Tichys Einblick
Bankenrettung vor der Krise

Bankenkrise: Wie kann man den Euro-Crash vermeiden und Einlagen schützen?

Wie kann man die angeschlagenen und langsam ausbrennenden Banken retten, um einen Crash der Wirtschaft zu vermeiden? Wie die Lebensversicherungen schützen? Überlegungen für den Tag X des Euro.

© Hannelore Foerster/Getty Images

Es stimmt schon, dass die zentralbankliche Zinsnullung den Banken des Euroraums ihr Geschäft erschwert, weil es großenteil aus der Differenz zwischen dem Zins für die Gelder der Einleger und dem kaum noch darüber liegenden Zins aus den unterschiedlichen Anlagen dieser Gelder besteht. Markus Krall gehört zu den Autoren, die diesen Zusammenhang immer wieder prägnant in Erinnerung rufen.
Doch was wäre unbewältigbar an der Gefahr, dass die Geschäftsbanken des Euroraums sogar ihr komplettes Eigenkapital verlören? Es geht dabei um rund 1,5 Billionen Euro. Man darf davon ausgehen, dass schon jetzt Kredite über rund 1000 Milliarden Euro das Bankensystem belasten, weil die Preise für die Pfänder der Schuldner unter den Beträgen liegen, die sie nicht zurückzahlen können. Was von den 1000 Milliarden nicht zurückkehrt, muss dann aus den 1,5 Billionen Eigenkapital glattgestellt werden.

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Gehen wir zusätzlich davon aus, dass ein Teil der momentan noch bedienten Kredite ebenfalls faul wird, unterstellen wir also gleich den schlimmsten Fall, dass fürs Glattstellen aller nicht tilgbaren Schulden die 1,5 Billionen Eigenkapital komplett aufgebraucht würden. Alle Banken wären dann bankrott. Sie können also selbst an Schuldner mit erstklassigen Pfändern keine Kredite mehr geben, weil die mit ja mit absicherndem Eigenkapital unterlegt sein müssen. Das System würde in der Tat kollabieren, weil Firmen (die „Realwirtschaft“) ihre Löhne und Materialien nicht mehr bezahlen könnten. Das Hauptproblem jeder großen Krise wäre Wirklichkeit geworden. Es besteht darin, dass selbst wegweisende und gesunde Firmen keinen Kredit mehr bekommen, weil ihre Hausbanken durch Verlust ihres Eigenkapitals überhaupt keinen Kredit mehr geben können.

Wären in einer solchen Lage jedoch schnell und unübersehbar 1500 Milliarden Euro zur Rekapitalisierung der Banken zur Stelle, wäre das Vertrauen wieder da. Potenzielle Schuldner mit guten Pfändern bekämen bei ihren Banken wieder Kredit und das Wirtschaften ginge weiter.

Am einfachsten und für die Wiederherstellung des Vertrauens am schnellsten erfolgte eine solche Operation durch die Verstaatlichung der Banken und das umgehende Auffüllen der entleerten Eigenkapitale durch frische Staatsanleihen. Nun könnte man einwenden, dass Staatspapiere im Volumen von 1500 Milliarden Euro nicht begeben werden können, weil viele Euro-Staaten längst zu hoch verschuldet seien. Ihre Bewertungen durch die Ratingagenturen würden fallen und die Papiere im Nennwert von 1500 Milliarden würden – sagen wir – auf einen Preis (Kurs) von 500 Milliarden abstürzen. Von neuem wären die Banken unterkapitalisiert und die reale Wirtschaft käme zum Stillstand.

Prüfen wir diese Gefahr. Die Staatsschulden-Uhr des Euroraums zeigt um Mitternacht am 19. September 2019 einen Betrag von 10.531 Milliarden bzw. 10,531 Billionen Euro. Gut 14 Prozent dieses Betrages würden über Nacht für die Auffüllung Eigenkapitale der Banken zusätzlich erforderlich. Bei anteiliger Zuweisung könnten einzelne Europartner in der Tat ihr Kreditrating verschlechtern. Alle ihre ausstehenden Staatsanleihen würden dann im Preis fallen und beispielsweise Lebensversicherungen ruinieren, die den Prämieneingang ihrer Kunden in solche — nun nicht mehr mündelsicheren — Papiere geleitet haben.

