiederum nicht dazu, dass in China keine Verbote für Gentechnik, keine CO2-Religion, keine Frauenquoten und kein Genderquatsch Universitäten, Wissenschaft und Technik behindern. IT-Technologie wird nicht durch eine absurde DSGVO-Datenschutzverordnung ausgebremst.
Vielleicht hat ihm das Auswärtige Amt (AA) sein neuestes internes Strategiepapier zugeleitet, in der das Amt Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit bedroht sieht. Die Behörde warnt darin vor der wachsenden Macht der IT-Industrie und führt zugleich auf, dass die Bundesrepublik auf kommende wirtschaftliche und politische Umbrüche nicht vorbereitet sei: »Die Wettbewerbsfähigkeit großer Industrienationen wie Deutschland wird durch lange Entscheidungsprozesse, veraltete IT-Strukturen, eine verbreitete Skepsis gegenüber Technologie und im internationalen Vergleich unzureichende Investitionen in Zukunftstechnologien beeinträchtigt.«
Die Autoren des AA-Strategiepapiers messen der Weigerung der großen US-Onlinekonzerne, »Verantwortung für die medialen Botschaften auf ihren Plattformen zu übernehmen«, eine zentrale Rolle zu und rufen damit geradezu nach Zensur.
Oettinger meint, »wir« könnten nur mit Werten wie parlamentarische Demokratie, soziale Marktwirtschaft, Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit oder Religionsfreiheit dagegenhalten. Dies gelinge nur in einem gemeinsamen Europa.
Denn, so der welterfahrene Oettinger, Deutschland und Frankreich seien im Weltmaßstab betrachtet Zwerge. Er führte eine schwäbische Weisheit an: »Zwerge stellt man sich in der Regel in den Vorgarten und pinkelt sie an.« Aber viele Zwerge zusammen könnten einen Riesen bändigen. Wenn der nicht früher aufstehe, kürzer und kälter dusche.