Hans Winkler, langjähriger Leiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung und einer der profundesten Beobachter des Geschehens in Österreich, schreibt: „Kurz ist die beherrschende Figur der österreichischen Politik. Er war es auch schon in den letzten Jahren, bevor er Bundeskanzler wurde. Da man gegen so jemanden wenig ausrichten kann, wird eine gezielte Kampagne gegen ihn als Person geführt – bis hin zur systematischen Übermalung seiner Wahlplakate.°
Winkler beschreibt, dass außer Peter Pilz, dem Anführer der Liste Jetzt, der für das Ausscheiden der Grünen bei der letzten Nationalratswahl sorgte, alle anderen eine Koalition unter einem erneuten Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht ausschließen.
Die Umfragen signalisieren, dass an einem erneuten Kanzler Kurz wohl nichts vorbeigehen dürfte. Kurz selbst warnt vor zu viel Verlass auf Umfrageergebnisse und predigt seit Wochen landauf landab: „Erster werden reicht bei dieser Wahl nicht“.
Das ist zu allererst die Mahnung an seine Anhänger und potentiell neue Wähler: Wenn ihr mich haben wollt, müsst ihr mich wählen, über die Wahl einer anderen Partei ist nicht sicher, dass ich die nächste Regierung anführe. Kurz warnt vor einer Mehrheit an seiner Neuen Volkspartei vorbei.
So sieht der demoskopische Verlauf nach Peter Hajek aus, der im privaten TV Österreichs regelmäßig auftritt.
Andere letzte Umfragen sehen praktisch gleich aus:
Eine Mehrheit an Kurz vorbei ist danach nicht völlig auszuschließen. Das wäre sie nur, wenn die Neue Volksparte ein noch deutlich höheres Wahlergebnis zustande brächte als demoskopisch ermittelt. Das ist auch der Sinn der gebetsmühlenartig wiederholten Formel Kurz: „Erster werden reicht bei dieser Wahl nicht“.
Geht es nach inhaltlichen Gemeinsamkeiten, da hat der Polit-Guru des ORF, der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier sicher recht, spricht alles für eine erneute türkis-blaue Koalition von Volkspartei und FPÖ.
Innerhalb der Volkspartei würden nicht wenige am liebsten mit den NEOS zusammen regieren. Sollte das mathematisch gehen, wonach es demoskopisch nicht aussieht, wäre das wohl eine ernsthafte Alternative zu Türkis-Blau. Dann allerdings müssten die NEOS in der Migrationsfrage einen ziemlich radikalen Schwenk mitmachen.
Denn was Kurz jetzt gegen Ende des Wahlkampfs als Botschaft platziert, ist genau die Migrationsfrage. Natürlich soll das Wähler zwischen FPÖ und VP zur Wahl von Kurz bewegen. Aber von solchen Aussagen kommt auch Kurz nach der Wahl nicht so leicht wieder runter. Und wer weiß, es ist ja möglicherweise nicht nur Taktik, sondern seine unveränderte Meinung, die er jetzt nach dem erneuten Öffnen der ungeregelten Zuwanderung im Mittelmeer wiederholt, wenn er laut Der Standard sagt: „Ich möchte eine starke Stimme in der EU im Bereich der Migration sein.“
Seit er nicht mehr an den Europäischen Räten teilnähme, kümmerten sich etliche Politiker lieber um mediengerechte Auftritte, bei denen es um die Verteilung der in Europa angekommenen Migranten gehe, als um einen wirksamen Schutz der Außengrenzen der EU. Das sei ein falsches Signal an Migrationswillige und deren Schlepper.
Wir werden am Sonntag sehen, wie viel oder wie wenig die österreichischen Wähler der Demoskopie anvertraut haben. Nach Wahlforscher Peter Hajek sollen übrigens noch 500.000 unentschieden sein.