Bei Anne Will nach der Landtagswahl konnte man sich eines Eindrucks nicht erwehren: Nämlich, dass die, die die Demokratie immer so gern im Munde führen, eigentlich mit ihr am liebsten gar nichts zu tun haben wollen. Zumindest nicht mit dem Wichtigsten in der Demokratie: dem Demos. Die Verbaldemokraten nehmen die Wählerentscheidung quasi nicht zur Kenntnis.
„Waren die Wahlen die Abrechnung mit Merkels Flüchtlingspolitik?“ wollte Anne Will wissen. Ne, ne. Für die europäische Lösung hätten 90% abgestimmt, waren sich die Wahlverlierer einig. Wie Rot, Schwarz und Grün in der Runde auf diese Zahl kommen – erst recht, wenn man die Nichtwähler mit einbezieht – bleibt ein arithmetisches Geheimnis.
Es ist das Recht des Bürgers nach einer Wahl das Herum-Eiern der Verlierer, den hochroten Kopf der Abgestraften auch wie die Freude der Sieger zu genießen. Und gerne hätte man nach dem Volks-Votum erst einmal „Ruhe im Karton“.
Aber, als läge die Wahl noch vor uns, attackierten die Loser von SPD, CDU und Grünen (man täusche sich nicht: Kretschmann ist so wenig grün wie der Genosse der Bosse Schröder rot war) die Wahlsiegerin von der AfD. Vielleicht lag es an der Wahl der Gäste:
Ralf Stegner hatte das passende Gesicht zum Wahlergebnis: Die Mundwinkel tiefer gezogen als die von Angela Merkel, ein Griesgram von Moliere’scher Dimension. Wobei TV-Zuschauer wissen, dass das nichts mit dem Wahlergebnis zu tun hat – der ist immer so fröhlich.
Ursula von der Leyen gab sich extrem bissig, als ob unsere Ministerin für Bundeswehr- und Kita-Angelegenheiten nach der positiven Doktor-Entscheidung endlich wieder zurück in der Polit-Wrestling-Arena wüten wollte. (Dabei war das eher eine komische „Doktor, aber“-Entscheidung)
Der grüne Robert Habeck aus Schleswig-Holstein gab zunächst den netten Jungen von Nebenan, bevor er dann doch die agressive Maske aufsetzte.
Allein Beatrix von Storch überraschte. Wer sie und ihr politisches Wirken schon länger beobachtet, hätte durchaus – trotz Riesen-Wahlsiegen in allen drei Ländern – ein Triumphieren mit verbalen Entgleisungen befürchten können. Aber die AfD-Vize gab sich fast staatstragend.
Von der Leyen warf ein beleidigtes „Jetzt werden wir ja sehen, ob Sie auch parlamentarische Arbeit können“ in Richtung der Wahlsiegerin. Als hätte sie nicht den Hauch einer Ahnung, dass ihre Arbeit gerade vom Wähler abgemahnt wurde.
Stegner wollte „kein Verständnis für Wutbürger“ aufbringen, sondern „Verständnis für die, die vor Krieg und Bomben flüchten“. Dass das nach allen Quellen definitv nicht die Mehrheit der Migranten ist – Stegner wird es nie begreifen. Wie verrückt der Mann inzwischen ist, zeigt sein Vorwurf Richtung AfD: „Heute sind sie gegen Flüchtlinge, morgen gegen freie Meinungsäußerung.“ Sagt der Parteifreund von Überwachungsminister Maas mit dessen Facebook-Lösch-Trupps von der Stasi. Man möchte anmerken, dass die SPD mit ihren minus 10% in Baden-Württemberg und minus 11% in Sachsen-Anhalt noch gut weggekommen ist bei diesem Bundespersonal.
Am Ende versuchte die Koalition der Verlierer dann tatsächlich noch die gelassene von Storch über ihre gesamten Positionen abzufragen. „Was halten Sie denn von Kitas?“ „Sie stehen für Atomenergie.“ Die meinte, sinngemäß zusammengefasst: Jetzt lassen Sie uns erst mal feiern, ab morgen wird gearbeitet. Dem grüne Habeck gelang dann noch eine Boshaftigkeit in unserer so Sprüche-affinen Republik – „Die AfD ist die NPD für Besserverdienende“ –, die den Abend wohl überleben dürfte.
Der Polit-Professor Heinrich Oberreuter stellte als Einziger sachlich fest, dass „die großen Volksparteien sich destabilisieren“. Und dass die „humanitäre Perspektive“ in der Politik nicht reicht. Es ginge auch um „Praktikabilität und Sicherheitskompetenz“. Aber der Mann ist ja auch in der CSU, wie Anne Will süffisant bemerkte.