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Bei den Käufern all der Staatstitel steht die Summe von 10,531 Billionen allerdings nicht als Schuld, sondern als Guthaben in den Büchern. Die ohnehin außergewöhnliche Operation der Banken-Rekapitalisierung könnte also umgehend mit einer nicht minder raren Sondersteuer in der Höhe von 14 Prozent (=1,5 Billionen Euro) auf dieses Vermögen von 10,531 Billionen verbunden werden. Die Gesamthöhe der Staatsschulden würde auf 9 Billionen fallen und die Geschäftsbanken – nunmehr im Eigentum der Regierungen – hätten wieder Eigenkapital. Die Vermögenden würden dabei zwar üppige 1,5 Billionen verlieren, aber ihren Verstand für eine neue ökonomische Runde behalten.

Natürlich könnte ein solcher Schritt immer noch zu Kürzungen bei den Lebensversicherungen führen, die einen Teil der 1,5 Billionen ja als Anlage der Versicherungsprämien halten. Viel breiter abgefedert ließe sich deshalb auch eine Sondersteuer in Höhe von lediglich 6 Prozent auf das Gesamtvermögen der Euro-Bürger von rund 25 Billionen Euro legen. Wieder hätte man die 1500 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung der Euro-Banken zusammen. Gewiss gäbe es hier und da Grummeln. 100 sind schöner als nur noch 94. Doch bei der Alternative des System-Crashs würde es wohl nicht bei Heulen und Zähneklappern bleiben, sondern wüst darüber hinausgehen.

Wer vor einer direkten Verstaatlichung erschrickt, könnte sich auch mit einem gesetzlich unkomplizierten Ankauf der überschuldeten Banken begnügen. Die 92 Milliarden Euro, die etwa der damalige Finanzminister Schäuble 2015 über Nacht für eine nur fünfjährige Versorgung der Syrer freimacht, wären 2019 siebenmal der Preis (Börsenwert) der Deutschen Bank. Anschließend könnte der Staat die wackligen Kredite der Geschäftsbanken an die Zentralbank verkaufen. Die würde dadurch zwar vorübergehend zu einer Bad Bank, aber umgehend — und ohne jede Steuererhebung — wären die Eigenkapitale der Geschäftsbanken wieder frei, so dass verpfändungsfähige Firmen weiterhin mit Kredit versorgt werden könnten. Die Zentralbanken wiederum bleiben keine Bad Bank. Sie haben im Staat schließlich einen Eigenkapitalgeber letzter Hand, weil er auf das Eigentum aller Bürger zugreifen und einen Teil davon ins Eigenkapital der Zentralbank schieben kann.

Verführerisch, aber gefährlich
Nullzins und die Verführung der Geschäftsbanken
Sind unsere Regierungen fähig, auf die eine oder andere Weise zu handeln? Würden sie es sogar vorbeugend tun, um die gefährlichen Friktionen eines auch nur kurzfristig ausfallenden Bankensystems zu vermeiden? Womöglich nicht. Hier ist Sorge in der Tat geboten. Die erforderlichen Pläne und Direktiven liegen wohl nicht fertig ausgearbeitet in den Schubladen. Doch nach dem ersten großen Schlingern sollte sich der Sachverstand schon einstellen. Kompliziert ist das Ganze ja nicht.

Dasselbe lässt sich über die Zeit nach einer solchen Bankenrettung in der anstehenden Krise keineswegs sagen. Wenig bis nichts spricht schließlich dafür, dass dann in Euroland genügend Talente antreten, um die Krise in Chancen zu verwandeln, also die davonstrebenden Ostasiaten wieder einzufangen oder gar zu überholen. Für die Behebung dieses Problems gibt es keine einfachen Lösungen. Denn Pädagogen können niemandem beibringen, ein Talent zu sein.

Bildungsausgaben kann man erhöhen, aber die Zahl der für sämtliche Hightech-Branchen der Zukunft erforderlichen Mathe-Asse steigert das nicht.


Gunnar Heinsohn ist (mit Otto Steiger) Autor von Ownership Economics (2013) und Eigentum, Zins und Geld (8. Auflage 2017).

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