Tichys Einblick
AUF DER KIPPE

Bis 2030: Hunderttausende Arbeitsplätze in der Autoindustrie fallen weg

Die Konjunkturflaute trifft vor allem die Autobauer, allen voran die Zulieferer. Der Strukturumbruch findet auch deshalb statt, weil die Politik es so will – um die „Klimaziele“ zu erreichen. In der Branche zeichnet sich in ein Strukturwandel mit deutlichen Arbeitsplatzverlusten ab.

Christof Sache/AFP/Getty Images

Wenn schon der Umweltverband BUND damit rechnet, dass innerhalb von zehn Jahren mehr als 360.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie wegfallen werden, lässt das aufhorchen.

Eine Prognose des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ging bisher von einem Stellen-Abbau von etwa 125.000 Beschäftigten bis 2030 aus. Doch allein durch Fortschritte bei der Produktivität könnten weitere 150.000 Stellen wegfallen. Und weitere rund 50.000, wenn die Bürger auf neue Mobilitätsangebote oder den Öffentlichen Personennahverkehr umsteigen – wie der Pforzheimer Wirtschaftswissenschaftler Rudi Kurz laut „Spiegel“ ermittelte.

Der Strukturwandel in der Automobilbranche und der vorhersehbare Abbau von Arbeitsplätzen haben viele Gründe.

E-Mobilität gegen Verbrennungsmotor

Seit VW-Chef Diess nach dem Dieselskandal ganz auf Elektroantrieb setzt, ziehen andere Hersteller nach. Der Konzern diktiert sich selbst „Klimaziele“, die nicht nur vage an Forderungen von Bündnis90-Die Grünen erinnern.

Einer der Hauptabsatzmärkte ist China – und dort wird von deutschen und europäischen Herstellern auf die eigene Vorreiter-Rolle gesetzt. Doch seit geraumer Zeit brechen die Umsätze ein, genauer gesagt um mehr als 30 Prozent, bei Plug-in-Hybriden sogar um beinahe 40 Prozent, was auch damit zu tun hat, dass Chinas KP beschloss, nur noch Autos mit einer Reichweite von mindestens 250 Kilometern zu subventionieren. Und in China kann Volkswagen nur in Joint-Ventures produzieren, also nur in Kooperation mit chinesischen Autobauern.

In Deutschland hat der Umstieg auf E-Autos vorwiegend ideologische Gründe – getrieben von einer Jugendbewegung namens Fridays for Future oder von sogenannten Aktivisten der Extinction Rebellion, die den „Klimaschutz“ nur als Vorwand betreibt, um sich den „Systemwechsel“ auf die Fahnen schreiben.

Nun will auch Merkel die E-Mobilität vorantreiben. Eine Million Ladestationen sollen es bis 2030 in der Republik geben – nachdem im Jahr 2010 schon mal versprochen wurde, dass 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen würden. Ähnlich wie das Versprechen im vorletzten Koalitionsvertrag 2013, flächendeckende Breitbandverbindungen bis 2018 zu schaffen. Frei nach dem Motto: „Wir schaffen das“.

Der erhebliche Jobabbau in der Automobilbranche rührt auch daher, dass die Herstellung der Elektroautos weniger komplex ist, daher brauchen sowohl die Automobilwerke selbst als auch die Zulieferer weniger Mitarbeiter. Es gibt da also über die großen Automobilunternehmen hinaus noch Multiplikator-Effekte. Für den Standort Deutschland ist der Effekt des Strukturbruchs in jedem Fall negativ, wie Daniel Stelter resümiert.

Derzeit fällt die E-Mobilität beim Autokäufer aber durch. Volkswagen will vorerst nur die Premiumklassen mit E-Antrieb ausrüsten. Wobei sich die Frage stellt, ob die E-Autos auf absehbare Zeit auf Halde produziert werden. Denn überzeugend finden die Bürger nach Umfragen nur das ansprechende Design. Bisher spielen sich die Absatzzahlen jedenfalls nur in hochpreisigen Nischen ab, nämlich ab 30.000 Euro. Und dann stellt sich die Frage, woher der Strom denn kommen soll – vermutlich aus der Steckdose und falls Wind und Sonne nicht ausreichen (mit Sicherheit!) wird er eben importiert: Kohlestrom aus Polen oder Atomstrom aus Frankreich.

Das wird den Trend aber nicht aufhalten. Schon deshalb, weil die Politik es so will, um die „Klimaziele“ zu erreichen. In der Branche findet der Strukturumbruch bereits statt, und zwar rasant.

Besonders hart trifft es die Autozulieferer

Die Benteler International AG setzt den im Sommer angekündigten Personalabbau konkret um. Es soll um einige hundert Stellen gehen.

Bosch: Der Zulieferer setzt für das Einspritzsystem eines Dieselmotors zehn Mitarbeiter ein. Bei einem Benziner sind drei Bosch-Beschäftigte beteiligt, bei einem Elektrofahrzeug lediglich einer. Stellenkürzungen sind praktisch unausweichlich. Die Stuttgarter beschäftigen weltweit 410.000 Menschen. 50.000 Arbeitsplätze, davon allein 15.000 in Deutschland, hängen vom Diesel ab. Allerdings ist Bosch auch in anderen Sparten aktiv, wie bei Gebrauchsgütern und Maschinenbau.

Auch der Autozulieferer Brose in Coburg sieht sich durch den Wandel in der Automobilbranche unter Druck. Brose plant, bis Ende des Jahres 2022 die Anzahl der aktuellen Arbeitsplätze in Deutschland um rund 2.000 zu reduzieren.

Continental: Weltweit wird Continental bis 2023 rund 15.000 Arbeitsplätze abbauen, davon etwa ein Drittel in Deutschland.

ZF Friedrichshafen: Der Hersteller, der unter anderem auch Getriebe produziert, ist breit aufgestellt, spürt aber dennoch den Gegenwind der Branche. Der Gewinn brach im ersten Halbjahr 2019 drastisch auf die Hälfte des Vorjahreswertes ein.

Still und leise kommen Insolvenzen von kleinen, häufig unbekannten Zuliefererfirmen hinzu, ohne dass es in der Medienlandschaft wahrgenommen wird.

PSA Peugeot und Fiat Chrysler einigten sich Ende Oktober auf eine Fusion – und Opel „zieht den Schwarzen Peter“, wie Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer treffend anmerkte. Ob der neue Konzern das Rüsselsheimer Opel-Entwicklungszentrum weiter erhalten will, hält Dudenhöfer für fraglich. Zum derzeitigen Sanierungsplan bei Opel gehört unter anderem ein Abbau von 2000 der 6400 Stellen im Entwicklungszentrum. Der französische Ingenieursdienstleister Segula übernahm bereits Teile der Entwicklungsarbeit in Rüsselsheim. Schon vor der Fusion PSA Peugeot und Fiat Chrysler sank die Mitarbeiterzahl von rund 38 000 auf rund 30 000.

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