Das Maßnahmenpaket zum Klimaschutz, das die Bundesregierung am Freitag verabschieden will, sorgt für Kritik auf fast allen Oppositionsbänken. Die FDP fürchtet vor allem eine Mehrbelastung der deutschen Bürger und Wirtschaft gegenüber dem europäischen Ausland und spricht von einem »nationalen Sonderweg«. Jürgen Braun von der AfD sieht einen »neuen deutschen Größenwahn« heraufziehen, der ohne Auswirkungen auf die Entwicklung der weltweiten Temperaturen bleibe. Den Grünen geht das 40-Milliarden-Euro-Paket, das vor allem klimafreundliche Verhaltensweisen belohnen soll, natürlich noch nicht weit genug.
Im ARD-Morgenmagazin ließ sich nun der Grüne Robert Habeck zu dem Paket des Klimakabinetts aus. Für Habeck – bei dessen Sprachstil man nie so recht weiß, ob er gerade im Halbschlaf oder in Hochform ist – lässt bei den Plänen der Koalition vor allem »die Verbindlichkeit zu wünschen übrig«. Ihm fehlen also Verbote, alias »definierte Ausstiegsdaten aus Verbrennungsmotoren, Ölheizungen und so weiter« oder auch ein festgezurrtes CO2-Budget, das den braven Staatsbürger belohnt, den »rumaasenden« aber bestraft. Statt von Bevormundung spricht Habeck dabei lieber von der Einladung, »Zukunft endlich wieder zu gestalten«. Na ja, es gibt eben auch Einladungen, denen man sich nicht entziehen kann. Das neue Mantra des großen Vorsitzenden ist die »Orientierung gebende Gestaltungspartei«. Vielen Dank, sagen die Desorientierten.
Dabei mag der lasziv säuselnde Kinderbuchautor durchaus recht haben, wenn er sagt, dass die Berliner Koalitionäre »nur Geld ins System« schütten wollen. Laut seinem Fazit sind die Maßnahmen »gut für einige, aber nicht wirksam fürs Klima«. Nun folgt aber der rhetorische Clou von Habecks Reden oder auch seine Selbstentlarvung als eifriger Draufsattler auf den Wahn des Klimakabinetts und Befürworter eines radikalen Systemwechsels: »Ich würde sagen, die Maßnahmen sind nicht falsch, aber schon lange noch nicht dadurch richtig.« Früher standen an dieser rhetorischen Stelle wohlgewählte Worte wie »nicht ausreichend« oder »nicht angemessen«. Bei den Grünen von heute verkommt alles zu einer Richtig-falsch-Logik, in deren Hintergrund der eigene, intensiv durchlebte moralische Imperativ und eine diffuse Erlösungshoffnung stehen, mithin die beiden Zutaten des politischen Manichäismus. Richtig richtig wäre eben nur die hundertprozentige Umsetzung seines ökologischen Phantasia-Landes.
Tatsächlich handelt es sich hier um die alte Anti-Wachstums-Ideologie, die der grünen Bewegung sozusagen seit pränatalen Zeiten, nämlich seit dem Bericht des Club of Rome von 1972 (»Die Grenzen des Wachstums«) anhaftet. So soll zum einen die deutsche Landwirtschaft auf ein ökologisches Mindermaß zurechtgestutzt werden. Auch »im Verbrauch« – also bei allen Bürgern – soll klimafreundliches Verhalten belohnt werden, und zwar erneut mit finanziellen Zuschüssen auf der einen, Abschlägen auf der anderen Seite.
Zuletzt springt auch noch die kritische Befragerin des Morgenmagazins dem Habeck bei, wenn sie ihn mahnt, ob die Grünen den Bogen nicht gelegentlich überspannten, und der Partei explizit zu einem besseren »Erwartungsmanagement« rät. Mit anderen Worten: Marion von Haaren glaubt, dass die Grünen bessere Wahlergebnisse einführen, wenn sie in Sachen CO2-Reduktion weniger radikal aufträten und den Klimaschutz eher wolkig-global als fernliegendes Ziel forderten. Da bedankt sich auch Habeck für das öffentlich-rechtliche PR-Management, mag aber doch nicht von der Welle, die ihn trägt, herunter rudern. Eine ehrlich besorgte Interviewerin kritisiert noch kurz das übermäßig energische Auftreten des Obergrünen, erntet aber erneut trotzigen Widerspruch. Als Wahlbürger könnte man sagen, Gott sei Dank.